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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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Weggehen. Seid beim Abschied leise, Erwin.«
    »Das hat er
niiiie
gesagt!«
    »Doch, hat er!«
    »Hat er nicht!«
    »Hat er doch!«
    »Ich kenn das weder mit Erwin noch mit Zufluss.«
    »Meine Damen«, mische ich mich ein: »nicht Zufluss, sondern Servus.«
    »Und was soll ein Servus sein?«, will Helga wissen.
    »Das ist ein Gruß, wie er zum Beispiel in Österreich verwendet wird«, sage ich und füge hinzu: »Soviel ich weiß stammt die Zeile ›Sag zum Abschied leise Servus‹ aus einem Lied von Peter Kreuder.«
    »Also, der Erwin war nie in Österreich, nein, Sie müssen sich irren, das heißt eindeutig: Seid beim Abschied leise, Erwin.«
    »Also, Helga, wenn der Mann da sagt, dass der Kerl nicht Erwin, sondern Servus hieß, dann lass uns das doch schreiben: Seid beim Abschied leise, Servus.«
    »Ich kenne keinen Servus, und unser Erwin hieß Erwin, und so soll es auch in der Anzeige stehen.«
    »So, und was soll der Spruch Ihrer Meinung nach bedeuten?«, frage ich vorsichtig, und Helga hat auch eine Antwort parat:
    »Das soll bedeuten, dass wir jetzt still und leise um ihn trauern sollen.«
    »Dann könnte man aber auch einfach schreiben: In stiller Trauer«, gebe ich zu bedenken.
    Hannelore formt mit den Lippen stumm »In stiller Trauer« nach und nickt. Helga überlegt kurz und sagt dann:
    »Ja oder so, das ist auch nicht schlecht.«
    Puuh, Glück gehabt. Also wird der Erwin morgen in stiller Trauer in der Zeitung stehen. Gut, wenn die beiden Damen es partout gewollt hätten, wäre die Anzeige auch mit »Seid beim Abschied leise, Erwin« erschienen, aber so ist es besser, vor allem, weil die Schwestern auf einmal wieder ganz versöhnlich miteinander umgehen. Und das haben sie nur dem Mann da zu verdanken.

Du bist ein ganz Feiner!
    Nicht immer sind Kunden am Telefon seltsam oder glänzen allein durch merkwürdige Gespräche; manche entpuppen sich auch beim Beratungsbesuch des Bestatters in ihrer heimischen Umgebung als sehr skurril. Eines Tages war ich bei der Familie Peters zu einem solchen Besuch und konnte später die folgende Geschichte erzählen.
     
    Bei Familie Peters hängt der Haussegen schief. Nein, die Peters haben keinen Streit, sondern einen streng katholischen Heiligen in der Zimmerecke hängen, und unten an dem Heiligen ist so ein kleines, offenes Gefäß dran, und weil der Heilige schief hängt, tropft mir Weihwasser in den Nacken.
    »Ach Gottchen, Ihnen wird ja ganz nass um die Schultern!«, hechelt Frau Peters und springt sofort auf, um mir meinen Hemdkragen mit einem nach Moder riechenden Spüllappen auszutupfen. Ich will mich wehren, doch da springt ihr schon ihr Ehemann, der dicke Gunnar, zu Hilfe und stopft mir frisch von der Rolle gerissene Küchenpapiertücher in den Kragen.
    »Mensch, Rita, watt mach’se auch Wasser in den Blasius!«, schimpft er und hängt den Heiligen wieder gerade. »Du weiß’ doch, datt’er Blasius immer am Tropfen is, wenn er mal’n bissken schief hängt.«
    Doch seine Frau lacht nur und sagt: »Wenigstens kricht er gezz kein Schluckauf mehr«, und an mich gewandt: »Können Se jetzt Fisch essen, so viel Sie wollen, da bleibt keine Gräte mehr stecken. Der Blasius hilft nämlich gegen Ersticken und Erwürgen und so.«
    »Kommen Se, setzen Se sich hier drüben hin, da auffe Eckbank, auffe bequeme Decke, da sitzen Se sowieso am bequemsten. Ich sitz da auch immer oft, wenn ich kreuzworten tu«, sagt Herr Peters und schiebt mich um die Ecke auf die Eckbank.
    Unterdessen ist der unglaublich fette Peters’sche Dackel »Saruman« wegen des hektischen Gerennes und Gewisches aus seinem Mittagsschläfchen erwacht und versucht mein Bein zu rammeln.
    »Saruman, lass datt, der Mann will datt nich’!«, ruft Herr Peters, und sein Dackel gehorcht ihm aufs Wort, unterlässt auf der Stelle das Rammeln und beißt mir stattdessen mehrfach leicht in die Ferse des Fußes am Ende meines anderen Beins. »Der will immer nur spielen«, sagt Frau Peters und wirft Saruman eine rote Kaustange hin: »Da, Saruman, nimm Leckerli!«
    »Das tut aber ganz schön weh«, sage ich und reibe meine Achillessehne.
    »Ach watt, datt meinen Sie nur, der is ja klein, der macht nix«, sagt Herr Peters und schiebt die kauende Fettwurst mit dem Fuß ein Stück zur Seite.
    »Sitzen Se auch bequem?«, fragt Frau Peters. »Dann können wer ja gezz endlich über die Beerdigung vom Oppa sprechen, wenn der mal stirbt.«
    Doch, bequem ist es auf der Eckbank, und die Decke ist schön weich. Ich lege meine

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