Dante Valentine 03 - Feuertaufe
Ausgang?“, fragte ich. „Für den Fall, dass die Vordertür blockiert ist?“
Mit seinen gelblichen, völlig ausdruckslosen Augen musterte er mich eine ganze Weile. Ich unterdrückte einen Schauder. Ich war verrückt gewesen, Lucas um Unterstützung zu bitten. Aber ich hatte auch keine andere Wahl gehabt.
Verdammt noch mal, Danny, hör endlich auf dich wie ein Jammerlappen aufzuführen, Bis Japhrimel dich findet, bist du eben auf dich gestellt.
Er nickte. „Komm doch mal her.“
Hinter einer bemalten Chonyo-Schutzwand befand sich eine kleine Vertiefung in den Fliesen, gerade groß genug für eine Hand. Es war ein Schalter, der einen Teil der Wand aufschwingen ließ. So gelangte man in einen anderen Tunnel, der an die Oberfläche führte. Wenn man die Tür von der anderen Seite zudrückte, war nichts mehr zu erkennen. „Aber sei vorsichtig, da ist es rutschig.“ Es tat richtig weh, ihn sprechen zu hören. Er klang, als hätte er eine Lungenentzündung.
„Ich passe schon auf. Danke, Lucas.“
Er lachte wieder. „Danke mir nicht, Valentine. Ich mache das nur, weil ich so verdammt neugierig bin.“
„Worauf?“ Ich folgte ihm bis kurz vor die Tür. Mich fröstelte bei dem Gedanken, dass ich bald allein sein würde. Im Untergrund. In einem Zimmer ohne Fenster. Oh, Ihr Götter!
„Vielleicht schafft es ja der Teufel, mich zu töten“, sagte Lucas Villalobos, als er die Tür mit seiner Scankarte öffnete. „Die Götter wissen, wie lange ich schon darauf warte.“
16
Ich entdeckte die Küche und einen kurzen Korridor hinunter auch ein Bad sowie – o Anubis – ein winziges, gebärmutterartiges Schlafzimmer. Schlagartig fühlte ich mich sehr erschöpft. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich Lucas Villalobos gegenübergestanden, ohne von Angst überwältigt zu sein.
Vermutlich ist man, wenn man seinen Freund verliert, einen Ex-Dämon, der bald wieder ein richtiger Dämon sein wird, hinter einem Gleiterzug gegen einen Imp mit drei Eiern kämpft und außerdem zuschaut, wie das eigene Haus in die Luft fliegt, einfach zu fertig, um noch angemessen Furcht zu verspüren im Angesicht des Mannes, den nicht einmal der Tod haben will. Abgesehen davon war ich jetzt anders. Stärker als ein Mensch und in der Lage, mehr auszuhalten.
Aber wie lange noch? Wenn Japhrimel wieder ein Bürger der Hölle sein würde, wäre ich dann wieder ein Mensch? Ich hielt es eigentlich nicht für möglich, eine genetische Umwandlung wie meine einfach wieder rückgängig zu machen. Aber Dämonen murksten schon so lange auf dem Gebiet der Genetik herum, dass ich ihnen fast alles zutraute. Manche behaupteten sogar, die Dämonen seien verantwortlich für die ganze menschliche Evolution. Aber über diese spezielle Theorie mag keiner so recht nachdenken. Zurück bleibt ein schaler Geschmack.
Japhrimel hatte mich verändert, da war die Umkehrung für ihn möglicherweise auch keine große Sache.
Ich seufzte und rieb mir die rechte Schläfe. Allmählich wurde es lächerlich.
Lächerlich oder nicht, du brauchst Ruhe, um wieder denken zu können. Also mach es dir gemütlich, meine Liebe, und entspanne dich. Warte einfach, bis Lucas wieder da ist.
Ich hatte einen Bärenhunger, aber Lucas’ Geschmack beschränkte sich auf Fertigmahlzeiten. Die schmecken wie Pappe und liegen im Magen wie Bowlingkugeln. Und satt wird man auch nicht davon, schon gar nicht bei meinem Metabolismus. Also entschied ich mich für die zweitbeste Lösung. Ich holte hinter der Chonyo-Schutzwand zwei Decken hervor, hockte mich, die Hand am Schwertgriff, an die Wand, schloss die Augen und lauschte der Stille. Als Kind des Großstadtzeitalters hatte ich kaum je, wenn überhaupt, so eine vollkommene Lautlosigkeit erlebt. Im Untergrund war man von all dem Psycholärm der Leute abgeschottet. Hier gab es nichts weiter als Psinergie, die wie Wasser durch den Boden sickerte, und diese besondere, richtungslose elektrostatische Ladung.
Vielleicht muss ich die nächsten sieben Jahre wie ein Tier in einem Bau leben. Diese Aussicht kam mir abwechselnd angenehm und entsetzlich vor, je nachdem, ob ich die Augen offen oder geschlossen hatte.
Jetzt, da ich in Lucas Villalobos’ Höhle vor mich hindösen konnte, fühlte ich mich wieder etwas sicherer. Die Zeit verging wie im Flug, als ich so dasaß. Nur mein Nacken kam mir merkwürdig nackt vor. Seit der Zeit in Rigger Hall hatte ich die Haare nicht mehr so kurz getragen. Danach, auf der Akademie, hatte ich sie sofort
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