… dann klappt's auch mit der Liebe (German Edition)
Sommertag in ihrer Kindheit. Jemand nahm ihre Hand. Lori seufzte wohlig auf, doch dann knirschte Knochen gegen Knochen.
„Aua!“, brüllte sie. „Fuck!“ Die Worte schmerzten in ihrem Kopf, und plötzlich wurde sie unfassbar wütend. „Lass los!“
„Lori“, flüsterte Ben, sein Tonfall ganz weich vor Erleichterung. „Gott sei Dank. Was ist passiert?“
„Meine Hand“, stöhnte sie, und er ließ los.
„Tut mir leid, ich wusste nicht, dass du verletzt bist. Der Krankenwagen dürfte jede Sekunde hier sein.“
„Ich brauche keinen Krankenwagen.“
„Halt die Klappe jetzt.“
Ein ungewöhnlich aufdringlicher Moskito fing an, neben ihrem Ohr zu summen. Sie versuchte, ihn wegzuwedeln, doch dann wurde er lauter und verwandelte sich in eine Sirene. Und dann waren plötzlich all diese Menschen da, viel zu viele Menschen, die alle um sie herumstanden. Etwas Kaltes, Metallisches glitt in ihren Ausschnitt.
„Was zur Hölle?“, fluchte sie und versuchte, sich aufzusetzen.
„Lori“, sagte Ben. „Sie müssen dein Kleid aufschneiden, damit das Öl deine Haut nicht angreift.“
Sie sah an sich herab. Das Kleid sah seltsam aus in Kombination mit den Stahlkappenstiefeln. So seltsam wie ihr Leben eben. Und noch seltsamer waren die dunkelbraunen Flecken auf ihrem Kleid und die Schere, mit der ein Sanitäter den Ausschnitt bearbeitete.
„Okay, dann hol mir bitte eine Decke, ja?“
Der Sanitäter reichte ihr wortlos eine Decke, und Ben ging weg, um eine Funkmeldung entgegenzunehmen. Loris Blutdruck wurde gemessen, ihre Hand geschient. Mehr Lichter blitzten auf, doch Lori lag einfach nur da und starrte hinauf in den Himmel. „Die Lichter sind anders“, bemerkte sie. „Sie sind orange.“
Sie hatte gar nicht mit einer Reaktion gerechnet, doch Ben sagte: „Das ist die Umweltbehörde. Der Ölschaden muss geprüft werden.“
„Ach, verdammte Scheiße noch mal. Genau das, was ich jetzt brauche.“
„Kannst du mir kurz erzählen, was passiert ist, bevor sie dich ins Krankenhaus bringen?“
In knappen Worten erzählte sie das wenige, was sie wusste.
„Dann warst du die ganze Nacht über bei Quinn?“
Ihr Hals rührte sich keinen Millimeter, als sie zu nicken versuchte. „Genau.“
Und dann war Molly da, weinte und hielt Loris heile Hand.Lori fand es so schön, dass jemand für sie weinte, dass sie sich gleich besser fühlte, obwohl ihr Kopf so schrecklich wehtat. „Hey, Moll“, flüsterte sie. „Sag mal was Lustiges.“
Molly schüttelte den Kopf, gab aber gleichzeitig nach und schluchzte: „Geh nicht auf das Licht am Ende des Tunnels zu.“
Lori war selber erstaunt, dass es ihr gelang zu lachen. „Alles klar. Ich will nur kurz meinem Dad winken.“
Mit einem lauten, ziemlich feuchten Schniefen nickte Molly. „Okay, gut.“ Dann klappte sie ihr Handy auf, ohne Lori loszulassen. „Ich rufe eben Quinn an.“
„Nein! Warum?“
„Weil er bei dir sein sollte.“
„Nein, sollte er nicht. Er ist nicht mein Freund. Und außerdem verlässt er gerade die Stadt.“
Molly sah sie einfach nur an, ohne das Handy zuzuklappen.
„Ruf. Auf. Keinen. Fall. Quinn. An“, stieß Lori hervor.
„Aber er reißt mir den Kopf ab, wenn ich es nicht tue.“
Lori spielte ihre letzte und beste Karte aus. „Noch ein Wort, und mein Kopf explodiert von all dem Scheiß, Molly.“ Sie musste sich nicht mal bemühen, ein paar Tränen herauszudrücken. Die waren sowieso schon da.
„Oh Gott“, keuchte Molly. „Bitte nicht weinen. Es tut mir leid, ich rufe ihn nicht an.“ Damit klappte sie das Handy zu und steckte es weg.
Sehr gut.
Lori wollte ja, dass Quinn kam. Sie wollte sich an ihn lehnen, sich von ihm umsorgen lassen. Doch nach dem Gespräch vom Morgen war es einfach keine Option, Quinn als Stütze zu benutzen. Solche Sachen führten zu Tränen und Kuschelei und ruhigen Abenden und ernsten Gesprächen. Und das wiederum führte zu Liebe. Und wenn sie am Morgen gedacht hatte, dass ihr Leben ein einziges Chaos war … Na ja, dieser Mittag hatte es in ein Kriegsgebiet verwandelt. Eins, das lichterloh brannte. Kein sonderlich guter Ort für Gesellschaft.
14. KAPITEL
D ie Lippen der Stewardess bewegten sich. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag“, sagte sie vielleicht, oder auch: „Danke, dass wir Sie an Bord begrüßen durften.“
Quinn hörte sie nicht, weil das Blut so laut in seinen Ohren rauschte. Die höflichste Reaktion, die er sich gerade abgewinnen konnte, war ein finsterer Blick in die
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