Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
Wind. Ein feiner Sprühnebel wehte ihnen ins Gesicht.
«Und jetzt?», fragte Aliyah und sah an den steilen Felsklippen hoch, die sie von drei Seiten einschlossen.
«Die Drachenhöhle muss hier irgendwo sein», antwortete Miro.
Sie suchten ringsum die Felsen nach einem möglichen Höhleneingang ab, konnten aber nichts finden.
«Hier ist nichts», sagte Joash.
«Wie lautete der letzte Hinweis?», überlegte Sihana.
«Pupille des Wassers», zitierte Miro und deutete auf den Wasserfall. «Vielleicht ist der Eingang der Höhle hinter dem Wasserfall. Das würde erklären, warum sie bis jetzt niemand gefunden hat.»
«Kann gut sein», meinte Katara und legte ihren Kapuzenmantel ab. «Wartet hier, ich seh mal nach.»
«Sei vorsichtig!», rief ihr Aliyah nach.
Katara ging über den Kiesstrand, hüpfte über ein paar glitschige Steine in den klaren See hinein und verschwand mit einem Kopfsprung in der Tiefe. Das Wasser schlug eisig kalt über ihr zusammen. Kraulend schoss sie durch den See und tauchte unter den krachenden Wassermassen hindurch. Zähneklappernd kam sie hinter dem weißen Gischtvorhang wieder an die Oberfläche. Sie schnappte nach Luft und sah sich neugierig um. Sie befand sich unmittelbar vor dem Eingang zu einer riesigen Grotte.
Ein gutes Versteck für einen Drachen, dachte Katara. Groß genug ist die Höhle jedenfalls.
Ohne die Grotte genauer auszukundschaften, tauchte Katara wieder unter dem Wasserfall hindurch auf die andere Seite, pfiff durch die Zähne und winkte ihre Gefährten zu sich herüber. Die Jugendlichen verstanden. Sie entledigten sich ihrer Mäntel und Rucksäcke und wateten in den See hinein. Aresco und Nayati blieben am Ufer zurück. Sihana stieß einen spitzen Schrei aus, als sie das eisige Wasser an den Fußknöcheln spürte, und blieb abrupt stehen.
«Da geh ich nicht rein! Das ist viel zu kalt!»
Joash, der bereits bis zu den Hüften im See stand, drehte sich zu ihr um und bespritzte sie kurzerhand mit Wasser, worauf das Mädchen noch lauter kreischte und schützend ihre Arme um ihren Körper schlang.
«Komm schon, Leuchtkäfer!», forderte Joash sie auf.
«Es ist so furchtbar kalt!», rief Sihana.
«Jetzt hab dich nicht so, ey», brummte Joash ungeduldig. «Wenn du nicht springst, hol ich dich!»
«Nein, bitte nicht! Ich komm ja!», quietschte Sihana, allerdings ohne sich auch nur einen Fußbreit weiter in den See zu wagen. Erst als Joash sich tatsächlich umdrehte und mit schnellen Zügen auf sie zugeschwommen kam, überwand sie sich und sprang endlich mit ein paar schrillen Tönen in das eisig kalte Wasser. Sie hatte die andern bald eingeholt. Gemeinsam tauchten die Jugendlichen unter dem schäumenden Wasserfall hindurch und kletterten auf der andern Seite schlotternd über ein paar höckerartige Felsen in die Grotte hinein. Es war eine riesige Höhle, und es war nicht zu erkennen, wie tief sie in das Bergmassiv hineinreichte.
«Meint ihr, er ist gefährlich?», flüsterte Sihana, während sie ihren ängstlichen Blick über die hoch über ihren Köpfen gewölbte Felsendecke schweifen ließ. Allein beim Gedanken, dass irgendwo dort in der Dunkelheit ein Drache schlummerte, kriegte sie weiche Knie. «Was machen wir, wenn er uns auffressen will?»
«Er wird uns schon nicht auffressen», meinte Joash und trat mutig ein Stück in die Höhle hinein.
«Und wenn er Feuer spuckt?», ergänzte Aliyah, der es ebenfalls nicht ganz geheuer war.
«Andora hätte uns nicht hergeschickt, wenn der Drache gefährlich wäre», sagte Miro und gab sich Mühe, seiner Stimme einen zuversichtlichen Ton zu verleihen, «es wird schon nichts schiefgehen.» Dass er sich selbst schier in die Hosen machte vor Angst, hätte er natürlich nie und nimmer offen zugegeben.
Katara zog ihr Schwert aus der Scheide, hielt es griffbereit mit beiden Händen fest, und während sie sich wie ein Tiger auf der Jagd vorwärtsbewegte, tastete sie mit ihren Augen die schwarzen Höhlenwände ab.
«Haltet euch dicht hinter mir», raunte sie. «Ich kann euch in der Dunkelheit führen.»
«Nicht nötig», antwortete Miro, «wir haben Licht dabei.»
Katara sah sich verwundert um, und Miro holte das Fläschchen mit den Tränen des Lichts unter seinem Hemd hervor und leuchtete in die riesige Felsenhöhle hinein.
«Was ist das?», wollte Katara wissen.
Bevor ihr Miro eine Antwort geben konnte, hörten die Jugendlichen aus dem Innern des Berges ein tiefes Knurren. Ein Schauer durchfuhr sie. Wie angewurzelt blieben
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