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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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zeigen, der ist nichts. Heinz, was sagst du dazu?«
    »Äh …«
    »Wirklich, der da ist auch nicht gut. Das sagt mein Mann ja auch. Der Schwiegervater war ja ziemlich groß. So an die eins achtzig. Stimmt doch, Heinz, nicht wahr?«
    »Ja, aber …«
    »Ach, misch du dich doch nicht immer ein, immer hast du an allem was auszusetzen, was ich sage. Ist doch so!«
    »Helene, ich …«
    »Meine Güte, immer nörgelst du nur herum. Es ist schließlich dein Vater, für den wir einen Sarg raussuchen. Da darf ich ja wohl erwarten, dass du auch mal was dazu beiträgst.«
    »Wir …«
    »Was ist denn mit dem da? Der Sarg sieht klasse aus und ist groß genug. Heinz, stell dich mal daneben, damit ich sehen kann, ob der groß genug ist.«
    »Aber hör …«
    »Das ist aber dumm, wenn du nur so dastehst, kann ich das nicht richtig sehen. Der kommt mir aber groß genug vor. Heinz, was meinst du, nehmen wir den? Los, leg dich mal daneben, dann kann ich das besser sehen.«
    »Ich …«
    »Stell dich doch nicht so an! Meine Güte, du wirst dich doch mal eben da hinlegen können. Los, mach schon. – So ist gut, ja, der dürfte gehen.«
    »Helene …«
    »Steh doch mal endlich vom Boden auf, mein Gott, du machst dich ja ganz dreckig. Und wer muss das hinterher wieder waschen? Du ja wohl nicht.«
    »Also …«
    »Na gut, wenn das so ist, dann mach doch alleine weiter, ich setz mich jetzt vorne in die Halle, und dann kannst du hier alleine weitermachen. Ich rede mir den Mund fusselig, und was machst du? Du jammerst nur rum. Mal gefällt dir der nicht, mal gefällt dir der andere nicht.«
    »Ich wollte doch …«
    »Ach, jetzt brauchst du mich auf einmal? Na, da haben wir es ja mal wieder, erst sich aufplustern und dicke Backen machen und dann ohne mich keinen Sarg aussuchen können. Typisch Mann!«
    »Der …«
    »Der?«
    »Ich finde …«
    »Na, dann ist ja alles klar, wir nehmen den hier.«

Servus, Erwin
    Um aneinander vorbeizureden, sich nicht zu verstehen und keine Ahnung von dem zu haben, was der andere sagt, muss man nicht unbedingt verheiratet sein; aber es erleichtert die Sache doch ganz ungemein …
    Doch auch Geschwister können ins Leere plaudern, in diesem Fall sind es zwei Schwestern.
     
    »Das habe ich ja noch nie gehört. Hannelore, sag doch auch mal was!«
    »Was?«
    »Hannelore, du sollst auch mal was sagen!«
    »Wozu?«
    »Zu dem, was der Mann da gesagt hat.«
    »Hat der was gesagt?«
    Der Mann da, das bin ich, und die beiden sind Helga und Hannelore, zwei Schwestern, die einen ebenso gemeinsamen wie alleinstehenden und derzeit toten Cousin beerdigen lassen müssen.
    »Hannelore, jetzt pass doch auch mal ein bisschen auf. Der Mann hat gesagt, das mit dem Erwin gibt es nicht.«
    »Natürlich gibt es unseren Erwin, wegen dem sind wir doch da.«
    »Ja, aber der Mann sagt, wir können den Spruch nicht in die Zeitung schreiben.«
    »Welchen Spruch?«
    »Mein Gott, was bist du dämlich! Den Spruch vom Erwin, vom Errrwiiiiin!«
    »Also Helga, ich weiß grad gar nicht, was du von mir willst!«
    »Der Mann da hat eben gesagt, wir können den Spruch nicht nehmen. Du weißt schon, Erwins Lieblingsspruch, den er bei jeder Gelegenheit gesagt hat. Mein Gott, wir haben doch vorhin noch drüber gesprochen.«
    »Wir? Wir haben überhaupt nicht gesprochen,
du
hast gesprochen!«
    »Ja, weil du auch nie in die Pötte kommst!«
    »Was soll das denn jetzt heißen?«
    »Dass ich mir hier den Mund fusselig rede und du nur so dasitzt.«
    »Schon mal auf die Idee gekommen, dass bei dir andere bloß nicht zu Wort kommen?«
    Bevor die beiden unverheirateten und zusammenlebenden Schwestern sich hier noch endgültig entzweien, schalte ich mich in das Gespräch ein. Mir ist es im Grunde genommen egal, was die Leute sich für Texte und Sprüche für die Todesanzeige in der Zeitung aussuchen. Allerdings versuche ich immer dann beratend tätig zu werden, wenn das Ganze unpassend wird oder in unfreiwillige Komik ausartet. So erkläre ich Schwester Hannelore jetzt: »Also, Ihre Schwester hat als Spruch für die Traueranzeige vorgeschlagen: ›Seid beim Abschied leise, Erwin‹, normalerweise heißt der Spruch aber ›Sag beim Abschied leise Servus‹.«
    »Also, ich kann mich überhaupt nicht dran erinnern, dass Erwin das überhaupt jemals gesagt hat.«
    »Aber Hannelore, wie kannst du das denn sagen? Erwin hat das
immer
gesagt! Wenn wir so schön bei ihm gefeiert haben, hat er das immer zum Abschied gesagt. Wir sollten leise sein beim

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