Dann muss es Liebe sein
musste, denke ich erleichtert. »Komm mit.«
Der Sergeant begleitet mich zurück zu meinem Auto.
»Wo ist Penny denn jetzt?«, erkundige ich mich, weil ich Sally gleich zu ihr bringen will.
»In der Schule wurde eine Notunterkunft eingerichtet«, informiert mich der Sergeant. »Ich würde den Hund ja selbst hinbringen, aber ich habe kein geeignetes Fahrzeug.«
»Ich auch nicht«, entgegne ich lächelnd. Die Schmerzen haben nachgelassen, zumindest vorübergehend. Ich fühle mich allen Herausforderungen gewachsen. Ich überrede Sally, sich in den Fußraum zu zwängen, wo sie auch sitzen bleibt, bis wir außer Sichtweite des Sergeants sind, dann klettert sie auf den Beifahrersitz. »Du hast offenbar deine eigenen Vorstellungen davon, wo du sitzen willst«, bemerke ich fröhlich, und sie streckt den Kopf in meine Richtung und leckt mir übers Gesicht.
Ich versuche, den Rückweg nach Talyton zu finden, doch je weiter ich fahre, desto schmaler und unvertrauter werden die Straßen. Im Scheinwerferlicht sehe ich den unablässig fallenden Regen, die Blätter, die von den Bäumen gerissen werden, und dahinter nur Dunkelheit. Zweige und Trümmer scheppern gegen den Wagen, und das Fahrgestell holpert über Grasbüschel. Als ich eine Kreuzung erreiche, biege ich links ab, dann wieder links und gelange schließlich auf die Straße, die von Süden nach Talyton hineinführt.
»Wusste ich doch, dass wir uns nicht verfahren haben«, sage ich zu Sally. »Jetzt brauchen wir nur noch über die Alte Brücke, dann sind wir zu Hause und …« Ich hatte noch »im Trockenen« hinzufügen wollen, aber plötzlich ist alles nass. Im Auto riecht es nach feuchtem Hund und Weichspüler. Wasser sickert durch die Fensterdichtungen herein und läuft an der Innenverkleidung herunter.
Ich kann schon das Hinweisschild am Ende der Alten Brücke erkennen, und ihre Brüstungsmauern ragen vor mir aus der Finsternis auf, doch bevor ich sie erreiche, treffe ich auf Wasser. Ich trete mit aller Kraft auf die Bremse, aber das Auto verliert die Bodenhaftung und dreht sich um hundertachtzig Grad. Gerade als ich glaube, dass wir gleich zum Stehen kommen, scheint das Wasser noch einmal anzusteigen, hebt uns hoch und reißt uns rückwärts mit. Die Scheinwerfer verlöschen, und für einen der Furcht einflößendsten Momente meines Lebens treiben wir in der Dunkelheit auf dem Wasser. Hilflos. Machtlos.
Sally winselt, und panische Schauer rinnen über meinen Rücken. Mein Bauch verkrampft sich erneut, und eine Welle von unbeschreiblichem Schmerz raubt mir den Atem.
Das war’s, Maz. Das ist das Ende.
Plötzlich gibt es einen leichten Stoß, dann einen Ruck, und der Wagen kommt zum Stehen. Vielleicht haben wir an der Uferböschung aufgesetzt oder auf einer Hecke. Der Schmerz lockert vorübergehend seinen Griff, und mein Überlebensinstinkt erwacht. Ich öffne die Autotür und untersuche im Licht meines Handy-Displays die Umgebung. Wir liegen auf einem Gewirr aus Dornenranken, Brennnesseln und hohem Gras. Neben uns ragt eine buschige Hecke auf. Vermutlich handelt es sich um die Hecke, die zwischen dem Flussufer und der alten Bahntrasse verläuft, und wenn der Fluss über die Ufer getreten ist und das Tal überschwemmt hat, wäre die alte Bahntrasse kein schlechtes Ziel, da sie zumindest zwei, drei Meter höher liegt als der Fluss.
Trotzdem frage ich mich, ob es nicht sicherer wäre, beim Auto zu bleiben. Es ist rot und daher im Schein einer Taschenlampe oder bei Tageslicht – falls wir so lange aushalten müssen – leicht zu sehen. Doch da bewegt sich der Wagen unter lautem Ächzen und Kratzen ein Stück, und ich fürchte, dass er noch weiter flussabwärts mitgerissen werden könnte und dabei womöglich untergeht oder auseinanderbricht.
»Komm mit, Sally«, sage ich, nachdem ich meine Entscheidung getroffen habe. Ich packe ihre Leine und zerre sie auf meiner Seite aus dem Auto. Ich ziehe sie hinter mir her an der Hecke entlang auf der Suche nach einer Lücke, durch die wir hindurchschlüpfen können, aber sie will in die andere Richtung, auf den Fluss und das Hochwasser zu, sodass wir nur langsam vorankommen.
»Hilfe!«, rufe ich, auch wenn es sicher ziemlich optimistisch von mir ist zu hoffen, jemand könne mich über das Tosen des Sturms hinweg hören. »Hilfe!« Als ich eine Lücke in der Hecke entdecke, schubse ich Sally voraus und wate hinter ihr her durch den wassergefüllten Graben auf der anderen Seite. Dann schiebe ich sie die gegenüberliegende
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