Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
einmal eine Straße sein, mitten in der Natur, weit und breit kein Ort. Manchmal sind es auch ganz normale Häuser, aber oft sind es Krankenhäuser und ich verstehe nicht, wieso.
Als ich den Koordinatenstein von Whistling Wing gefunden hatte, dachte ich, dicht daran zu sein, das Rätsel zu lösen. Aber es ist mir jetzt eigentlich noch ein größeres Rätsel als zuvor. Vermutlich hat Dawna recht und alles, was ich gemacht habe, ist unsinnig. Sie hat immer recht – und sie hat auch damit recht, auf mich böse zu sein. Was für ein Quatsch, zum Morrison Motel zu fahren. Ins Morrison Motel hineinzulaufen und die Aufmerksamkeit von Sam auf uns zu ziehen. Sie hat recht. Recht. Recht.
Das Gefühl, schuldig zu sein, frisst sich durch meinen Körper und bohrt sich in meinen Kopf. Es fühlt sich so falsch an, nicht mehr mit Dawna zu reden. Ihr alles nur hinzublaffen, so zu tun, als würde mich das alles nichts angehen. Ich will wieder mit ihr in meinem alten Zimmer schlafen, auf ihren Atem lauschen. Ich will wieder Gute Nacht sagen und Schlaf gut. Und dann auf die Geräusche hören, die sie beim Schlafen macht. Das tiefe Atmen. Wenn sie sich umdreht, das Kopfkissen verschiebt.
Aber noch ist keine von uns bereit, den ersten Schritt zu machen.
Wieso fabriziere ich eigentlich immer nur Scheiße? Ich sehe das Kaninchen mit verrenkten Gliedern vor mir zucken. Du bist schuld, flüstert es in meinem Kopf. Du musst an die Verantwortung denken, die du hast, nicht an den Stolz. Aber das mit den Koordinaten erscheint mir doch unglaublich wichtig zu sein.
Morti sagt immer noch nichts. Er steht dort, als würde er zusammen mit diesem Mann auf etwas warten. Über mir höre ich Schritte. Ich sehe durch die Ritzen der Bretter schwere Stiefel. Vermutlich Diego. Er bleibt eine Weile stehen, dann dreht er sich wieder um und geht zurück in seinen Laden. Na prima. Wenn ich gewusst hätte, dass sich hier ganz New Corbie trifft, hätte ich einen anderen Zeitpunkt gewählt. Inzwischen helfen auch die Stiefel nicht mehr gegen die Kälte. Ich starre auf die Eiszapfen, die von der Holzveranda herabhängen, und stelle mir vor, sie mit meinem Blick zum Schmelzen zu bringen, aber es passiert nichts.
Schon wieder nähern sich Schritte, klobige Stiefel, darüber ein viel zu weiter Rock und ein langer Parka, der für eine viel größere Person gemacht worden ist. Die Comtesse. Wie immer hat sie ihre Winchester dabei, sie nimmt sie gerade von ihrer Schulter und hält sie locker in der Hand. Was macht die hier mit Morti? Sie begrüßen sich nicht, die Comtesse bleibt vor ihnen stehen. Na toll, was wird denn das hier?
»Ich muss wissen, ob sie vertrauenswürdig sind«, sagt schließlich der andere Mann.
Dusk.
Ein Schauer läuft über meinen ohnehin kalten Rücken.
Ich starre auf seine Cowboy-Stiefel und frage mich, wieso ich ihn nicht schon lange erkannt habe.
Für einen langen Moment sagt keiner etwas. Dann antwortet die Comtesse: »Ja.« Ihre Stimme klingt so, als hätte sie wochenlang nicht mehr gesprochen, eingerostet und fremd. »Sie sind vertrauenswürdig.«
Wer? Dawna und ich? Na prima.
»Ich brauche Beweise«, sagt Dusk und es klingt wie ein Knurren. »Ein Ja reicht mir nicht.«
Die Comtesse antwortet nicht gleich, ich kann mir vorstellen, wie sie gerade die Augen verengt, wütend darüber, dass ihre Worte angezweifelt werden.
»Sie bilden die Mädchen aus«, erwidert sie schließlich doch.
Kat und Miss A. Dusk will wissen, ob Kat und Miss A. vertrauenswürdig sind? Mein Herz fühlt sich an, als hätte es jemand in der Hand und würde zudrücken. Wieso sollten sie es nicht sein? Ich presse die Lippen aufeinander, so fest, wie ich nur kann, um keinen Laut hervorzubringen. Sofort ist Gabes Stimme in meinem Kopf: Traut ihnen nicht.
»Wieso sollte ich ihnen dann misstrauen? Sie tun alles, um sie auf den Tag vorzubereiten. Sie lehren sie die Kampftechnik und die geistigen Fertigkeiten.«
Ich kann mich nicht erinnern, die Comtesse schon einmal so lange sprechen gehört zu haben.
»Wieso helfen sie ihnen jetzt?«, knurrt Morti dazwischen. »Nach so langer Zeit.«
Traut ihnen nicht, höre ich Gabes Stimme. Aber es kann nicht sein. Sie sind von unserem Orden …
»Die Gefahr ist zu groß, dass dieses Tor verwaist«, sagt schließlich Dusk. »Es sind nur noch drei Tore.«
»Drei?«, fragt die Comtesse, und obwohl ich nicht weiß, was es bedeutet, erfasst mich die Beunruhigung wie ein Netz, das sich um mich legt.
»Ernestine Spencer hat
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