Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln
nicht
ignorieren, dass es für einzelne Menschen furchtbar ungerecht war. So wie bei
ihm und Monja. Es musste Tausende Familien geben, die mit einem Ungleichgewicht
leben mussten. Es sei denn, man bekam einen Termin zum Verhandeln und
bestenfalls ein paar Jahre hinzu. Plötzlich kam ihm ein Gedanke, den er
aussprach, ehe er richtig darüber nachgedacht hatte.
„Warum entscheidet du beim Verhandeln nicht
nach der Moral des Menschen, der vor dir steht?“
Danyel sah überrascht auf. „Was?“
„Na ja, wenn man den Hintergrund betrachtet …
was für einen Charakter hat der Mensch … was würde er mit der gewonnenen Zeit
anstellen?“, stammelte Kilian nervös.
„Warum sollte das eine Rolle spielen?“
„Entschuldige, dass ich das so sage, aber einem
Egoistischen und Gewinnsüchtigen, der nur auf das eigene Wohl bedacht ist, gäbe
ich nicht einen Tag mehr. Aber wenn es jemand ist, der sozial engagiert ist,
vielleicht ein Arzt oder jemand, der anderweitig caritativ tätig ist, dem würde
ich ein langes Leben gönnen.“
Danyel schnaubte.
„War nur ein Gedanke.“
„Ich kann nicht in die Leute hineinsehen, die vor
mir stehen. Wie also glaubst du, sollte ich über ihre Ziele oder den Charakter
Bescheid wissen? Beinahe alle sind gleich. Sie bitten, und wenn sie nicht
bekommen, was sie sich gewünscht haben, verwandeln sie sich in jämmerliche
Bettler. Nur sehr wenige gehen, ohne zu klagen mit einem ‚Nein‘ zur Tür hinaus.
Stimme ich dem Handel zu, weil sie mir etwas bieten, was ich gebrauchen kann,
dann werden sie zu Schleimern, die mir heuchlerisch die Füße küssen. Und was lässt dich glauben, sie würden nicht lügen, wenn
ich sie nach einer Motivation frage? Um Zeit zu bekommen, würde jeder lügen. Da
sind sie doch alle gleich!“
Kilian erstarrte.
Hatte er tatsächlich geglaubt, dass Danyel ihm
irgendwelche Sympathien entgegenbrachte? Nun fragte er sich, wer hier der Heuchler
war. In ihrem Fall eindeutig Danyel! Der gerade zufällig gebrauchen konnte, was
Kilian zu bieten hatte . Obendrein die Unterstellung,
jeder wäre ein Lügner …
„Gut zu wissen“, sagte er eisig, stellte das
Tässchen ab und kehrte Danyel den Rücken zu. In seinem Inneren machte sich Wut
br eit. Er war vom ersten Moment an ehrlich gewesen!
Es lag nie in seiner Absicht, Danyel zu belügen, nur um zu bekommen, was er
wollte. Er besaß bestimmt so manche Schwäche, aber er war kein Heuchler! Die Hosenbeine schleiften über den Boden, als er aus dem Gang stapfte, und
verursachten dabei das einzige Geräusch neben dem Kratzen der Federn. Mitten in
der Halle blieb er plötzlich stehen. Völlig in seinen Gedanken gefangen hatte
er nicht nach unten geblickt und unfreiwillig, sowie nebenbei, die Schreibenden
angesehen. Was er in diesem Augenblick nicht registriert hatte, holte ihn nun
mit rasender Geschwindigkeit ein. Diese milchige Haut, unnatürlich und
durchscheinend wie seine Schlaufenvorhänge zu Hause. Die Augen allerdings waren
der Faktor, der ihn mitten im Lauf gebremst hatte. Nur weiß, keine Iris, keine
Pupille.
‚Gruselig!‘, dachte er und schüttelte sich.
Es war nicht so, dass er vor den beiden Angst
gehabt hätte. So ruhig und friedlich die immer da saßen, kein Wort sprachen und
wirkten, als gehörten sie zur Einrichtung. Es war eher unheimlich. Und er
wusste nicht, als was er sie betiteln sollte. Wie Dafour waren die zwei alles
andere als menschlich.
„Das war ein fataler Fehler!“, schallte Danyels
Stimme zu ihm. Er klang hart und bedrohlich.
Kilian drehte sich langsam um und zwang sich,
Danyel anzusehen, statt feige auf den Boden zu starren. Der kam auf ihn zu.
Sein verkrampfter Gesichtsausdruck zeugte von unterdrückter Wut. Die Augen
leuchtend, fast schon grell, und alles andere als freundlich. Dicht vor ihm
blieb er stehen und Kilian ertappte sich dabei, dass er die Luft angehalten
hatte.
„Ich habe dich gewarnt, oder nicht?“, presste
er zwischen den Zähnen hervor.
„Ja, das hast du. Und es war keine Absicht, ich
habe einfach vergessen, runterzusehen.“
„Dadurch, dass du es gewagt hast, Pajlin und
Teghre anzusehen, hast du dich selbst in die Ecke manövriert. Du wirst keinen
Schritt mehr tun, ohne dass ich weiß, wohin und wozu. Du telefonierst nicht,
ohne dass ich danebenstehe. Und du verlässt dieses Gebäude nicht mehr.“
Kilian blinzelte. Der harte Befehlston stieß
ihm auf. Er verstand nicht, was es mit dem Verbot auf sich hatte, die beiden
Schreibenden mit den sonderbaren Namen
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