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Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Titel: Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Josephine Chaos
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ich mich willig auf den täglichen Weg zur Arbeit. Sollte ich aber besser nicht machen. Ist nicht gut für die Nerven …

    Es beginnt in unserem Dienstzimmer, vierter Stock, welches bereits seit Wochen renoviert werden sollte, zu diesem Zweck auch schon komplett leer geräumt wurde und nun in trostlosem Stillstand vor sich hindämmert. Denn – die Renovierung wurde vom zuständigen Etat-Verwalter zwar bewilligt, aber bislang konnte leider nirgendwo ausreichend Geld für die geplante Aktion flüssig gemacht werden. Und so sitzen wir jetzt also wie die Heringe in der Dose mit Bett, Stuhl und Tisch auf kargen zehn Quadratmetern Abstellraum. Übergangsmäßig, ich schwöre, mit dem Ergebnis, dass es hier jetzt aussieht wie auf einer Müllhalde. Eine Mikrowelle, ein Fernseher und ein Computer geben sich ein Stelldichein neben einer Uralt-Kaffeemaschine, zwei paar Schuhen (getragen), einem Spekulum (unbenutzt!), drei angetrunkenen Limoflaschen, einer Nierenschale, einem Vaginalzäpfchen und einem angebissenen Stück Kuchen (unbekannter Herkunft!). All das auf zwei Quadratmetern Schreibtisch! Prost, Mahlzeit!
    Und weil es ja ohnehin aussieht wie nach dem Untergang der Titanic (nur im trockenen Zustand), hält es auch keiner mehr für nötig, seinen Kram aufzuräumen. Stattdessen wird weiter fleißig alles auf dem sich mittlerweile durchgebogenen Schreibtisch abgeladen. Und deswegen hängt mein Arm also gerade auf Jeannies angesifftem Krümelteller, während ich mit der Computermaus Kreise um Jupiters Bananenschale ziehe. Eklisch  …
    Doch das ist erst der Anfang des Katastrophen-Dienstes – auf der operativen Station hat heute meine »Lieblingsschwester« Clementine Dienst, eine Krankenschwester, deren Hauptlebensaufgabe sich aus genau zwei Tätigkeiten zusammensetzt: Essen und Telefonieren. Am liebsten beides gleichzeitig, und so treibt sie ganze Heerscharen diensthabender Ärzte durch Anrufe wie die folgenden in völlige Verzweiflung:.
    »Frau Doktor, Patientin XY kommt ja morgen in den OP. Braucht sie dafür einen Aufklärungsbogen?«
    Ja, sicher braucht sie den Aufklärungsbogen. Ist schon seit Semmelweis Vorschrift …
    Oder: »Frau Doktor, Patientin AB soll nach dem Frühstück zum Röntgen kommen. Sie hat jetzt gefrühstückt. Soll sie jetzt gehen?«
    Äh – WIE meinen? …
    Besonders willkommen: Auftritt Schwester Clementine, nachts gegen 2 Uhr 30:
    »Frau Doktor, Frau CD kann nicht schlafen. Darf sie eine halbe Schlaftablette bekommen?«
    »Clementine, das steht doch schon in der Anordnung, dass sie die haben darf!«
    »Nee, da steht: Sie kann ›eine GANZE Tablette‹ haben. Sie will aber doch nur eine halbe …?«
    Bei solchen Antworten muss ich immer fast in die Tischkante beißen …
    Echt wahr – die Frau kostet mich noch meinen letzten Rest kostbar gehüteter Nerven.

    Ich wühle mich also einen halben Tag lang tapfer durch eine proppevolle Ambulanz, sechs stationäre Aufnahmen, eine Entbindung und ein internistisches Konsil, muss noch mindestens 20 Bürokratiebögen ausfüllen, zwei OP-Berichte und fünf Entlassungen diktieren, hab immer noch nichts gegessen – und bin EXTREM SCHLECHT GELAUNT, als das Telefon klingelt. Und nein, es ist nicht Schwester Clementine, sondern der Nicht-Medizinergatte.
    »Schatz – das Kind hat immer noch Bauchweh. Ich bring ihn dir jetzt mal vorbei, okay?«
    »Nein. NEIN! Das geht nicht! Das Kind braucht einen Arzt!«
    »Hase – du BIST Arzt! Ich kann dir deine Approbationsurkunde raussuchen und faxen!«
    »Du bist ganz schön blöd!«, blaffe ich ins Telefon, Panik im Unterton. Was hat das Kind bloß? Einen Darmverschluss? Milzriss? Magengeschwür? HERZINFARKT?
    »Josephine – hör sofort auf, dir das übliche Horrorszenario auszumalen.« Der Mann ist unheimlich. Der kann Gedanken lesen. »Der Bub hat wahrscheinlich nur wieder seinen kompletten Monatsvorrat Snickers auf einmal gegessen. Wäre ja nicht das erste Mal!«
    Da hat er recht. Kind drei ist – völlig normal für Knaben in der Pubertät – eine Essenvernichtungsmaschine. Ich bin an manchen Tagen geneigt, den Kühlschrank mittels Vorhängeschloss einbruchsicher zu verriegeln, einzig: Es hilft nichts! Er würde sich stattdessen über das Hunde- und Katzenfutter hermachen.
    »Okay – dann bring ihn vorbei. Ich rufe Messer an!«
    Dr. med. Messer ist nicht nur leitender Oberarzt der Chirurgie, sondern obendrein selbst Vater sieben entzückender Kinder, von denen böse Zungen behaupten,

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