Dante Valentine 04 - Suendenpfuhl
– Japhrimel, der auf dem einzigen ihm möglichen Weg Kontakt mit mir hielt.
Kann er es wirklich nur auf diesem Weg? Ich habe seine Stimme schon einmal in meinem Kopf gehört, konnte ihn wortlos rufen hören. Der Gedanke ließ mich innehalten, als ich gerade an Gabes rot gestrichene Tür klopfen wollte. Das Haus glühte von all den Sicherheitssystemen, die über den drei Stockwerken lagen. Würde ich es spüren, wenn Japhrimel sich wie ein fahler Schatten zwischen den Gedanken in meinem Kopf bewegte?
Bei der Vorstellung durchzuckte mich ein Gefühl, das Ähnlichkeit mit einer Mischung aus Abscheu und Panik hatte. Nichts gegen Kommunikation, aber die Vorstellung, dass die Kubikzentimeter in meinem Schädel nicht mehr ausschließlich nur mir gehörten, war …
Man lernt schnell, dass der Körper einen betrügt – was uneinnehmbar bleiben muss, ist der Geht. Polyamour hatte das mit ihrer schönen, rauchigen Stimme gesagt. Bei der Erinnerung daran lief mir ein Schauder über den Rücken, und schnell schob ich den Gedanken an sie beiseite.
Die Tür öffnete sich, und ich blickte Gabe in die dunklen Augen. Der letzte Schock war der schlimmste. Er verwandelte die Welt in trübes Grau und ließ das Mal an meiner Schulter so schmerzhaft aufflammen, dass ich nach Luft schnappen musste.
Gabriele Spocarelli, Nekromantin und meine Freundin, war alt geworden.
7
Gabe ging in ihrer Küche hin und her und kochte Tee. Das Haus roch nach Staub, und im Flur lag überall Spielzeug. Spielzeug eines Kleinkinds: Klötze und kleine Gleiterautos in Primärfarben aus ungiftigem Plasilica. Andere Sachen. In einer Ecke der Küche lag ein kleiner Schuh, und der schwere Kyphii-Duft mischte sich mit anderen Ausdünstungen, die mir nicht vertraut waren.
Während unserer Telefonate hatte sie nie etwas von einem Kind gesagt. Nicht ein einziges Wort. Nicht einmal eine Andeutung hatte sie gemacht.
Gabe hatte aufgehört, sich das lange dunkle Haar zu färben, und es war mit grauen Strähnen durchzogen. Die Falten in ihren Augenwinkeln zeugten von häufigem Lachen. Sie war kleiner als ich und immer noch schlank und muskulös. Auch diese Ausstrahlung von Ernsthaftigkeit und Genauigkeit, um die ich sie so oft beneidet hatte, war immer noch gleich. Ich fragte mich, ob sie nach wie vor ihr Langschwert trug, eine scharfe Metallklinge, die eigentlich viel zu groß für sie war. Als ich noch ein Mensch gewesen war, hatte ich oft gedacht, dass ich nicht gern einen ernsthaften Kampf mit ihr und diesem Schwert austragen würde – sie verfügte über eine kalte, klinische Bösartigkeit, die den meisten Kämpfern fehlt. Ihr ganzes Leben lang war sie bei den Bullen gewesen, war direkt von der Akademie zur Polizei von Saint City gegangen und hatte das Böse bekämpft.
Sie sah nicht im eigentlichen Sinn des Wortes alt aus, aber ihre Arbeit bei der Polizei hatte Spuren hinterlassen, und sie war frühzeitig ergraut. Allein schon dieses Grau sprach Bände.
Wenn Gabe sich entgegen den geltenden Vorschriften nicht mehr das Haar schwarz färbte, war das entweder übersteigerte Eitelkeit, oder es bedeutete, dass sie nicht mehr arbeitete. Sie bewegte sich immer noch mit der Geschmeidigkeit, die von Kampftraining und viel Bewegung kommt; sie war nicht nachlässig geworden wie manche alten Kopfgeldjäger oder Bullen. Trotzdem war da eine Spur von Steilheit, eine Andeutung von Langsamkeit, die beide vorher nicht da gewesen waren. Sie hatte fünf Jahre vor mir ihren Abschluss an der Akademie gemacht. Als eine von sehr wenigen Psionen hatte sie sich zwischen der Grundausbildung am Stryker und der Zulassungsausbildung eine Auszeit genommen. Jene Jahre hatte sie in Paradisse damit verbracht, eine Weltbürgerin zu werden, bevor sie pflichtbewusst nach Hause gekommen war und getan hatte, was in ihrer Familie üblich war: Sie hatte die weiterführende Schule besucht, ihren Abschluss gemacht und war zur Polizei gegangen.
Wir waren schon sehr, sehr lange miteinander befreundet.
Ich saß an dem altvertrauten Frühstückstresen, und in dem wenigen Licht, das noch durch das Küchenfenster fiel, wurde mir das Dahineilen der Zeit nur umso mehr bewusst.
Sie war gealtert, und ich nicht. Ich sah noch genauso aus wie an dem Tag, als ich in einer Villa in Nuevo Bio die Augen öffnete und feststellte, dass ein Dämon ein Gefallener geworden war und seine Macht mit mir geteilt hatte. Mein Haar war kürzer, das schon – aber ansonsten war ich unverändert. Äußerlich
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