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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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Rechnung in der Hand taucht er nun im Beerdigungsinstitut auf:
    »Ja, das tut mir leid, aber ich kann Ihre Bestattungsrechnung nicht bezahlen.«
    »Aha.«
    »Ja, jetzt nicht gar nicht, sondern bloß jetzt nicht.«
    »Wann denn?«
    »Ja, sagen wir mal, so in einem halben Jahr. Wissen Sie, das war alles etwas viel für mich.«
    »Dafür haben wir Verständnis, im Zusammenhang mit einem Trauerfall kommen immer viele Rechnungen ins Haus, und manchmal sind es auch zu viele. Sie könnten aber beispielsweise den Betrag in Raten bezahlen.«
    »In Raten?«
    »Ja, zum Beispiel sechs Monate lang, jeden Monat einen bestimmten Teilbetrag. Dann sind Sie im November mit der Abzahlung fertig.«
    »Ach so, das ist dann auf Abzahlung!«
    »Ja, sozusagen.«
    »Nee, auf Abzahlung kauf ich nix.«
    »Sie sollen ja auch nicht wissentlich wohin gehen und irgendetwas auf Abzahlung kaufen, sondern ich biete Ihnen das jetzt im Nachhinein für eine Rechnung an, die Sie nicht auf einmal bezahlen können.«
    »Wer sagt das?«
    »Sie!«
    »Ach ja, stimmt ja. So auf einmal ist das wirklich ein bisschen viel.«
    »Also, da wäre es doch praktisch, wenn wir jetzt gemeinsam überlegen, wie viel Sie noch jeden Monat übrig haben. Und davon zahlen Sie dann den Betrag Stück für Stück. Zum Beispiel sechs Monate lang dreihundert Euro im Monat.«
    »Stück für Stück? Ja, das mach ich, Raten würde ich auch noch machen, aber keine Abzahlung.«
    »Was?«
    »Ja nee, bei Raten kommst du in die Schufa, und bei Abzahlung kriegt man bei eBay was Negatives.«
    »Wie bitte?!«
    »Sie wissen doch, Schufa und eBay, kennen Sie das nicht.«
    »Doch, sicherlich.«
    »Sehen Se, und bei der Schufa … okay, mit Schufa könnt ich ja noch leben, das geht wieder weg, aber bei eBay was Negatives, nee, das würd mir alles versauen.«
    »Aber unsere Bestatterrechnung hat doch mit eBay überhaupt gar nichts zu tun. Und bis zu einem Schufa-Eintrag ist es ja auch noch ein ganzes Stück. Das würde ja voraussetzen, dass Sie gar nicht bezahlen, so dass wir den Gerichtsvollzieher beauftragen müssten. Und dann irgendwann vielleicht käme man in die Schufa. Aber so weit wollen wir es doch gar nicht kommen lassen, oder?«
    »Drohen Sie mir jetzt mit der Schufa?«
    »Nein, um Himmels willen, ich biete Ihnen nur die Möglichkeit der Ratenzahlung an.«
    »Nee, nee, wenn das so ist mit der Schufa, dann nehm ich doch lieber die Abzahlung, bei eBay kann ich ja noch über den Namen von mein’ Schwager rein.«
    »Schauen Sie, Sie können hier zum Beispiel unterschreiben und Ihre Bankverbindung eintragen, dann buchen wir vollautomatisch die nächsten sechs Monate immer am Ersten einen Teilbetrag ab, und im November ist alles erledigt. Und wenn Ihnen das zu viel ist, können wir das auch über ein Jahr laufen lassen.«
    »Ach, das geht auch mit Lastschrift? Warum sagen Sie das nicht gleich? Dann brauchen wir ja den ganzen Abzahlungskram gar nicht. Nee, dann buchen Sie bitte sechsmal die dreihundert Euro ab, das kommt mich ja billiger, als wenn Sie zwölf Monate lang dreihundert abbuchen würden.«
    »Bei zwölf Monaten wären das ja auch nur hunderfünfzig im Monat.«
    »Rechnen kann ich selbst, nee, nee, sechsmal dreihundert ist die Hälfte von zwölf, ist doch klar.«
    »Ja, wenn Sie das so sehen, dann unterschreiben Sie hier.«
    »Ohne eBay?«
    »Ganz bestimmt!«
    »Klasse!«

Ganz geheim!
    Okay, ich gebe es zu, bestimmte komische Situationen entstehen nur deshalb, weil sich die vornehmlich ältere Klientel nicht besonders gut mit der modernen Technik und den neuen Medien des Internetzeitalters auskennt. Aber auf der anderen Seite leben wir im 21. Jahrhundert, und das Telefon gibt es nicht erst seit gestern. Auch Mobiltelefone gibt es jetzt schon viele Jahre, und nach der anfänglichen Ablehnung hat heute auch beinahe jeder Senior eins davon in der Tasche.
    Doch manchmal ist es nicht die altersbedingte Unerfahrenheit mit technischen Dingen, sondern die übersteigerte Angst vor dem Datenklau. Da geben Menschen für ein paar jämmerliche Rabattpunkte ihren gesamten Lebenslauf inklusive Einkommen und Bankverbindung preis, tippen in sozialen Netzwerken jede private Kleinigkeit ins Öffentliche und haben dann Angst, wenn der Stromableser nach ihrem Namen fragt.
     
    Ein Kunde und ich kommen zum Ende einer Besprechung, und ich sage:
    »Wenn es so weit ist, sage ich Ihnen Bescheid. Am besten wird es sein, wenn ich Sie dann anrufe. Ich brauche dann nur noch Ihre Telefonnummer.«
    »Nein, das

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