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Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln

Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln

Titel: Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie R. Nikolay
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erstarb.
    Danyel stand wie angewurzelt vor der Tür, die
Klinke in der Hand, und wartete.
    „Morgen Abend, ja. Ich hab dich lieb, Mama.
Bitte weine nicht, dir bleibt doch Monja.“
    Einen Augenblick später piepte es dezent und
ein Klacken verriet, dass Kilian das Gerät zurück auf den Tisch gelegt hatte.
Danyel hörte ihn geräuschvoll die Nase hochziehen, als ob er weinen würde.
Daraufhin tat er etwas, was er schon seit Jahren nicht getan hatte. Er wagte
es, Kilians Muster zu lesen. Das breite Spektrum menschlicher Gefühle hatte ihn
zunehmend irritiert und gestört, weshalb er sich angewöhnt hatte, eine Mauer
zwischen sich und all dem aufzubauen. Warum er die für Kilian einriss, konnte
er nicht sagen. Vielleicht, weil er der Schlüssel für was auch immer sein
sollte und Danyel es nicht verbocken wollte. Wenn er versuchte, Kilian zu
verstehen, konnte er ihn vielleicht besser lenken …
    Die Flut, die über ihn hereinbrach, nahm ihm
einen Augenblick lang die Luft zum Atmen. Kilians Muster war durchzogen von
Trauer, Schmerz und tiefer Liebe. Aber auch Trotz, Wut und störrischer
Widerstand waren in ihm zu lesen. Unter dem brodelnden Wirrwarr lag Scham verborgen.
Erst behielten die Traurigkeit und Machtlosigkeit die Oberhand, wurden aber
Stück für Stück von Trotz überlagert, die urplötzlich in Erregung umschlug.
    Danyel blinzelte ob der verwirrenden Eindrücke
und zog schnell die innere Mauer wieder hoch, die ihn von all dem trennte.
Wieder Herr seiner Sinne und im Besitz seiner eigenen, im Vergleich zu Kilians,
weitaus schwächeren Empfindungen, atmete er tief durch. Erst jetzt bemerkte er
das Kitzeln auf der Wange. Die Flutwelle von Kilians Gefühlen hatte eine Träne
hervorgelockt.
    Unwirsch wischte er sie weg, versuchte ein
neutrales Gesicht aufzusetzen und öffnete die Tür. Kilian sah auf und starrte
ihn mit großen Augen an, fast, als wäre er bei etwas ertappt worden, was
unrecht ist.
    „Hast du dich erholt?“
    „Es geht wieder“, erwiderte er leise und
errötete.
    Danyel besaß so viele Fähigkeiten, doch die
Gedanken seines Gegenübers konnte er nicht entziffern, so gern er es in diesem
Augenblick auch getan hätte …
    „Gewöhn dir bitte an, mir Bescheid zu geben,
wohin du gehst.“
    „Warum? Reicht es nicht, dass ich innerhalb
dieses winzigen Staates eingesperrt bin? Hieß es nicht, ich kann mich innerhalb
dieser Mauern frei bewegen, solange ich das Gelände deines ‚Reiches‘ nicht
verlasse?“, erwiderte er hitzig.
    Danyel trat zu ihm heran, beugte sich vor und
stützte sich an den Armlehnen des Sessels ab.
    „Wenn ich sage, ich wünsche zu wissen, wo du
bist, dann brauche ich dafür keine Erklärung abzugeben. Halte dich einfach
dran.“
    „Weißt du was? Ich kapier es einfach nicht. Mal
bist du nett, dann wieder führst du dich auf wie ein Tyrann. Kannst du dich mal
auf eins festlegen? Das würde es leichter machen.“
    „Dafür führst du dich auf, wie ein zickiges
Weib. Vergiss nicht, wen du vor dir hast. Und, falls es dir entfallen sein
sollte“, sagte er und beugte sich weiter herab. „DU BIST MEIN.“
    Kilian erwiderte seinen Blick, ohne mit der
Wimper zu zucken. Dann umspielte ein leichtes Lächeln seine Lippen.
    „Ja, dass ich hier bin, ist deine Bezahlung für
den Tausch. Das heißt aber nicht, dass ich dir gehöre. Mein Körper vielleicht,
aber nicht meine Seele, meine Gedanken oder mein Herz. Ich muss dich nicht
mögen …“
    Danyel hatte mit allem gerechnet, aber nicht
mit dieser Antwort. Der Kleine war stärker, als er anfangs angenommen hatte.
Wobei – Widerworte hatte Kilian mehrfach gegeben. Etwas, was sich sonst niemand
erlaubte. Seine Worte infrage zu stellen, seine
Entscheidungen anzuzweifeln und Gegenwehr zu leisten, traute sich niemand. Es
war nicht unbedingt so, als hätte er es untersagt. Mit der Zeit wurde es
normal. Sein Wort zählte, war bindend. Auch für Dafour und die Boten. Kilian
aber hielt dagegen und machte kein Geheimnis daraus. Es glich schon fast einem
Tauziehen, was Danyel nicht so recht gefallen wollte, und doch hatte es seinen
Reiz. Aber so leicht würde er ihn nicht davonkommen lassen. Er griff ihm
in den Nacken, legte seine Lippen nah an Kilians Ohr und flüsterte: „Nein, du
musst mich nicht mögen. Aber anscheinend magst du es, meine Kleider zu tragen.
Und ich weiß bereits, dass du es liebst, von mir berührt zu werden. Nein, du
musst mich nicht mögen, aber das brauchst du auch nicht. Es reicht, wenn du
unter mir vor Lust kochst

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