Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln
sich
aufzusetzen.
„Sag mal, woher haben die beiden da draußen
ihre Namen?“
Danyel hielt in der Bewegung inne und sein
Blick war nicht zu deuten.
„Ich bin eben ein neugieriger Mensch“, sagte
Kilian entschuldigend.
„Sie gaben sich ihre Namen selbst, warum?“
„Sie klingen sehr schön. Außergewöhnlich.“
„Das sind sie.“ Er zog ein nachtblaues Hemd
über und knöpfte es zu.
Kilian gähnte, wohlige Erschöpfung hatte sich
in ihm breitgemacht, dennoch kam er nicht umhin, ins Bad zu gehen. Danyel
kommentierte das nur mit einer hochgezogenen Braue. Als Kilian umständlich
aufstand, stahl sich ein schiefes Grinsen auf Danyels Gesicht.
„Lach nur, ist ja nicht dein Arsch“, brummte er
und verzog sich ins Badezimmer.
Als er zurück ins Schlafzimmer kam, war dieses
leer. Etwas anderes hatte er auch nicht erwartet. Danyel saß bestimmt an seinem
Schreibtisch. Er zog sich rasch an und lief in die Küche. Aus dem Kühlschrank
nahm er sich eine Flasche Multivitaminsaft, auf deren Etikett sein Name stand,
und leerte sie zur Hälfte. Seine Müdigkeit war durch die Dusche verflogen, also
trat er durch den Vorhang, um Danyel ein wenig bei der Arbeit zuzusehen.
Als er gerade so um die Ecke sehen konnte,
blieb er ruckartig stehen. Danyel war nicht an seinem Tisch. Stattdessen stand
Dafour dort und kramte in der Schublade. Glas klirrte. Kilian zog sich
augenblicklich zurück und hoffte, dass er nicht bemerkt worden war. Vorsichtig
linste er erneut zum Tisch und wünschte sich eine große Topfpflanze, hinter der
er sich verstecken könnte. Doch Dafour schien ihn tatsächlich nicht gesehen zu
haben. Kilian konnte nicht erkennen, was genau der Herr der Boten machte. Der
steckte sich jetzt etwas in seine Tasche, schloss das Schubfach und trat durch
die weiße Tür, die offen gestanden hatte.
Kilian blieb grübelnd zurück und fasste
kurzerhand einen Entschluss. Er senkte den Blick und ging auf den Tisch der
Schreibenden zu. Er hatte keine Ahnung, ob sie sprechen oder ihn verstehen
konnten, dennoch wollte er es wagen. Er zwang sich, auf die Tischplatte zu
sehen, statt auf die Hände der beiden.
„Entschuldigung. Zum einen, weil ich euch
angesehen habe – es war keine Absicht. Zum anderen würde ich gerne wissen, was
Dafour gerade an Danyels Tisch gemacht hat.“
Er glaubte schon, es würde keine Reaktion
kommen, als eine dunkle, sehr brüchig klingende Stimme antwortete.
„Wir verbieten dir nicht, uns anzusehen. Das
ist Danyels Wille. Und Dafour hat neue Tinte gebracht.“
„Danke. Ich dachte schon, ihr versteht mich
nicht“, erwiderte Kilian. „Dafour hat etwas aus der Schublade mitgenommen,
konntet ihr erkennen, was?“
„Wir sehen alles und doch nichts“, entgegnete
ihm eine deutlich hellere, aber ebenso schwache Stimme. Er ordnete sie Pajlin
zu, weil der Name weiblich klang.
Plötzlich näherten sich schnelle Schritte.
Kilian drehte sich sofort vom Tisch der beiden weg. „Danke!“, flüsterte er und
hockte sich mit Blick auf die schwebenden Federn auf den Boden.
„Du, hier?“, fragte Danyel hinter ihm gereizt.
Kilian sah zu ihm auf. „Darf ich nicht hier
sitzen?“
„Hier sitzen schon, aber nichts anfassen!“,
donnerte Danyel.
„Habe ich doch gar nicht“, wehrte Kilian ab und
stand auf. „Warum sollte ich auch?“
„Eigenartig. Denn komischerweise verrutschen
die Dinge in meiner Schublade immer dann, wenn ich gerade nicht hier bin.“
Danyel trat nahe an ihn heran und blitzte ihn böse an.
Kilian blinzelte und versuchte, eins und eins
zusammenzuzählen. „Welche Dinge?“
Danyel verengte die Augen und der bohrende
Blick war Kilian unangenehm, trotzdem wich er nicht zurück. Er hatte sich
nichts vorzuwerfen.
„Meine Schreibgeräte zum Beispiel.“
Kilian klappte die Kinnlade runter – sollte es
das gewesen sein? Hatte Dafour den Füller eingesteckt? Diesen ganz speziellen
Füller, mit dem Danyel seine und Monjas Zeit getauscht hatte? Da er es nicht
genau wusste, behielt er den Gedanken für sich.
„Also, ich war weder an deinem Tisch, noch
brauche ich deine Schreibgeräte. Ich habe nicht vor, einen Brief zu schreiben.“
Danyel erwiderte nichts. Er sah ihn noch einen
Moment an, drehte sich dann abrupt um und trat hinter seinen Tisch. Er zog die
Schublade auf, blickte hinein und schien sich zu vergewissern, dass noch alles
da war. Die Stirn in Falten gelegt wechselte sein Blick zwischen Kilian und den
Schreibenden hin und her.
„Und, ist noch alles drin?“, fragte
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