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Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Titel: Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Josephine Chaos
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rechts nach links schiebe, trifft das erste Gestanksatom auf mein hormonverseuchtes Riechorgan. What the hell? … Es STINKT zum Himmel – irgendeine reizende Mischung aus Urinal und Biotonne!
    Bevor meine frisch verabschiedete Schwangerschaftsübelkeit zurückkommen kann, packe ich kurz entschlossen das geliebte iPhone und ziehe auf die Kreißsaalterrasse um, ein kleines, geschütztes Plätzchen Luxus inmitten grüner Bäume und zirpender Grillen mit direktem Zugang zu Entbindungsraum Nummer V (uterusrot!). Und während ich dort nun Solitär spielend Frischluft inhaliere, füllt sich der Kreißsaal nach und nach mit einer Menge Schwangerer.
    Zuerst kommt O Sole Mia mit einer Drittgebärenden in der sechsunddreißigsten Schwangerschaftswoche angewatschelt. Frau Dotter hat ein Dauer-Kreißsaal-Abo gezogen und fällt nun schon den dritten Sonntag in Folge hier ein, um sich ein bisschen bemuttern zu lassen. Sobald sie über ihre dicken Füße, ihren schlimmen Rücken, die Gören zu Hause und den nichtsnutzigen Ehemann geklagt, von Soli ein paar Streicheleinheiten und zwei Tüten »Gummibärle« bekommen hat, ist sie auch schon wieder weg. Bis zum nächsten Sonntag.
    Gloria-Victoria zeigt unterdessen einer privaten Spätgebärenden die Geburtsräumlichkeiten, während O-Helga Frau Hupe, Entbindungstermin übermorgen, erklärt, dass »der Blutdruck völlig in Ordnung« ist und wir »keinesfalls sofort und auf der Stelle die Geburt einzuleiten« gedenken.
    Ich lümmele, versteckt und mit massenhaft Schokolade versorgt, auf meinem Plastikliegestuhl herum, schlürfe Automatencola und fühle mich gemütlich. Kreißsaal bei Nacht ist ja bekanntlich meine größte Leidenschaft und je voller, desto besser. Nichtsdestotrotz winke ich freundlich, aber wenig unglücklich hinterher, als sich nach CTG, Bemutterung und Führung alle wieder nach Hause verabschieden – entbinden muss ich heute nicht mehr wirklich, mein Bett ruft, ich höre es ganz deutlich! Und außerdem ist es wichtig, diese Nacht gut herumzubekommen, besser gesagt in der Früh rechtzeitig zu verschwinden, denn Kind drei, männlich, fährt morgen um genau neun Uhr ins Schullandheim, und ich habe hoch und heilig versprochen, mich hier rechtzeitig zum Winken loszueisen, koste es, was es wolle.
    Als der Kreißsaal schließlich wieder vollkommen geleert und still in der Abendhitze liegt, verlasse ich mein gemütliches Terrassenplätzchen und mach mich auf den Weg ins Bett – es ist 00.34 Uhr und ich bin frohen Mutes, die Nacht ohne Zwischenfälle herumzubekommen. Doch – weit gefehlt! Denn um Punkt 3.43 Uhr erscheint wie von Geisterhand Frau von Sinnen auf meinem Nachtwecker – sprich: Diensttelefon.
    »Jooooseeeephiiiiineeee …« Ich hasse es wie Graupensuppe, wenn sie meinen Namen so verunstaltet.
    »… ich bin’s! …«
    Überraschung! Wer denn sonst um diese Uhrzeit?
    »… Bin mit Frau Zilowski hier. Vorzeitiger Blasensprung, weht auch schon ordentlich, ist jetzt bei sechs Zentimetern geöffnetem Muttermund. Ob wir wohl PDA …?«
    Wolle kaufe Verb? PDA was? Legen? Mieten? Buchen? HÄH? Und wenn ich nein sage, was dann?
    Den lieben langen Tag macht jede Hebamme, was sie will, aber nachts um halb vier wollen sie plötzlich den Arzt sprechen? Ich glaube, mein Schwein pfeift …
    »Klar«, maule ich schlecht gelaunt ins Telefon »nur zu, keine falsche Zurückhaltung!«
    »Daaankeee!«, flötet es gut gelaunt zurück, was mich nur noch mehr reizt. Und das Schlimmste ist: JETZT bin ich wach! Und rechne nach: Wenn Frau Zilowski jetzt bei sechs Zentimetern angelangt ist und der Muttermund sich erfahrungsgemäß ein bis zwei Zentimeter pro Stunde öffnet, kommt das Baby just dann , wenn ich taschentuchschwenkenderweise mein Baby verabschieden soll. Am Bus. Auf dem Weg zum Landschulheim. Das geht aber nicht!
    Jetzt bin ich richtig wach! Denn Kind, klein, männlich – die Bauchweh-Primadonna – nimmt es mit solchen Dingen sehr genau. Das heißt: Wenn Mama nicht pünktlich beim Landschulheim-Verabschiedungskomitee steht, wird sie das die nächsten 40 Jahre auf jedes Butterbrot geschmiert bekommen. Jeden verdammten Tag.

    Jetzt schwitz ich auch noch! Das heißt: Ich schwitze noch mehr, als ich es ohnehin schon tue, bei gefühlten 55 Grad Raumtemperatur.
    Um 4 Uhr ist der Schlaf dann doch stärker als mein schlechtes Gewissen, und ich entfleuche sanft ins Tal der süßen Träume, nur um genau um 5.15 Uhr durch bewährtes Telefongebimmel aus eben

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