Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
vielleicht auch nur meinen Körper, als „Brutkasten“. Sie werden die neue Madonna sein, raunte seine Stimme in meiner Erinnerung, sanft und erschreckend unmenschlich.
Mich überlief ein kalter Schauer. In Rigger Hall war ich einem Schicksal als Brüterin entkommen. Für einen durchgeknallten Dämon wollte ich jetzt ganz bestimmt nicht zu einer werden. Und was war mit anderen Sedatjeen oder Nekromanten, die womöglich gekidnappt und gezwungen wurden, noch mehr von den ekligen kleinen Biestern auszutragen?
Ich hätte wütend sein sollen. Japhrimel hatte mir viel mehr verschwiegen als Jace, doch alles, was ich empfand, war eine matte Dankbarkeit dafür, dass der Dämon da war – eine Dankbarkeit, die ich nicht genauer hinterfragen wollte. Es war wieder still im Zimmer. Eddie presste einen Fluch zwischen den Zähnen hervor, und Gabe murmelte eine Entschuldigung, während sie ihm weiter den Verband anlegte.
„Er hat es auf die Herrschaft über die Hölle abgesehen“, sagte der Dämon leise. „Und sollte es dazu kommen, wird er auch die Herrschaft über die Erde an sich reißen.“
„Er behauptet, er kämpfe für die Freiheit“, entgegnete ich. Erschöpfung zerrte an meinen Armen und Beinen und hüllte meinen Verstand in Watte ein.
„Freiheit für Vardimal vielleicht.“ Japhrimel zuckte mit den Schultern. Die Bewegung ließ meinen Kopf gegen seine Schulter rollen.
Ich schloss die Augen. Die Müdigkeit machte das Nachdenken so schwer.
„Also was nun?“, fiel Gabe ein.
„Ich hole jetzt erst einmal ein paar Stunden Schlaf nach und mache dann, was ich von Anfang an hätte tun sollen.“
„Und das wäre?“ Japhrimel bewegte sich nicht, nur seine Arme schlossen sich ein wenig enger um mich. Wäre ich nicht so ungeheuer müde gewesen, hätte mir das vielleicht zu denken gegeben.
Der Schlaf umwarb mich ein wenig zärtlicher als der Tod. Das war nicht weiter überraschend; wenn sie vom Tod zurückgerissen werden, fallen die meisten Leute erst einmal in einen tiefen Schlaf – der übliche Versuch der Psyche, sich selbst zu schützen und die Begegnung mit der Unendlichkeit irgendwie zu verarbeiten. „Aufstehen, mein Schwert suchen und das dumme Arschloch zur Strecke bringen. Allein.“
„Ganz bestimmt nicht allein“, wandte Gabe ein. „Wir ketten dich fest, wenn wir müssen, Danny. Fang bloß nicht wieder damit an.“
Ich wollte ihr gerade sagen, dass sie mich mal konnte, als ich das Bewusstsein verlor. Das Letzte, was ich wahrnahm, war Japhrimels Stimme.
„Ich habe sie vor den Pforten des Todes nicht allein gelassen. Also werde ich es jetzt ganz bestimmt nicht tun. Ich bringe sie zu Bett.“
39
Ich schlief achtundzwanzig Stunden lang.
Genug Zeit für Santino, sich aus dem Staub zu machen.
Als ich endlich wieder erwachte, lag ich nackt in einem riesigen, dunkelgrünen Bett. Die Klimaanlage lief, deshalb war es kühl im Raum, auch wenn bereits eine glühend heiße Frühmorgensonne durch die Fenster stach. Ich blinzelte ins Licht und stützte mich auf meine Ellbogen.
Der ganze Körper tat mir weh, ein Nachhall der Bolzen aus der Plaspistole und der Abwehrreaktion der Psinergie. Ich hatte mich weit jenseits der Grenzen eines schmerzfreien Psinergieeinsatzes vorgewagt. Wenn ich die nächsten vierundzwanzig Stunden von einer Migräne verschont bliebe, konnte ich von Glück sagen.
Meine Schulter allerdings tat mir nicht weh. Ich berührte die Narbe von Japhrimels Mal und wappnete mich gegen eine Welle schmerzhafter Übelkeit.
„Ich bin hier“, sagte er und wandte sich vom Fenster ab. Ich hatte ihn gar nicht gesehen, vielleicht, weil mich die Sonne geblendet hatte. Vielleicht hatte er auch nicht gesehen werden wollen. „Ruh dich aus, Dante.“
„Ich kann mich nicht ausruhen“, widersprach ich, den Geschmack des Morgens im Mund. „Santino …“
„Dem ist man bereits auf der Spur. Wenn du dich nicht ausruhst, wirst du keine große Hilfe sein.“ Lautlos näherte er sich dem Bett, und sein schwarzer Mantel schwebte im Licht der Sonne. „Die Ereignisse überschlagen sich, Dante. Jetzt, da der Fürst weiß, was Santino vorhatte, hat er alle verfügbaren Kräfte der Hellesvront mir unterstellt. Jeder Hölle-auf-Erden-Agent sucht nach Santino. Lange wird er nicht mehr unentdeckt bleiben.“
Vorsichtig setzte ich mich ganz auf und rieb mir die Augen. „Außer er geht dahin, wo keine Leute sind“, sagte ich. „Menschliche Agenten sind nutzlos, wenn er untertaucht, wie er es die
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