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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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es tut nicht mehr weh wie beim ersten Mal. Jetzt sind da nur noch wir. Er und ich. Sein Atem und mein Atem. So vertreiben wir den Schmerz. Nicht nur diesen. Wir vertreiben den Schmerz, der sich in all den Jahren auf meine Brust gelegt hatte. Ich höre das Wasser gegen das Bootshaus schwappen. Unser Rhythmus scheint es aufzuschaukeln. Es klatscht gegen die Bretterwand. Mein Kopf ist wie leer gefegt, aber dafür sind meine Sinne geschärft.
    »Weißt du noch, wie du geweint hast«, sagt er an meinem Ohr, »damals, als ihr gehen musstet.«
    Ich halte inne und schlinge meine Beine um Miley. Er hat recht. Ich bin stark. Ich kann jeden meiner Muskeln in meinen Oberschenkeln spüren. Ich spanne sie an, damit er bei mir bleibt. Damit er in mir bleibt und sich nicht zurückziehen kann.
    »Wann?«, flüstere ich. »Was meinst du?«
    »Damals«, sagt er leise, »als ihr den letzten Sommer da wart.«
    »Ich habe nicht geweint«, widerspreche ich und dränge mich noch enger an Miley.
    Das war Indie, will ich sagen, Indie, als sie sich von Charlie verabschiedet hat, damals, als der Regen kam. Doch dann erinnere ich mich. Wir hatten uns an den Händen gehalten, Miley und ich, hinter der Scheune. Mum hatte gehupt. Zweimal. Dreimal. Und wir hatten uns nur angesehen und ich hatte gehofft, dass ihn der Regen täuschen würde, dass der Regen meine Tränen verwischen würde.
    »Für immer«, flüstert Miley, »das hast du gesagt.«
    »Für immer«, flüstere ich.

19
    Indie

    K eine Ahnung, wem die riesigen Reitstiefel gehört haben, aber sie sind wirklich unglaublich warm. Sie sind innen dick gefüttert und man kann sie mit breiten Schnallen eng schließen. Nichts ist schöner, als richtig, richtig warme Füße zu haben, in richtig, richtig warmen Wollsocken. Ich ziehe die Knie noch näher an meinen Körper, als würde mir das helfen, die Wärme, die ich noch in mir habe, zu speichern. Trotz des dicken Parkas spüre ich die Kälte, die die Hauswand ausstrahlt, die unter der Holzveranda von Rosell’s General Store hängt wie eine eisige Glocke. Eine Weile starre ich auf die Männerbeine, in der Hoffnung, dass der Typ auch bald friert oder sich zumindest einen anderen Platz aussucht, um weiterzufrieren, damit ich endlich das cokebespritzte Zahlenblatt nehmen kann und verschwinden.
    Das Blatt, das mir noch fehlt, liegt exakt so weit neben mir, dass ich es nicht erreiche. Jedenfalls nicht, wenn ich mich nicht bewegen will und mich mit einem Geräusch verraten. Kann der Typ nicht mal weitergehen? Vor meinen Augen laufen die Koordinaten der Blätter hinab, als hätte ich einen Computerbildschirm vor mir und würde scrollen. Wieso hat sie es aufgeschrieben? Was hat sie damit bezweckt? Was sind es für Orte – und wieso immer zwei? Oder besteht zwischen diesen kein Zusammenhang?
    Vielleicht wird mir alles klar, wenn ich weiß, was die sechs Zahlen vor den ersten Koordinaten bedeuten. Oder die Zahl 211212, die hinter jeder zweiten geografischen Koordinate steht. Und bestimmt weiß ich alles, wenn ich endlich, endlich, dieses letzte Blatt in die Hand nehmen kann. Ich bin mir sicher.
    Zu dem Typen vor der Veranda gesellt sich noch einer. Ich erkenne ihn, obwohl er keinen Ton sagt. Es ist Morti. Keiner hat so unförmige Hosen an wie Morti. Keiner steckt so lässig die Hände in die Taschen wie er. Es sieht aus, als würden die Hosentaschen bis in die Kniekehlen hängen. Der Schnee knirscht unter seinen Schuhen, als er sich direkt neben den anderen stellt. Kann mir richtig vorstellen, wie Morti schaut. Er sagt nicht viel, aber seine Augen sagen alles: Ich kann dich nicht leiden. Was er mit dem anderen Typen hier vor dem Laden macht, ist mir ein Rätsel. Vermutlich rauchen sie zusammen eine, sehen sich nicht an, reden kein Wort, und gehen irgendwann weiter.
    Ich lehne meinen Kopf gegen die Hauswand hinter mir und höre ein Geräusch, als würde die Heizung in Diegos Keller anspringen. Die Kälte kriecht aus der Wand heraus in meinen Rücken. Vermutlich falle ich demnächst steif gefroren um und kann mich von Morti unter der Veranda hervorziehen lassen. Noch einmal versuche ich, das Papier mit meinem Fuß zu erreichen, aber alles, was ich tue, macht laute Geräusche. Ich schließe die Augen und denke an die Koordinaten.
    Das Eigenartige an diesen zwei Orten ist, dass es oft die Koordinaten von Krankenhäusern sind. Krankenhäuser rund um die Welt. Nicht immer. Manchmal sind es Koordinaten im Nirgendwo, irgendwo, auf einer Straße. Muss aber nicht

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