Darf ich Dir vertrauen
Abend war sehr zierlich, gebräunt und blond.
Abgesehen von den Models in Zeitschriften hatte Madison noch nie eine Frau gesehen, deren blendend weiße Zähne so perfekt waren. Deren Körper perfekt war. Und deren zweifellos teures DesignerOutfit perfekt war. Aber genau so erschien ihr die junge Frau namens Tawny, als sie unauffällig auf die untere Terrasse schlüpfte, um die Vorspeisen hinauszubringen. Mit einem Wort, Tawnywerimmersiewar sah atemberaubend aus.
Genau wie die drei anderen Ladys, die mit drei sehr erfolgreich aussehenden Männern kamen, die offenbar mit Cord an Regatten teilgenommen hatten. So viel bekam Madison mit, bevor sie sich diskret zurückzog. Während sie das Büfett herrichtete und später, als sie den Tisch abräumte, erfuhr sie, dass Cord gerade drei Tage lang vor Cape Hatteras getaucht hatte. Jetzt, da sie ihre letzte Pfanne abtrocknete und die Arbeitsflächen abwischte, war wegen der lauten Musik nur noch Lachen und Kichern zu hören.
Nicht, dass sie gelauscht hatte. Sie hatte versucht, sich nicht auf die Gespräche zu konzentrieren. Zum Teil, weil es unhöflich gewesen wäre. Aber vor allem, weil sie sich beeilen und so schnell wie möglich verschwinden wollte. Durch die offene Tür konnte sie Cord sehen. Umgeben von schönen Menschen und selber schön, verkörperte er das glamouröse Leben, das sie nur aus der Presse und dem Fernsehen kannte. Aber obwohl er der Gastgeber war, schien er irgendwie nicht dazuzugehören.
Sie riss sich vom Anblick seines Profils los und spülte rasch den Schwamm aus.
Sie wollte nicht neugierig sein. Sie wollte sich nicht fragen, warum er so verloren ausgesehen hatte, als er von seiner Familie erzählte. Oder warum er selbst in der Gegenwart von Freunden so rastlos wirkte.
Bestimmt bildete sie sich das alles nur ein. Der Mann hatte alles. Geld, Frauen und einen scheinbar endlosen Nachschub an Freunden. Noch mehr Gäste waren eingetroffen, vermutlich per Boot.
Eine Rothaarige, schlank wie ein Model, Martiniglas in der einen Hand, eine kleine, wie ein Schmetterling geformte Tasche in der anderen, betrat den Wohnbereich. Als sie Madison hinter dem Tresen bemerkte, schenkte sie ihr ein strahlendes Lächeln.
„Können Sie mir sagen, wo das Bad ist?“
„Ich glaube, dort entlang.“ Madison zeigte in die Richtung, die schon mehrere Gäste genommen hatten.
Ein feminines Kreischen drang von der Terrasse herein.
Die Rothaarige drehte sich danach um. „Was macht ihr denn dort draußen?“ rief sie.
„Ron versucht, Tawny in den Whirlpool zu werfen!“ antwortete eine Frauenstimme.
Noch ein Kreischen. „Er wird meine Ferragamos ruinieren!“ Mehr Gelächter.
Madison wandte sich ab. Es ging sie nichts an, wenn Tawny nicht schlau genug war, ihre Schuhe abzustreifen, bevor sie im Wasser landete. Es ging sie auch nichts an, dass Cord offenbar eine andere Vorstellung von einer Dinnerparty hatte als sie. Sie hatte getan, wozu sie engagiert worden war. Das Geschirr war abgewaschen und das Dessert angerichtet, also gab es keinen Grund mehr, hier zu bleiben.
„Sie brauchen noch nicht zu gehen.“
Sie stellte die Kiste mit ihren Gerätschaften auf die Kühlbox und richtete sich auf.
Cord stand im Durchgang, in der Hand eine Dose Cola.
„Es gibt nichts mehr zu tun.“
Er nickte zur Party hinüber. „Dann kommen Sie nach draußen.“ Sie blinzelte. „Zu Ihnen und den Gästen, meinen Sie?“
„Warum nicht? Es ist noch früh. Wir fangen gerade erst an.“ Es war nach neun. Werktags lag sie um diese Zeit schon seit einer Stunde im Bett. Aber jetzt war Wochenende.
Sie sah auf ihre schwarze Hose und die schlichte weiße Bluse hinab. Aber es lag nicht an ihrer für eine Serviererin typische Kleidung, dass sie seine unerwartete Einladung ablehnte. Es lag an dem Wissen, dass sie nicht in die glitzernde Gruppe der Schönen und Reichen passte.
„Danke“, murmelte sie. Bestimmt wollte er nur höflich sein. Schließlich brauchte er sie nur anzusehen, um zu wissen, dass sie nicht auf die Terrasse gehörte.
„Aber ich fürchte, ich passe nicht zu Ihren Freunden. Ich würde nicht mal wissen, worüber ich mit ihnen reden soll.“
„Über alles Mögliche. Filme. Reisen.“
„Die einzigen Orte, an denen ich außerhalb Virginias war, sind Washington, D.C.
und Disney World.“ Washington lag direkt hinter der Staatsgrenze, zählte also nicht. Und nach Disney World hatte sie eine Klassenreise gemacht. Beides machte sie schwerlich zu einem Mitglied des
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