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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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dem Meer. Strandhafer biegt sich im Wind und ich stehe verloren unter einem Torbogen und traue mich nicht, einen Schritt in dieses Gebäude zu tun. Ich bin verloren, weil mich meine eigene Mutter verlassen hat.«
    Sie schweigt und wischt sich mit beiden Händen über das Gesicht. Wenn ich jetzt nicht die Kurve kriege, dann kriege ich sie gar nicht mehr.
    »Die Mütter der Hüterinnen müssen genauso wie die Hüterinnen selbst auf den Tag der Initiation vorbereitet werden. Sie fasten nur einen Tag und sind verpflichtet, die Gebete …«
    »Schätzchen, es ist zu spät. So wie ich die ganze Sache verstanden habe, sollten die Mütter ihr Leben lang auf ihre Rolle vorbereitet werden. Ein Leben lang.«
    »Das macht doch alles keinen Sinn, Mum, wir können jetzt nicht über dein GANZES Leben nachdenken. Wir haben keine Zeit. Du musst die Gebete lernen …«
    Mum schüttelt nur den Kopf. Sie verschränkt die Arme vor der Brust.
    »Es ist zu spät«, flüstert sie, »es ist einfach zu spät. Diese ganze Sache hat mich mein Leben gekostet. Ich durfte den Mann nicht haben, den ich geliebt habe. Ich durfte nicht dort leben, wo ich leben wollte. Ich hatte nicht die Mutter, die ich gebraucht hätte.«
    Ab und zu kommen uns andere Autos entgegen, deren Lichter so grell sind, dass sie sich hart in meinen Kopf bohren. Ich sollte schlafen. Wie Indie. Sie rollt sich zusammen wie eine Katze. Ihr Haar quillt unter der Kapuze ihres Sweatshirts hervor. Sonst sehe ich nichts von ihrem Gesicht. Sie zuckt, wenn die Scheinwerfer sie treffen, und krümmt sich noch mehr zusammen, als könnte sie so verschwinden. Kann ich die Dunkelheit noch länger ertragen? Wann, wann endlich taucht ein grauer Lichtstreif am Horizont auf, der den neuen Tag ankündigt?
    »Sie hätte es doch wenigstens versuchen können, Dawna. Wenigstens das. Sag mir, warum sie das nicht getan hat.«
    »Sie wollte uns schützen«, wiederhole ich hilflos, obwohl ich selbst nicht daran glaube, »sie hat uns immer geliebt.«
    »Sie hat euch geliebt. Mich hat sie verachtet.«
    Die Comtesse lenkt den Pick-up in eine kleine Parkbucht und macht den Motor aus. Dann steigt sie wortlos aus, schultert ihre Winchester und knallt die Tür hinter sich zu.
    »Was macht die jetzt?«, zischt Mum. »Lässt sie uns hier sitzen, oder was?«
    »Sie wird mal pinkeln müssen.«
    Wir sehen ihr zu, wie sie durch den Schnee stapft und hinter einer Hecke verschwindet.
    »Oder sie gibt sich einen Kopfschuss«, füge ich hinzu.
    Wieder streifen Scheinwerfer die verschneite Landschaft entlang, als sie unseren Pick-up erfassen, wird der Fahrer langsamer und hält schließlich neben uns an. Er steigt aus seinem Wagen und klopft an unser Seitenfenster. Er sieht aus wie ein Cop, der gerade auf dem Heimweg ist.
    »Gibt es Probleme?«
    Mum öffnet das Fenster und der Mann späht in das Innere des Pickups.
    »Nein. Alles in Ordnung«, sage ich schnell, bevor Mum etwas erwidern kann. Doch ihr verheultes Gesicht spricht Bände.
    »Das scheint mir aber nicht so«, sagt er und stützt sich mit den Armen in unserem Fenster ab, »drei Frauen, mitten in der Nacht, alleine auf der Straße.«
    »Ist das verboten?«, frage ich genervt.
    »Verboten nicht. Aber gefährlich. Da kann schließlich allerhand passieren.«
    Er beugt sich noch weiter vor, damit er einen Blick auf Indie erhaschen kann.
    »Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie sich Sorgen machen, aber das ist wirklich nicht nötig«, sagt Mum und setzt ihr strahlendstes Lächeln auf, »wir haben genug Benzin im Tank. Wir haben ein Navi. Wir sind wirklich gut ausgerüstet.«
    »Und wo wollen Sie hin? Um diese Uhrzeit?«
    Ich presse meine Lippen aufeinander, damit ich ihn nicht anschreie. Die Kälte, die durch das geöffnete Fenster hereinströmt, gibt mir den Rest. Sie kriecht in meine Knochen. Indie bewegt sich unwillig, ich lege ihr meinen Arm um die Schultern.
    »Zu meiner Tante.« Mum zuckt etwas hilflos mit den Schultern. »Ich habe sie ewig nicht gesehen und eigentlich habe ich gedacht, sie ist tot. Unsere Familienverhältnisse sind etwas schwierig, deswegen bitte ich Sie, lassen Sie uns …«
    »Drogen? Haben Sie Drogen konsumiert?«
    »Das letzte Mal 1999. Ich schwöre es.«
    Mum versucht es mit einem halbherzigen Augenaufschlag, doch der Mann lässt sich davon nicht beeindrucken.
    »Sie haben doch etwas zu verbergen«, sagt der Cop, und als er keine Antwort bekommt, steckt er seine Hand in die Jackentasche und wühlt suchend darin herum. Er findet sein

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