Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln
Silberring wurde von goldenen Schnörkeln
verziert. Diamanten und glutrote Rubine waren zwischen dem Muster platziert und
ergaben ein so ansprechendes Gesamtbild, dass er sich wünschte, dieser Ring
würde an seinem Finger stecken. Es war eindeutig Schmuck für eine Frau, doch
das tat seinem Wunsch keinen Abbruch.
Kilian zwang sich, den Blick abzuwenden und
schlenderte weiter. Durch die Glastür eines der Schränke sah er ein komplettes Porzellanservice,
was er zuvor durch die Spiegelung des Lichts nicht hatte erkennen können. Er
gewann mehr und mehr den Eindruck, dass sich in diesem Raum ein kompletter und
sehr edler Hausstand befand. Die einzigen Dinge, die es nicht gab, waren ein
Bett und Wäsche. Keine Textilien, gleich welcher Art. Zumindest sah er keine.
Ihn beschlich plötzlich ein ungutes Gefühl.
Vielleicht waren all diese Sachen mit einem guten Grund hier drin, insbesondere
wenn er an Danyels Vorliebe für blau und weiß dachte. Es stand ihm sicherlich
nicht zu, sich all das anzusehen und er verfluchte seine Neugier. Hastig drehte
er sich zur Tür, lauschte und öffnete sie, als er nichts als Stille vernahm.
Der lange Flur breitete sich leer vor ihm aus
und er lief ihn rasch entlang, angetrieben von seinem schlechten Gewissen, und
stolperte die Treppe fast hinunter. Kaum unten erkannte er an einem Bild
wieder, dass er nun auf der richtigen Etage war. Warum hatte er nicht gleich
den Aufgang auf dieser Seite des Gebäudes genommen? Erleichtert atmete er durch
und als er die Tür zur Bibliothek aufstieß, war er froh, nicht noch einmal das
falsche Zimmer erwischt zu haben.
Sein Blick fiel sofort auf den Beistelltisch,
auf dem glücklicherweise noch immer das Telefon lag.
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Als Danyel nach Kilian sehen wollte, und der
nicht da war, biss er wütend die Zähne aufeinander. Er spürte zwar, dass der
nicht Reißaus genommen hatte, doch es wäre ihm lieber, wenn er ihn in seiner
unmittelbaren Nähe wüsste. Auf der anderen Seite konnte er ihm nicht verübeln,
dass er nicht stundenlang im Schlafzimmer verweilte.
Rasch sandte er seinen Federn seinen Willen zu
und bewegte sich in die Richtung, aus der er Kilians Anwesenheit fühlte. Je
näher er kam, umso überzeugter war er, dass Kilian in der Bibliothek sein musste.
Kurz bevor er die Tür erreichte, hörte er die gedämpfte Stimme durch das Holz
hindurch. Etwas sagte ihm, dass er jetzt nicht hineingehen und Kilian stören
sollte. Danyel wollte es ignorieren, so wie er oft nur seine Interessen im Kopf
hatte, doch das leise, dennoch wütend klingende ‚Mama!‘ ließ ihn mit der Klinke
in der Hand verharren.
Er lauschte.
Schloss die Augen. Konzentrierte sich.
„Du weißt doch genau, wie es gekommen wäre. Sie
hätte nicht die Möglichkeit gehabt, eine Familie zu gründen, Kinder zu haben
und diese auch aufwachsen zu sehen“, hörte er Kilian sagen.
Die Entgegnung war, trotz seiner ausgeprägten
Sinne, viel zu leise. Er verstand sie nicht, erkannte nur, dass die Stimme
weiblich war. Nicht verwunderlich …
„Ach nein? Es ist mir egal, auch wenn das
wehtut. Ich konnte nicht anders. Kannst du nicht über deinen Schatten springen
und es gut sein lassen? Es spielt keine Rolle, was du sagst. Es ändert nichts.
Ich sterbe und Monja darf leben.“
Die flüsterleise Antwort war nur kurz und
Danyel versuchte, sich noch mehr auf sein Gehör zu konzentrieren.
„Du vergisst etwas Entscheidendes: Mit mir
stirbt die Blutlinie, es sei denn, Monja bekommt ein Kind. Wäre alles
geblieben, wie es war, dann würde der Tod erst Monja und schließlich dich mit
sic h nehmen, um die Seele auf eine neue Reise zu
schicken. Ü brig geblieben wäre ich. Ohne euch beide und ohne ein Kind,
das die nächste Generation begründen würde.“
Kilian sagte das alles sehr impulsiv und Danyel
fragte sich, was dem jungen Mann daran lag, die Familie über sein eigenes Wohl
zu stellen. Diese Selbstlosigkeit. Ein menschlicher Wesenszug, den er absolut
nicht nachvollziehen konnte. Oder handelte er gar egoistisch, indem er
freiwillig starb, um der Tatsache zu entgehen, dass er allein zurückbleiben
würde? Er wusste es nicht. Opferbereitschaft oder Feigheit? Es blieb ein Rätsel
für ihn. Und die Antwort der Mutter hörte er nicht, so sehr er sich auch
bemühte.
„Ich komme nicht nach Hause, Mama. Monja weiß
es und auch ihr hat es nicht gefallen. Doch daran gibt es nichts zu rütteln.
Ich bleibe hier, es tut mir leid. Das Telefon wird reichen müssen …“, seine
Stimme
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