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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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über die Wange.
    »Das habe ich befürchtet«, sagte Cloud. »Du willst sie behalten. Darum soll ich verhindern, dass sie ins Chivvy geht. Weil du sie nicht hergeben willst.«
    »Nein, verdammt, du sollst es verhindern, weil sie sie sonst umbringen werden!«
    »Du hast Widden herausgefordert und ihm deine Schwachstelle offenbart. Wenn du so etwas tust, musst du auch mit den Konsequenzen leben.«
    Neél schien Cloud gar nicht zuzuhören. »Sie hat doch so keine Chance!«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich habe nichts von einer Absprache mitbekommen, womöglich war das nur Geschwätz.«
    »Bitte, Cloud, lass es nicht darauf ankommen. Das bist du ihr schuldig!«
    Schweigen. Ich atmete nicht, aus Angst, das feine Geräusch könnte einen Laut von drinnen übertönen.
    Cloud widersprach nicht. Er sagte nur: »Ich kann nicht, Neél. Ich kann einfach nicht.«
    Einen Augenblick lang war es totenstill. Und dann prasselten die Geräusche regelrecht auf mich ein. Etwas, das klang wie ein Wutschrei. Getrampel. Ein stumpfer Schlag. Stöhnen. Neél. Das Klirren, mit dem ein Glas zersplitterte. An der Wand?
    Plötzlich knallte von innen etwas gegen die Tür. Ich spürte es wie einen Faustschlag direkt ins Gesicht, wich reflexartig zurück. Hastig presste ich mein Ohr wieder an das Holz. Direkt über den Riss, der eben noch nicht da gewesen war.
    Ich hörte Neél. Er röchelte, rang nach Luft. Mir fiel plötzlich das Atmen schwer. Tonnen von Stein lagen auf meiner Brust.
    »Versuch das nie wieder.« Das war Cloud. Hatte Neél ihn etwa angegriffen? Ich hätte vor Erleichterung geheult, wenn Cloud wenigstens jetzt, als er Neél offenbar gewaltsam an die Tür nagelte, geschrien hätte. Doch das tat er nicht, man hörte kein Fünkchen Wut in seinen Worten. Er atmete nicht einmal schneller.
    »Hör gut zu. Du wirst jetzt nach Hause gehen und dich zwischen den Beinen deines Mädchens verkriechen, bis die Zeit ihrer Aufgabe gekommen ist: Sie läuft im Chivvy für dich. Und du wirst ihr Mut machen und Angst zugleich, damit sie rennt wie ein Hase und keiner sie erwischt - dann bekommst du einen ranghohen Posten. Und wir vergessen diesen erbärmlichen Auftritt hier.« Cloud machte eine Pause.
    Ich hörte Neél nicht mehr röcheln, ich vernahm nur noch etwas, das klang wie ... ein Wimmern. Ich presste die Stirn ans Holz und bildete mir ein, die Wärme seiner Haut zu fühlen. Als ich den Riss berührte, den sein Aufprall verursacht hatte, blieb ein Tropfen Blut an meinen Fingern kleben. Warum wehrte Neél sich nicht?
    »Ich stehe kurz vor der Ernennung zum Präsidenten«, fuhr Cloud fort. »Ich kann es mir nicht erlauben, dein Spielzeug freizukaufen.« Das Holz knirschte. Bewegte er sich? Wehr dich endlich, Neél ... Nein, halt ganz still, damit er dich nur gehen lässt.
    »Und ebenso wenig kann ich mir erlauben, dass du - mein Varlet - jetzt den Aufstand probst. Der Zeitpunkt, Neél, der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig für Kapriolen.«
    Ich hörte einen Schritt, dann ein Kratzen und Schaben. Schließlich ein Poltern. Ganz fest drückte ich die Handfläche gegen die Tür, aber ich wusste, dass Neél nicht mehr da war. Er lag am Boden. Gab keinen Laut von sich. Ich hörte, wie an der Tür gerüttelt, die Klinke heruntergedrückt wurde. Erst Sekunden später bemerkte ich, dass ich das selbst war. Kurz gab die Tür ein winziges Stück nach, dann wurde sie wieder zugestoßen. Von Cloud? Von Neél? Ich hämmerte gegen das Holz und schrie Neéls Namen.
    Stimmen brachten mich zur Räson, ich lauschte erneut.
    »Ich warne dich zum letzten Mal, Neél. Ich bin so nah am Ziel. Verdirb es mir nicht.«
    »Dein Ziel«, erwiderte Neél. Er gab Laute von sich, die halb Lachen und halb Stöhnen waren. »Es geht immer nur um einen dieser drei verschissenen Präsidentensessel. Wenn du wüsstest, was sie tun, in ihrer feinen Runde, wenn du nur wüsstest ... Aber vermutlich passt du dort rein, sie haben bloß auf dich gewar-«
    Ein Krachen und ein qualvoller Laut aus Neéls Kehle ließen mich aufschreien. Ich warf mein ganzes Gewicht gegen die Tür. Im gleichen Momente gab diese nach und ich stolperte in den Raum, fiel über einen Stuhl, der umkippte, und wäre fast gestürzt.
    Neél lag bäuchlings neben der Tür. Cloud stand über ihm, mit einem Fuß zwischen Neéls Schulterblättern, die Faust in seinem offenen Haar vergraben. Am Boden unter Neéls Gesicht glitzerten karmesinrote Scherben.
    »Ich tu mein Bestes«, sagte Cloud und schlug Neéls Gesicht

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