Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
der Finsternis.»
«Danke», murmelte Miro seltsam berührt, hängte sich das silberne Kettchen mit dem flüssigen Licht um den Hals und versteckte es unter seinem Hemd.
«Ey, heißt das, du bist wieder mit von der Partie, Alter?», fragte ihn Joash.
«Nicht Alter», korrigierte ihn Miro schmunzelnd. « Prophet, wenn ich bitten darf.»
Nachdem sie fertig gegessen hatten, fühlten sich die Freunde auf einmal unendlich müde und breiteten ihr Nachtlager aus. Andora sagte, sie würde ihnen den Weg zum dritten Teil des Buches der Prophetie am nächsten Morgen erklären. Die Gefährten hüllten sich in ihre Decken, schlossen die Augen und schliefen schon bald einen tiefen Schlaf.
50
Die Wanduhr schlug fünf Mal, als Miro plötzlich kerzengerade auf dem Boden saß und sich verwirrt die Augen rieb. Es war nicht die Uhr gewesen, die ihn aufgeweckt hatte. Jemand hatte zu ihm gesprochen. Er hatte ganz deutlich eine Stimme gehört. Erst dachte er, es wäre nur ein Traum gewesen, aber dann hörte er sie wieder. Die Stimme war in seinem Kopf drin, aber so klar und deutlich, dass er dabei zusammenzuckte.
Steh auf, Miro! Sie kommen!
Miro wirbelte herum. Sein Blick blieb an Nayati hängen, der neben ihm lag und ihn mit großen Augen anstarrte.
Hat der Wolf etwa mit mir geredet?, durchfuhr es Miro, und im selben Moment legte Nayati den Kopf schief, und Miro hörte die Antwort in seinen Gedanken:
Ich würde es begrüßen, wenn du mich in Zukunft bei meinem Namen nennst. Aber um dir eine Antwort auf deine simple Frage zu geben:Ja, mein Junge, ich habe mit dir geredet.
Das bilde ich mir nur ein, dachte Miro verdattert. Wölfe können nicht reden.
Mirin-Wölfe sind geheimnisvolle und unergründliche Wesen, mein Junge, antwortete ihm Nayati in Gedanken mit der Stimme eines weisen Professors und zog seine Augenbrauen hoch. Dann stupste er ihn mit der Nase an. Und jetzt steh auf. Weck deine Freunde. Drakars Soldaten sind bereits unterwegs. Euer Vorsprung ist – sagen wir mal – ziemlich gering.
Miro hörte, wie hinter ihm der Schaukelstuhl zu knarren begann. Offenbar war auch Andora wach geworden. Draußen war es stockdunkel, aber das Innere der Hütte war vom warmen Schein mehrerer Wandkerzen erleuchtet. Es hatte aufgehört zu regnen, und außer dem schweren Pendel der Wanduhr war nur ein leises Zirpen irgendwo in der Ferne zu hören. Immer noch etwas durcheinander, sprang Miro auf und weckte die Gefährten.
«Steht auf», sagte er. «Wir müssen los.»
«Was, jetzt schon?», stöhnte Sihana. «Es ist doch noch mitten in der Nacht.»
«Es ist fünf Uhr in der Früh. Drakars Soldaten könnten jederzeit hier aufkreuzen.»
«Du bist bescheuert, Alter», kam es knurrend unter Joashs Decke hervor. «Wir sind mitten in einem Sumpfgebiet. Hier findet uns keiner. Leg dich wieder schlafen.»
«Miro sagt die Wahrheit», sagte Andora mit monotoner Stimme. «Sie wissen, wo ihr seid. Ihr müsst in der nächsten Stunde aufbrechen. Das Frühstück steht auf dem Tisch. Esst und stärkt euch, denn ein weiter Weg liegt vor euch.»
Murrend schlugen die Gefährten die Decken zurück, standen auf und schlurften verschlafen zum Tisch, der wieder auf unerklärliche Art und Weise für sie gedeckt war. Sogar eine Kanne mit heißem Tee stand dabei. Sie setzten sich und aßen Fladenbrot mit Moorbirnen-Marmelade. Sihana schenkte ihnen allen Sumpfrosenblätter-Tee ein, und das warme Getränk weckte langsam ihre Lebensgeister. Miro warf immer wieder einen skeptischen Blick auf Nayati, doch der Wolf hatte sich in eine Ecke zurückgezogen und war mit einem großen Stück Fleisch beschäftigt.
Während sie aßen und tranken, schaukelte Andora in ihrem Schaukelstuhl hin und her, und ohne ihren Blick vom offenen Fenster abzuwenden, eröffnete sie ihnen, wo sie als Nächstes hingehen mussten.
«Um eure Mission zu Ende zu bringen, müsst ihr Dark City verlassen.»
«Wie meint Ihr das?», fragte Aliyah.
«Der letzte Teil des Buches der Prophetie befindet sich außerhalb der Mauer», erklärte Andora ruhig.
Die Jugendlichen glaubten, falsch verstanden zu haben. Joash hörte auf zu kauen. Miro verschluckte sich an seinem Tee. «Außerhalb der Mauer?», platzte er heraus. «Das ist ein Scherz, richtig?»
«Ich dachte immer, wir wären in der Mauer eingeschlossen, weil irgend so ein Idiot den Schlüssel zum Osttor verloren hat», stellte Joash fest.
«Und niemand war bisher in der Lage, das Tor wieder zu öffnen», ergänzte Sihana.
«Selbst wenn wir
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