Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
auf den Tisch, ließ mich mit dem Schwert in der Hand im Schneidersitz nieder und legte die freie Hand auf den Stahlbehälter. So überragte ich alle, bis auf den Dämon und den größeren der beiden Bullen in seinem zerknitterten Anzug. Warum sind sie hier?, fragte ich mich, schob die Frage aber beiseite.
„Dante?“, sagte der Dämon fragend. Es war das erste Mal, dass er mich mit meinem richtigen Namen ansprach.
„Ist schon in Ordnung“, antwortete ich. „Wart’s einfach ab. Ich melde mich, falls ich dich brauchen sollte.“
Ich bin dein Vertrauter, hatte der Dämon zu mir gesagt. Ich werde dich vielleicht verteidigen müssen. Was auch immer man dir antun mag, spüre ich, als wäre es mir seihst angetan worden. Solange du das Mal trägst, hin ich dir zu Diensten. Wenn du es befiehlst, werde ich alles tun, was in meiner Macht steht. Im Unterschied zu dir kann ich nicht handeln, wie ich möchte, nicht so wie du.
Inzwischen war mir einiges klar geworden, und ich verstand jetzt auch, warum Magi so scharf darauf waren, einen Vertrauten zu haben. Es war, als besäße man einen Sklaven, hatte Jaf erklärt, einen Magik-Sklaven und Leibwächter in einem. Das Problem war nur, dass ich keinen Wert auf einen Sklaven legte. Ich wollte einfach nur meine Ruhe.
Ich schloss die Augen. Tiefe, gleichmäßige Atemzüge, das Schwert quer über den Knien. Nach den ganzen Unklarheiten der letzten Tage war es schon fast eine Erleichterung, etwas zu tun, womit ich vertraut war und von dem ich wusste, wie ich es handhaben musste. Dies war endlich mal wieder ein Problem, das ich lösen konnte. Ich glitt in eine tiefere Bewusstseinsebene hinab. Meine Hand ruhte auf dem Stahlbehälter, die blauen Flammen breiteten sich aus.
Aus meinem tiefsten Inneren tauchten Worte auf: „Agara tetara eidoeae nolos, sempris quieris tekos mael.“
Wenn man den Gesang eines Nekromanten aufschreiben wollte, wären eine ganze Menge völlig sinnloser Silben ohne wirkliche Psinergie dabei. Nekromantengesänge sind nicht Teil der Kanons oder gar einer magischen Sprache – es sind einfach Tonfolgen, ganz persönliche Tonfolgen, wie jeder Nekromant seinen persönlichen Seelengeleiter hat. Trotzdem versucht immer mal wieder jemand, sie aufzuschreiben und grammatikalischen Regeln zu unterwerfen. Nur wandeln die Gesänge sich mit der Zeit.
Über mir bildete sich blaues, kristallklares Licht und hüllte mich ein. Meine Ringe versprühten einen ganzen Funkenregen. Meine linke Schulter schmerzte. Ich ließ mich von der Psinergie tragen, spürte die kristallenen Wände um mich herum singen und griff tastend in den Behälter, in dem die eingeäscherten Überreste ruhten. Meine Hand fand kleine, zermahlene Knochenstückchen und Asche, die auf meiner Zunge einen bitteren Nachgeschmack hinterließ.
Den Tod zu schmecken, ihn in sich aufzunehmen … er schmeckt bitter, mehr als alles Lebende. Er brannte sich durch mich hindurch und überdeckte sogar den Schmerz in meiner Schulter.
Ich habe schon Aufnahmen von mir gesehen. Während ich singe, neige ich den Kopf nach hinten, die Psinergie dreht sich entgegen dem Uhrzeigersinn, ein Oval aus blassem Licht entsteht um die Leiche herum – oder um das, was von ihr übrig ist. Meine Haare wehen nach hinten, egal, ob ich sie zu einem Pferdeschwanz zusammenbinde, zu einem Zopf flechte oder offen trage. Der Smaragd in meiner Wange glitzert und pulsiert, ein Echo des pulsierenden ovalen Lichts vor mir, das den Riss in der Welt darstellt, durch den ich den Toten zum Sprechen bringe.
Meine Hand verschmolz mit dem stählernen Behälter. Mit der anderen umklammerte ich fest den Griff des Schwerts. Das Katana brannte auf meinen Knien, und Runen liefen wie Wasser die Klinge entlang. Meine Tätowierung musste wie wahnsinnig zucken, die Schlangen sich mit trockenen, klappernden Schuppen den Merkurstab hinaufwinden.
Blaues, kristallenes Licht. Der Gott betrachtete mich abschätzend, spürte durch mich hindurch nach den sterblichen Überresten. Zitternd dehnte sich das dünne Band meiner Psinergie zwischen der Welt der Lebenden und der der Toten. Ich wurde zu dem schmalen Grat, über den eine Seele zurückgeholt wird, um Fragen zu beantworten, zu der Glocke, die, von der Hand eines Gottes berührt, aus der Stille ertönt …
Es gab ein kaum hörbares, knackendes Geräusch. Die Frau schnappte nach Luft „Douglas!“, flüsterte sie erschrocken.
Ich hielt die Augen geschlossen. Es war anstrengend, die Erscheinung
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