Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Titel: Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
Vom Netzwerk:
viel der Vierzehnjährige tatsächlich für ihn aufs Spiel gesetzt hatte. Sihana saß dicht neben Miro und hatte seine Hand ergriffen. Sie blickte auf Ephrion hinunter, wie er so friedlich dalag, und alles, woran sie denken konnte, war, wie Ephrion vor weniger als vierundzwanzig Stunden ihre Mutter geheilt hatte. Wäre sie ihm auf der Straße begegnet, hätte sie ihn nicht für außergewöhnlich gehalten. Er sah aus wie ein ganz normaler Junge. Doch dieser normale Junge war bereit gewesen, sein Leben für seine Freunde zu geben. Wo konnte man heutzutage, in einer Welt voller Egoismus und Hass, jemanden finden wie ihn?
    Wie lange Miro, Sihana und Aliyah schweigend neben Ephrion auf dem Boden knieten, fassungslos und gleichzeitig von tiefer Ehrfurcht erfüllt, wussten sie nicht. Tränen liefen über ihre Wangen. Miro und Sihana hielten sich an den Händen fest, um sich gegenseitig zu stärken. Ephrion war tot. Die Endgültigkeit dieser Tatsache war so furchtbar erdrückend. Andora hatte aufgehört zu schaukeln, und alles, was zu hören war, war das regelmäßige Ticken der Wanduhr und der prasselnde Regen, der aufs Dach fiel. Sogar der Himmel weinte über Ephrions Tod.
    Irgendwann erhob sich Miro und ging nach draußen. Joash saß am Rande der hölzernen Plattform im Regen und starrte in den Sumpf hinaus. Miro setzte sich zu ihm. Der Wind peitschte ihnen den Regen ins Gesicht. Ein paar Minuten saßen sie einfach nur da und beobachteten, wie die Regentropfen auf die Wasseroberfläche klatschten und der sonst spiegelglatten finsteren Fläche des Sumpfes etwas Verspieltes verliehen.
    «Warum hat er das getan?», fragte Joash schließlich, ohne Miro anzusehen.
    «Darüber hab ich mir auch den Kopf zerbrochen, als er mein Leben rettete», sagte Miro.
    «Ephi hat dein Leben gerettet?»
    «Ja, hat er.» Miro rieb sich mit der Hand sein Bein. «Ich habe eine Narbe, die sich über meinen ganzen rechten Oberschenkel erstreckt. Eine Bestie mit einem Gebiss wie ein Alligator hat sich in meinem Oberschenkel verbissen. Das war am Tag, bevor wir in Drakars Burg eindrangen, um dich aus dem Kerker zu befreien. Ich hatte sehr viel Blut verloren. Ich wäre verblutet, hätte Ephrion mich nicht geheilt. Ich glaube, deswegen hatte er später auch diese Schmerzen in seinem Bein. Ich habe mir vorher nie darüber Gedanken gemacht. Aber jetzt, wo er tot ist …»
    «Ich habe es nicht verdient», murmelte Joash und sah zu Miro hinüber. «Ich hab es nicht verdient, am Leben zu bleiben, verstehst du?» Tränen rollten ihm übers Gesicht. Er hatte seit sechs Jahren nicht mehr geweint. Damals, als seine Mutter in seinen Armen gestorben war, hatte er sich geschworen, nie mehr zu weinen. Nie mehr. Aber Ephrions Tod hatte etwas in ihm ausgelöst, ein Gefühl des Versagens und der absoluten Ohnmacht. Er fühlte sich so schmutzig, so elend und schwach. Er musste an Master Kwando denken und an das, was er ihm gesagt hatte:
    Ihr habt gewählt, die Schlachten in Eurem Leben im Alleingang zu kämpfen. Ihr habt all diejenigen von Euch gewiesen, die versuchten, sich Euch zu nähern. Das Team wird nicht in der Lage sein, Euch zu vertrauen. Und wenn es Eure Kraft braucht, werdet Ihr sie nur für Euch selbst einsetzen. Dies könnte dazu führen, dass die Mission scheitert, es könnte gar Leben kosten.
    Es hat Ephrions Leben gekostet, dachte Joash betroffen, während sein Körper von einem Heulkrampf geschüttelt wurde. Er klagte und weinte bitterlich. Andora hatte gesagt, ihm wäre vergeben. Aber er konnte sich selbst nicht vergeben. Zu groß war die Schuld, die er auf sich geladen hatte. Ephrion hatte ihm mehrmals seine Hilfe angeboten, doch er hatte ihn abgewiesen. Er war zu stolz gewesen, sich helfen zu lassen. Er hatte nur an sich selbst gedacht und war dabei immer tiefer gesunken, bis dahin, dass er das Leben eines Mannes nahm. Ephrion hätte nicht sterben müssen. Es war alles seine Schuld. Alles. Er war es nicht wert, am Leben zu sein. Er nicht.
    Joash schniefte und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. «Ich bin kein guter Mensch», sagte er mit belegter Stimme. «Ich …»Er griff in seine Hosentasche und holte ein weißes Päckchen hervor. Er öffnete es, und mehrere blaue Pillen kamen zum Vorschein. «Ich habe getötet, nur um an dieses verfluchte Zeug zu kommen. Der Typ wollte sie mir nicht verkaufen. Ich hätte einfach wieder gehen sollen, aber das Verlangen danach war so stark. Da hab ich auf ihn eingeschlagen. Ich hörte, wie sein Kiefer

Weitere Kostenlose Bücher