Dann muss es Liebe sein
aufwacht, und bringen dann ihren Nachwuchs zu ihr, was mir die Gelegenheit gibt, einen Blick auf Welpe Nummer sieben zu werfen. Jetzt erkenne ich, wo das Problem liegt.
»Er hat eine Hasenscharte.« Ich zeige Shannon, dass ein Teil seiner Oberlippe fehlt und das Zahnfleisch darunter frei liegt.
»Und was können Sie dagegen tun?« Shannon lugt über meine Schulter. »Er ist ja so süß.«
»Vielleicht kann man es in Ordnung bringen, wenn er älter ist.«
Ich setze ihn zurück in den Käfig zu seinen Geschwistern und wäge dabei seine Zukunftsaussichten ab. »Ich werde mit Aurora reden. Vielleicht will sie ihn lieber nicht … hm … leiden lassen.«
»Was meinen Sie denn damit?« Shannon starrt mich mit schreckgeweiteten Augen an. »Sie wollen ihn doch nicht etwa einschläfern? Das können Sie nicht machen. Sie haben ihm das Leben gerettet.«
»Du hast ihm das Leben gerettet«, korrigiere ich sie. »Du hast heute Nacht großartige Arbeit geleistet, und ich bin sehr stolz auf dich.«
»Sie können ihn nicht umbringen.« Sie schluchzt, und mir wird klar, dass ihr gelegentlicher Widerwille, mit anzupacken, nicht darauf zurückzuführen ist, dass sie sich nichts aus Tieren macht, sondern dass sie sich zu viel aus ihnen macht. Ich weiß noch, wie ich früher selbst oft Angst hatte, mehr Schaden anzurichten, als zu helfen. »Er ist doch noch ein Baby …«
»Vielleicht schafft er es ja ohnehin nicht.« Ich bin nicht grundlos gemein. Ich sehe die Sache praktisch. Nicht jede Geschichte hat ein Happy End. »Er wird nicht bei seiner Mutter trinken können, und das heißt, er muss mit der Flasche aufgezogen werden.« Shannon öffnet den Mund, um zu widersprechen, etwas, wozu sie in letzter Zeit immer häufiger neigt, aber ich bringe sie mit einem Blick zum Schweigen. »Das bedeutet, dass er am Anfang alle zwei Stunden gefüttert werden muss, Tag und Nacht. Und wenn er die ersten paar Wochen überlebt, besteht die Gefahr, dass er verhaltensgestört wird, weil seine Mutter nicht da ist, um ihn zu erziehen.« Ich zögere. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Aurora genug Zeit und Energie hat, um diese Belastung auf sich zu nehmen.«
»Sie meinen, sie hat diese Welpen in die Welt gesetzt, und nun will sie sich nicht um sie kümmern«, ruft Shannon entsetzt.
»Aurora hat genug Arbeit mit ihrem Laden.«
»Dann mache ich das. Das ist eine gute Gelegenheit, noch ein paar Erfahrungen zu sammeln, ehe ich aufs College gehe.«
»Du willst aufs College?«
»Das war Emmas Idee. Sie hat mich für den berufsbegleitenden Weiterbildungskurs angemeldet, der im September anfängt.«
»Oh, das ist gut«, sage ich, obwohl das völlig neu für mich ist.
»Sie hat die Unterlagen im Büro auf dem Boden gefunden. Sie hätten schon vor einer Ewigkeit eingereicht werden sollen, aber sie hat das College überredet, mich trotzdem noch anzunehmen.«
Das wäre meine Aufgabe gewesen. Ich hätte dafür sorgen sollen, dass die Unterlagen pünktlich weitergeleitet wurden, als Emma weg war, denke ich, während Shannon einen letzten Versuch unternimmt.
»Wenn Sie mir erlauben, diesem Welpen eine Chance zu geben, dann verspreche ich Ihnen, dass ich nie wieder in Ohnmacht falle oder drohe, den Job hinzuschmeißen.«
15
Welpenliebe
Als ich mit Aurora über das Schicksal des Welpen rede, lasse ich mir nicht anmerken, dass ich im Stillen über Shannons Angebot erleichtert bin. Wenn es hart auf hart gekommen wäre, hätte ich es nicht über mich gebracht, ihn einzuschläfern. Letzten Endes hätte ich doch selbst alles getan, um ihn aufzuziehen.
Shannons Versuche, ihn zu überreden, mit Hilfe einer Pipette Muttermilchersatz zu trinken, haben wenig Erfolg, und so nutze ich am nächsten Tag eine kurze Pause zu einem Besuch in der Apotheke, um ein Babyfläschchen und einen Sauger zu kaufen, denn Shannon ist die Vorstellung, dabei zufällig einer ihrer Freundinnen über den Weg zu laufen, viel zu peinlich.
Ich reiche meine Auswahl der Verkäuferin an der Kasse.
»Hallo, Maz. Ich hab ganz viele Bläschen.« Beim Klang einer Stimme, die sich als deutlich größer erweist als ihre Besitzerin, drehe ich mich um. Lucie schaut zu mir auf wie ein kleines Gespenst. Ihr Gesicht ist vollständig mit Zinkoxidsalbe bedeckt. »Oma, es ist Maz.«
»Bleib weg von ihr, Liebes.« Sophia packt Lucie am Arm und zieht sie zu sich herüber, und ich spüre, wie sich mir vor Ärger die Haare sträuben. Wie unhöflich kann ein Mensch denn sein?
»Sie hat die Windpocken. Ich
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