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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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weiterverfolgt, der Vater hätte nicht ewig in seinem selbstgerechten Zorn verharren können.
    Ich habe seine Angst nicht ernst genug genommen, brütet sie weiter. Aber alle aus ihrem Orchester hatten mit den Augen gerollt und gestöhnt, auch der Lehrer hatte seinen Unmut bekundet, als sie ihr Instrument abgelegt hatte und zu Max gegangen war. Hatte genervt reagiert und gedacht, wieso kann er nicht einmal etwas alleine schaffen, ich bin nicht seine Nanny, Max muss endlich mal Biss zeigen. Hatte über die Blässe seines Gesichts hinweggesehen, die weißen Lippen ignoriert, ihn fortgeschickt. Aber den Rest der Probe hatte sie schlecht gespielt, war unkonzentriert gewesen, das Gefühl für die Musik war ihr abhanden gekommen. Die Probe schien kein Ende zu nehmen, gerade weil Natalie so oft von vorn beginnen musste; hinterher flog sie geradezu nach Hause, sie weiß noch genau, wie das Gewicht des Saxofons in der Tragetasche auf ihre Schultern drückte und ihr beim Rennen der Schweiß ausbrach. Doch als sie endlich ankam und die Wohnungstür aufstieß, hatte Max längst in seinem Zimmer gesessen, äußerlich ruhig, was auch sie beruhigt hatte, auf den Knien seinen Laptop. Natalie war erleichtert gewesen, auch darüber, dass Max in der folgenden Zeit ausgeglichener gewirkt hatte, nicht fröhlich, aber ruhiger, als hätte er sich abgefunden, Frieden geschlossen. Abgeschlossen mit allem. Sie hätte es wissen müssen, es ihm anmerken, die Zeichen waren doch da. Abgeschlossen mit dem Leben. Ein Leben ohne seine Kunst konnte es für Max nicht geben.
    Natalie kriecht tiefer unter ihre Decke wie ein Kind, denk an was Schönes, hatte ihre Mutter früher immer gesagt, wenn sie schlecht geträumt oder vor etwas Angst hatte. Es gibt nichts Schönes mehr. Versuch, an Jonathan zu denken. Jonathan, beschwört sie sich im Stillen; Jonathan, Jonathan, sei wenigstens du ein winziges Licht in dieser endlosen schwarzen Traurigkeit, die sich anfühlt wie flüssiger Teer, noch nicht abgekühlt, noch nicht zur Straße geworden, auf der man längst wieder fährt oder geht, egal was vorher gewesen ist. Jonathan kommt morgen wieder. Diese Nacht muss Natalie überstehen, vielleicht schafft sie es. Einmal ohne Kopfschmerzen aufwachen; bisher hat sie es abgelehnt, die verschriebenen Schmerzmittel zu nehmen, aber jetzt tut sie es doch, die Begegnung mit Jonathan hat sie aufgewühlt, dieses leise Gefühl von Freude passt noch nicht, aber die Abwesenheit von Schmerz wäre schon etwas wert. Morgen werden sie hier bleiben, egal was die Eltern sagen. Jonathan hat angeboten beim Ausräumen zu helfen, ein Junge in Max’ Zimmer. Eigentlich ist es zu früh. Natalie schläft nicht ein.
    6.
    Es dämmert bereits gegen vier Uhr früh und Natalie hat noch immer nicht geschlafen. Das anbrechende Tageslicht verschafft ihr nur geringe Erleichterung, sie wartet darauf, endlich aufstehen zu können, tagsüber kann sie sich ablenken, auch wenn die Gedanken weiter kreisen, die Schuldgefühle sie in jeder Minute begleiten. Wenn sie sich mehr um Max gekümmert hätte, wäre sie sicher auch konsequenter gewesen, als sie Max an seinem letzten Abend so aufgebracht gesehen hatte. Sie hatte doch dieses ungute Gefühl gehabt, mehr als deutlich, als er sich hinters Steuer gesetzt hatte, und wahrscheinlich war es Paul und Annika nicht anders gegangen. Natalie hätte ihren Bruder bitten sollen, nicht zu fahren, eindringlich, hätte ihm den Schlüssel wegnehmen sollen und den Vater anrufen, ihn bitten, sie alle abzuholen. Max war der Einzige von ihnen gewesen, der keinen Alkohol getrunken hatte, und dennoch. Er hätte nicht fahren sollen, irgendwas war vorgefallen, sonst wäre Max nicht durchgedreht, Max war nicht der Typ, eigentlich blieb er immer ruhig, zumindest äußerlich. Vielleicht hatten sie sich gestritten und Paul hatte Annika nach dem Mund geredet, statt seinem Freund beizustehen. Paul, dieser Wichtigtuer, irgendwann in den nächsten Wochen muss er Geburtstag haben, achtzehn Jahre alt wird er, volljährig, sie ist gespannt, ob er zu diesem Anlass genauso den dicken Macker heraushängen lassen wird, wie er es vorhatte, selbst jetzt, wo Max ums Leben gekommen ist. Sie wird nicht hingehen.
    Max’ Blick in jenem Moment, ehe er den Zündschlüssel drehte; im Halbschlaf taucht das Bild wieder vor ihr auf. Sie hätte ihn davon abbringen müssen

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