Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln
Hauses. Die dicken Mauern schluckten die Rufe des
Mädchens schon nach einigen Schritten.
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War denn das zu fassen? Der Bote hatte sie doch
glatt in diesem Raum eingesperrt und es gab nicht einmal ein Fenster!
Monja schluckte den Schreck herunter, schrie
und hämmerte gegen die Tür, doch er kam nicht zurück. Resigniert ließ sie die
Hände sinken. Was hatte er noch gesagt? Er wollte, dass Kilian verschwindet.
Das verstand sie nicht. Warum sollte ihr Bruder dem Boten ein Dorn im Auge
sein?
Monja drehte sich um sich selbst, während sie
einen Blick durch den Raum schweifen ließ. Vielleicht gab es hier etwas, womit
sie die Tür öffnen könnte.
Unzählige Kisten standen in einer Ecke. Auf
einem Regal waren Vasen aufgereiht – manche schön, andere potthässlich in ihren
Augen. Doch sie wusste mit fast hundertprozentiger Sicherheit, jede davon hatte
viel Geld gekostet. An der Wand gegenüber stand eine Holztruhe. Monja öffnete
sie und sah … gähnende Leere. Sie ließ den Deckel fallen, was einen lauten Rums
nach sich zog.
Also trat sie zu den Kartons, öffnete einen
nach dem anderen, nur um lauter unnützes Zeug zu finden. Zumindest konnte sie
nichts davon gebrauchen. Eine Kiste war voller Putzlappen, die nächste enthielt
Flaschen mit Reinigungsmittel. Dann kamen Kerzen zum Vorschein, gefolgt von
Papierservietten.
„Ist das ein Haushaltslager, oder was?“, murrte
sie vor sich hin und zog den nächsten Karton vor. Er kam ihr sehr schwer vor
und als sie den Klebestreifen abgezogen hatte, sah sie den Grund. Einzelne
Päckchen mit Rosendünger steckten darin. Alles in allem sicherlich zwanzig
davon.
Monja brummte ungeduldig. Es musste sich doch
etwas finden lassen! Sie würde sich nicht einfach so damit abfinden, dass sie
eingesperrt worden war. Also suchte sie weiter.
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Danyel blickte auf Kilian hinunter und glaubte
die Erklärung gefunden zu haben. Das Rätsel von Pajlin und Teghre konnte nur
eines bedeuten: Kilian war wirklich ein Schlüssel. Einer, der sich daran
machte, sein Herz zu öffnen.
Der Ausdruck auf Kilians Gesicht spiegelte
tiefe Befriedigung wider, wie sie nur ein erfüllender Höhepunkt auslösen
konnte. Der leicht verträumte Blick nahm Danyel gefangen. Trotzdem zwang er
sich, ihre noch immer bestehende Verbindung zu lösen.
„Darf ich dich um etwas bitten?“, fragte
Kilian, der sich auf die Seite rollte und ihm nachsah, während er sich in Richtung
Bad aufmachte.
„Kommt darauf an“, wich er aus.
„An meinem letzten Tag …“
Danyel unterbrach ihn. „Stopp. Bis es so weit
ist, haben wir noch Zeit. Und die will ich nicht mit Plänen vergeuden.“ Ohne
weitere Worte abzuwarten, schloss er die Tür und stellte sich unter die Dusche.
Kilian war noch nicht lange da und trotzdem
hatte er etwas bewegt. Danyel musste sich eingestehen, dass er sich mehr und
mehr veränderte. Jedem anderen gegenüber hätte er deutlich mehr Härte gezeigt.
Jeder Fremde, der es wagen würde, seine Sehenden anzublicken, würde das Gebäude
nicht lebend verlassen. Kilian ließ er es durchgehen und das nicht nur, weil er
eine besondere Rolle innehaben sollte. Er brachte eine Saite in ihm zum
Klingen, von der er nicht gewusst hatte, dass es sie gab. Ob er das nun
begrüßen oder als unangenehm empfinden sollte, wusste er nicht.
Der Pfad, auf dem er nun schon so lange
unterwegs war und der tiefe Fahrrinnen aufwies, schien nicht mehr in die
richtige Richtung zu führen. Danyel musste Kilian zustimmen. Seine Urteile zu
fällen, ohne sich eine Meinung gebildet zu haben, war nicht richtig. Er sollte
nach dem Charakter der Menschen urteilen. Es wäre ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit.
Ein Ansatz, um etwas zu ändern, auch wenn ihn die Menschheit an sich nicht
wirklich interessierte. Dennoch war sie ein Teil des
Ganzen. Alles hatte seinen Platz im ewigen Kreislauf des Lebens.
Siebzehn
Kilian blieb im Bett liegen, bis Danyel geduscht
hatte, und sah ihm zu, wie er sich anzog. Es ärgerte ihn, dass er seine Bitte
nicht mal hatte aussprechen dürfen. Die tiefe Verbundenheit, die zwischen ihnen
bestanden hatte, löste den Wunsch aus. Seinen letzten Tag mit Danyel zu
verbringen, sofern dessen Zeitplan das erlauben würde, und sich mit sinnlicher
Zweisamkeit vom Leben zu verabschieden, war Kilian genau richtig erschienen.
Besser konnte man doch kaum abtreten, oder? Die Höhenflüge, die Danyel ihm bescherte,
waren mit nichts Irdischem zu vergleichen …
Ein anderer Gedanke brachte ihn dazu,
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