Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
tauschten besorgte Blicke. Zara räusperte sich. Er war für den Südbezirk zuständig. Er war ein dünner langer Mann um die fünfzig, hatte ein knochiges Gesicht und einen perfekt gedrehten rötlichen Schnurrbart mit einem Ziegenbärtchen. Er trug ein langes Kostüm aus dunkelgrünem Samt und einen dazu passenden Federhut.
«Wenn es Krieg gibt, mein König, so könnt Ihr mit meiner vollen Unterstützung rechnen», sagte er und neigte respektvoll sein Haupt. «Und ich stimme mit Euch überein: Es ist Zeit zu handeln, oder wir verlieren die endgültige Kontrolle über das Volk. Seit der letzten Hexenverbrennung sind die Bürger noch verängstigter als zuvor. Die Angst vor der Rückkehr der Hexen macht sich überall breit. Unruhen nehmen überhand. Erst vor vier Tagen gab es einen Volksauflauf vor meinem Regierungsgebäude. Die Leute haben über vierzig Männer und Frauen auf den Koreanderplatz gezerrt und eine öffentliche Hinrichtung verlangt. Sie behaupteten, die vierzig hätten an einer geheimen Hexenversammlung teilgenommen. Es schlossen sich immer mehr Leute der Meute an. Alle schrien wild durcheinander, und wir brauchten über hundert Soldaten, um die aufgebrachte Menge daran zu hindern, die vierzig Leute auf offener Straße in Stücke zu reißen. Später stellte sich heraus, dass das ominöse Treffen nichts weiter als eine Geburtstagsfeier gewesen war. Ihr habt Recht, Eure Hoheit: Es brodelt. Und es wird von Tag zu Tag schlimmer.»
«Im Westen geschieht Ähnliches», meldete sich Montreal zu Wort. Montreal, ein würdevoller Mann mit schulterlangem, grauem Haar und strengen Gesichtszügen, herrschte über den Westbezirk und über alle Dörfer und Städte im Westen bis hinüber zum Cardona-See. Er war mit siebzig Jahren der älteste Baron und stammte aus einer der reichsten Familien Dark Citys. Er trug ein zugeknöpftes Wams aus dickem Baumwollsamt mit Schulterpolster und in Streifen abgesetzten Ärmeln. An seinen Fingern prangten mehrere kostbare Ringe mit Edelsteinen, und um seinen Hals hing eine schwere Goldkette.
«Die wildesten Gerüchte über eine Hexenverschwörung zirkulieren», berichtete er. «Und seitdem die Bilder der Verräter an allen Straßenecken aushängen, hat sich die allgemeine Panik noch weiter ausgebreitet. Jeder will eine Hexe oder einen Hexer gesehen haben. Täglich werden Leute mit vermeintlichen Zauberkräften vor unser Bezirksgefängnis geschleppt. Seit der letzten großen Hexenverbrennung, die Euer Vater angeordnet hat, habe ich so etwas nicht mehr erlebt. Meine Beamten arbeiten rund um die Uhr, um Hinweisen nachzugehen, Bürger zu überprüfen, Geständnisse zu erwirken, Hexen und Hexer festzunehmen, unbescholtene Bürger wieder freizulassen. Vor Isabellas Hinrichtung hatten wir keine einzige Hexe in Gewahrsam. Heute Morgen waren es fünfzig. Das sind fünfzig in sieben Tagen! So etwas hat es während meiner ganzen Amtszeit nicht gegeben. Es ist alarmierend.»
«Ich habe erst gestern mit eigenen Augen einen jungen Hexer in unserem örtlichen Kerker besucht, der mit seinen bloßen Händen Feuer sprühen kann», ergänzte Akshar. «Ich weiß nicht, was Isabellas Tod ausgelöst hat. Jedenfalls schießen die Hexen in den vergangenen Tagen wie Pilze aus dem Boden. Sie breiten sich über unserem Land aus wie ein Geschwür. Wer weiß, wie viele es in der Zwischenzeit sind und wo sie sich verstecken. Ein Krieg scheint tatsächlich unausweichlich. Meine Unterstützung im Kampf gegen die Hexen sei Euch gewiss, oh König.»
«Meine auch», sagte Montreal mit einer leichten Verbeugung.
«Ich kann mich nur anschließen», sagte Hevan mit geballten Fäusten. «Die Hexen fordern uns heraus. Geben wir ihnen einen Krieg.»
Drakar nickte zufrieden. Er blickte von einem zum andern. «Gut. Ich will, dass ihr beginnt, Waffen zu schmieden. Ich werde euch alle Mittel zur Verfügung stellen, die ihr braucht. Ich will, dass jeder Junge ab vierzehn zum Soldaten ausgebildet wird. Verwandelt die Schulen in Trainingslager. Stellt mir eine Armee auf die Beine, die die Hexen das Fürchten lehrt. Und wer auch immer der Hexerei angeklagt wird, ob zu Recht oder zu Unrecht: Sperrt sie ein. Sperrt sie alle ein! Wir werden Dark City ein für alle Mal von diesem Abschaum säubern!» Er reckte seine Brust. «Lang lebe das Volk von Dark City!»
Die Stadtbarone erhoben sich von ihren Sitzen, ergriffen ihre Schwerter und hielten sie senkrecht vor ihrer Brust, die Klinge nach oben gerichtet.
«Lang lebe
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