Darf ich Dir vertrauen
anrichten konnte. Aber seine Familie war nie unfair gewesen. Nicht so wie Madisons Vater.
Es war so ungerecht, und er fühlte Zorn in sich aufsteigen.
Aber er wehrte sich dagegen. Ihn herauszulassen würde es ihr nur noch schwerer machen. Also wartete er einfach und gab ihr die Zeit, die sie brauchte.
„Danach war unsere Familie nicht mehr die alte“, fuhr sie schließlich fort. „Unsere Eltern stritten sich dauernd, und irgendwann ist Dad gegangen. Da Mom es nicht allein schaffte, sich um Jamie zu kümmern, uns andere großzuziehen und arbeiten zu gehen, zogen wir alle zu Grandma.“ Endlich hob sie den Blick. „Jetzt sind nur noch Mom, meine Schwester und Grandma da.“
„Und Sie gehen jeden Sonntag zu ihnen, um das Essen zu kochen, Jamie die Fußnägel zu schneiden und ihr Zeitschriften zu bringen.“ Das hatte Jamie ihm erzählt.
„Mom arbeitet sechs Tage die Woche. Grandma kocht und hilft Jamie bei ihrer Therapie. Also dachte ich mir, die beiden brauchen mal eine Pause. Und Jamie ist verrückt nach den Zeitschriften. Sie tut so, als würde es ihr nichts ausmachen, dass sie nicht zum Schulball geht.“ Sie lächelte. „Aber ich weiß, wie gern sie hingehen würde.“
Einige Sekunden lang sagte Cord nichts, sondern wunderte sich darüber, wie glücklich er war, sie wieder lächeln zu sehen.
„Meinen Sie, sie könnte tanzen, wenn sie etwas Unterricht nimmt?“
„Die Ärzte haben mal gesagt, dass sie nie wieder aus dem Rollstuhl aufstehen wird. Aber jetzt geht sie schon seit über fünf Jahren an Krücken.“ Ihre Stimme wurde hoffnungsvoll. „Ich nehme an, alles ist möglich.“ Jetzt verstand er, warum sie angeboten hatte, Jamie einen Tanzkurs zu bezahlen.
Sie tat für sie alles, was sie konnte.
Er stellte den Motor aus, ließ die Fahrertür jedoch zu. Jetzt war ihm auch klar, warum sie seine Distanz zu seiner Familie so mühelos nachempfinden konnte.
Doch als er beobachtete, wie sie sich losschnallte, ging ihm auf, dass ihre Familie ihr gegenüber offenbar keine Distanz fühlte.
„Die Idee mit den Tanzstunden gefällt mir sehr“, sagte sie.
„Danke für den Vorschlag. Und auch dafür, dass Sie heute Nachmittag kein Spielverderber waren. Ich kenne nicht sehr viele Männer, die nicht schreiend davonlaufen würden, wenn Grandma ihr Fotoalbum hervorholt.“ Sie wich seinem Blick aus! „Ich muss mich dafür entschuldigen. Auch dafür, dass sie dauernd von meinen Kochkünsten geschwärmt hat. Und für ihre nicht gerade subtilen Andeutungen, was für eine tolle Ehefrau ich abgeben würde. Sie ist nicht halb so modern, wie sie glaubt. In ihren Augen ist eine Frau mit fünfundzwanzig schon eine alte Jungfer.“
„Ihre Großmutter ist wunderbar, Madison. Sie sagt einfach nur, was sie denkt.
Und Sie müssen sich nicht entschuldigen. Ich hatte einen großartigen Nachmittag.“
„Lügner“, murmelte sie.
„Im Ernst.“ Er beugte sich vor und hob ihr Kinn an. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich zuletzt so amüsiert habe.“ Er zog einen Mundwinkel hoch. „Und ich habe mir die Fotos gern angeschaut. Ohne Vorderzähne waren Sie irgendwie süß.“
Es regnete noch immer. Ihr Atem ließ die Scheiben beschlagen.
Madison schluckte. „Es muss Ihnen doch schrecklich peinlich gewesen sein.“
„Keineswegs. Und Ihnen sollte es auch nicht peinlich sein. Sie bedeuten ihnen sehr viel.“ Sein Blick fiel auf ihren Mund. „Und Sie sind wirklich schön, Madison.
Das waren Sie schon als Kind.“
Gefährlich, schoss es ihr durch den Kopf, als sie fühlte, wie sich tief unten in ihrem Bauch die Wärme sammelte. Der Mann war gefährlich – und seine Welt so weit von ihrer entfernt, dass sie nicht wusste, nach welchen Regeln sein Spiel ablief. Sie hatte keine Erfahrung mit Männern wie ihm. Sie hatte überhaupt keine Erfahrung. Aber eher würde sie sterben, als ihm das zu sagen.
„Sie können sich Ihren Charme sparen“, sagte sie leise. „Er wirkt nicht.“
„Ich weiß.“ Er ließ die Hand an ihrem Hals nach hinten gleiten, bis sie in ihrem Nacken lag. Dabei beugte er sich vor, bis sie die silbrigen Punkte in seinen blauen Augen erkennen konnte. „Genau das mag ich an Ihnen.“ Den Bruchteil einer Sekunde, bevor seine Lippen ihre berührten, stockte ihr der Atem. Ihr Herz schlug gegen die Rippen. Sein Mund sah hart und wie geschnitzt aus, daher war sie nicht darauf vorbereitet, wie weich er sich anfühlte. Oder für die Erregung, die sie wie ein Stromstoß durchzuckte.
Er wich weit
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