Darf ich meine Oma selbst verbrennen?
jetzt wenigstens, ganz sicher bin ich nicht.«
»Und warum kommen so viele Türken hier zu uns?«
»Wegen dem Krieg, da is’ doch immer Krieg.«
»Aber es fahren doch immer ganz viele Leute in die Türkei in Urlaub. Dann kann da doch kein Krieg sein.«
»Hmm, is’ vielleicht ne andere Türkei. Is’ doch bei Spanien auch so, da gibt’s das eine Spanien, wo die Spanier wohnen, und dann noch Spanien mit Strand.«
»Ist dieses Land weit weg?«
»Wie jetzt, Spanien?«
»Nein, das Land von dem Sie erzählt haben, der Islam.«
»Nee, nich weit.«
»Liegt aber trotzdem bei den Pyramiden und in Asien?«
»Ja genau, is’ nicht so weit.«
»Weiter als Österreich?«
»Gibt’s das noch?«
»Ob es Österreich noch gibt?«
»Ja, da war doch was. Sie wollen mich doch jetzt testen oder was. Da war doch was mit dem einen da. Warten Sie mal, ich hab’s gleich. Der mit dem Schnurrbart, hieß der nicht Hitler oder so? Haben wir viel in der Schule drüber gehört, deshalb muss man doch die Juden so verehren.«
»Österreich gibt’s aber noch.«
»Dann war das ein anderes Land, aber auch da irgendwo, nech? Irgendwas war da doch mit dem Hitler, eins von den Ländern ist dann doch irgendwie so geteilt worden.«
»Also, wie gesagt, wir haben keine Stelle frei; war aber trotzdem nett, mit Ihnen zu plaudern.«
»Schade.«
»Und nicht aufhören mit den Bewerbungen.«
»Nee, mach ich nich’.«
»Aber nicht bei uns bewerben, nicht wahr, wir haben ja jetzt schon miteinander gesprochen.«
»Is’ gut.«
Das spült
Als Bestatter weiß man, dass die Menschen, die sich einem anvertrauen, in einem Zustand sind, der manchmal logisches und klares Denken ausschließt. Nun sind aber die Entscheidungen, die in dieser Situation getroffen werden müssen, oft von großer Tragweite und natürlich auch mit dem entsprechenden Einsatz finanzieller Mittel verbunden. Kurzum: Der Bestatter muss sehr viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen besitzen, um einerseits die Wünsche der Hinterbliebenen herauszufiltern und sie andererseits mit den finanziellen, örtlichen und gesetzlichen Gegebenheiten in Einklang zu bringen.
Manchmal ist es aber auch einfach nur so, dass man den Kunden etwas auf die Sprünge helfen muss.
Herr Henschel hat vor ein paar Jahren bei einem anderen Institut die Bestattung seiner Mutter abgewickelt und will nun, dass wir die Bestattung seines jetzt verstorbenen Vaters abwickeln.
Im Verlaufe des Gesprächs ergibt sich folgender Dialog:
Herr Henschel: »Und wenn ich’s Ihnen doch sage, meine Mutter ist erst verbrannt und dann mit dem Sarg beerdigt worden, und genau so will ich das jetzt auch für meinen Vater.«
Bestatter: »Natürlich können wir Ihren Vater jetzt im Krematorium einäschern lassen, wenn Sie das so wünschen, aber wir können dann anschließend nur die Urne beisetzen, der Sarg ist dann weg.«
»Das ist doch Quatsch! Sagen Sie mal, wollen Sie mir einen Bären aufbinden, ich war doch schließlich dabei, als meine Mutter beerdigt worden ist. Erst war die Trauerfeier, dann ist sie eingeäschert worden, und dann war die Beerdigung vom Sarg, ich war doch dabei!«
»Wenn Ihre Frau Mutter eingeäschert worden wäre, dann gäbe es doch anschließend keinen Sarg mehr, weil der doch mitsamt dem Leichnam eingeäschert wird. Es gibt dann nur noch eine Urne. Das ist doch logisch.«
»Was, bitteschön, ist denn daran logisch?«
»Alles. Überlegen Sie doch mal in aller Ruhe. Was bedeutet denn eine Einäscherung? Da wird doch der Sarg mit dem Leichnam verbrannt, oder?«
»Keine Ahnung. Bin ich hier der Bestatter oder Sie?«
»Sehen Sie, da sind wir dann doch schon mal auf dem richtigen Weg. Sie erkennen, dass ich der Fachmann bin, und ich erkläre Ihnen als Fachmann nun, dass es entweder eine Einäscherung gegeben hat
oder
eine Sargbeerdigung.«
»Ich war aber dabei!«
»Sicher, das steht doch außer Frage, blenden wir mal den Punkt aus, der ist ja nicht strittig. Also, da gab es eine Trauerfeier mit dem Sarg, richtig?«
»Ja, auf dem Friedhof in der Halle.«
»Gut, und dann? Was ist dann mit dem Sarg passiert?«
»Ja keine Ahnung, wir sind dann rausgegangen und die haben den Sarg rausgeschoben.«
»Und wie ist es dann weitergegangen?«
»Wir sind alle zum Kaffeetrinken in den Kulturraum von der AWO gegangen. Wissen Sie, wenn man da Kuchen beim Bäcker bestellt und den Kaffee selber kocht, dann spart man einen Haufen Geld, man muss hinterher nur alles wieder spülen und die Stühle
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