Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
nicht vergisst.
Scheiße. Scheiße. Scheiße.
Ich will ihn trotzdem sehen, auch wenn ich weiß, dass er für mich verloren ist. Aber ich will für unsere Liebe kämpfen!
Während ich die fahlen Hausfassaden betrachte, erinnere ich mich an seine lächelnden Augen. An die Augen von früher, die mich nicht mehr loslassen. Aber wenn ich es nicht versuche, kann ich nicht gewinnen. Jedes Mal ist es mir gelungen, das Gute in seiner Seele unter all dem Bösen zu finden. Meine Liebe zu ihm muss stärker sein als die Macht von Lilli-Thi. Und von Sam.
Leise fallen kleine Schneeflocken auf New Corbie. Verloren schwimmen die orangen Lichter der Straßenlaternen in dem grauen Schneetreiben. Es hat keinen Sinn, weiter auf dem Dach des Hauses auszuharren. Ich muss es versuchen, auch wenn die Chance nur minimal ist.
Du hast keine Angst. Deine Liebe trägt dich weiter, bis in die Unendlichkeit. Ich weiß, was ich tun werde. Lilli-Thi ist weg, jetzt habe ich die Möglichkeit, Gabe zu sehen. Nichts, was sich mir in den Weg stellt, kann mich aufhalten. Nicht jetzt, als mir klar geworden ist, dass ich etwas tun kann, um Gabe auf meine Seite zu bringen.
Die Straße ist schmierig vom neu gefallenen Schnee und das Auto schlingert von rechts nach links. Aus den Lautsprechern tönt Enyas On my way home. Ich scheine mich auch selbst nicht mehr davon abhalten zu können, ich steuere auf das Morrison Motel zu, als wäre es ein Magnet, der mich unbeirrbar anzieht. Schon von Weitem sehe ich, dass der Parkplatz komplett überfüllt ist. Langsam fahre ich an den parkenden Autos vorbei, bis ich den Navara abstellen kann. Ruhig, Indie.
Im Club ist die Hölle los. Vor dem Eingang stauen sich die Leute und aus dem Inneren hört man die stampfenden Rhythmen der Musik. Bis in meine große Zehe spüre ich, dass die dunklen Engel alle dort unten sind. Ich bin froh, dass Dawna nicht hier ist, sondern auf Whistling Wing unter dem Schutz von Kat und Miss Anderson.
Das Morrison Motel liegt ausgestorben vor mir, es scheint verlassen zu sein. Irgendwo tief drinnen in dem Gebäude spüre ich auch die Schwingungen des Bösen, nur gedämpft, und jetzt glaube ich, dass es wirklich stimmt, was Diego gesagt hat. Sam hat sich noch nicht materialisiert. Hat sie ihn wirklich ganz alleine gelassen? Meine Vogelnarbe pocht und schmerzt, ich lege meine Hand auf den Bauch und drücke darauf, so fest ich kann. Unschlüssig bleibe ich neben dem Auto stehen. Rag wird spüren, dass ich hier bin. Pius vermutlich auch. Und Gabe. Für einen langen Augenblick schließe ich die Augen und horche in mich hinein. Zwar kann ich wegen dieser blöden Narbe keinen Schutzkreis um mich ziehen, aber ich kann die Gedanken der anderen an mir abprallen lassen. Das hilft zwar nur, wenn sie mich nicht von Angesicht zu Angesicht sehen, aber das ist immerhin etwas. Es fällt mir schwer, mich darauf zu konzentrieren, trotz allem ist die Angst da, Rag könnte auftauchen.
»Konzentration ist alles«, höre ich Kats Stimme. Sie lächelt mir in Gedanken zu, ich sehe sie in ihrem Overall auf der Veranda stehen und höre ihre Worte, die sie mir wie nebenbei erzählt. »Auch meine Zeit war schwierig. Jeder hat seine Schwächen – das Jahr im Orden ist kein Spaziergang.«
Ich tauche in meine eigenen Gedanken ein, lasse keine Angst und keine Ablenkung zu, genau wie es Kat mir gezeigt hat.
»Der Anfang im Orden ist das Schwierigste. Man ist getrennt von seiner Schwester, dem liebsten Menschen, demjenigen, der einem am nächsten steht. Jeder weiß, dass in den ersten zwei Wochen etwas passieren wird, das einen an die Grenzen bringt. An die Grenzen des eigenen Könnens, der eigenen Fertigkeiten, des eigenen Verstandes. Man erträgt Hunger und Durst. Übermüdung und das Gefühl der Überforderung.« Ich höre ihre Stimme ganz leise in meinem Innersten. »Man rechnet immer damit, dass dieses Ereignis eintreten wird. Aber jede ist davon überrascht, wenn es schließlich eintritt.«
Es ist mir, als würde sie ihren Arm um meine Schulter legen. »Was du davon lernen musst, ist, auf deine eigene Stimme zu hören. Du weißt, dass du nicht aufgeben wirst. Du weißt, dass du alles geben wirst. Aber dann ist plötzlich die Situation da und das Einzige, was du denken wirst, ist: Ich will nicht. Ich kann nicht. Ich tu es nicht.«
In meinem Inneren wächst eine riesige Blase von Zutrauen und Zuversicht.
»Du musst darauf vorbereitet sein. Dass genau dieser Punkt kommen wird.«
Gabe steht direkt vor dem Zimmer,
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