Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
zitterndem Stimmchen, «ist jemals lebend zurückgekehrt!»
«Ey, so ein Schwachsinn», winkte Joash ab, «ihr glaubt doch nicht im Ernst an dieses Schauermärchen? Alles nur Gerüchte und Spukgeschichten.»
«Es sind keine Gerüchte», sagte der Alte ernst. «Die Geschichte ist wahr. Jedes Wort davon. Es gibt sie wirklich, und sie ist eines der gefährlichsten Wesen unserer Insel.»
«Was … was genau ist sie?», fragte Miro vorsichtig. Zu gut erinnerte er sich an die Skorpion-Alligatoren, die ihm in der Grolchenhöhle beinahe sein Bein weggerissen hatten. Er hatte keine Lust auf eine weitere Begegnung mit einem Monster.
«Sie nennt sich selbst Königin Eldora», erklärte die Prophetin, ohne Miros Frage zu beantworten, «Herrscherin der Ewigen Sümpfe. Sie hütet die fehlenden Seiten des Buches wie einen Schatz.»
«Wie ist sie an die Seiten gekommen?», fragte Aliyah.
«Der König, dessen Namen ich hier nicht nennen darf, hat sie ihr gegeben, mein Kind.»
«Waaas?», stieß Miro hervor. «Warum das denn?»
Der Alte drehte mit der Hand sein Bärtchen und atmete tief durch. Seine Stimme klang traurig. «Eldora war einst eine von uns, eine Prophetin wie ich. Damals, als das letzte Original des Buches der Prophetie in drei Teile zerlegt wurde, um es vor Drakar dem Ersten zu retten, hat Eldora einen der drei Teile erhalten. Sie sollte die Buchseiten mit ihrem Leben schützen, damit Drakar sie nicht finden und verbrennen würde. Aber etwas geschah mit ihr. Sie wurde besessen von dem Buch und der Macht, die darin verborgen liegt. Und die Besessenheit begann sie zu verändern, innerlich wie äußerlich. Tag und Nacht las sie in dem Buch. Sie tat nichts anderes mehr. Und was für Gutes bestimmt war, wurde in Böses verwandelt.»
«Weiß Drakar, dass sie das Buch hat?», fragte Miro.
Der Bärtige schüttelte den Kopf. «Selbst wenn er es wüsste. Sie würde es ihm nie geben. Sie will es für sich selbst haben.»
«Und wo finden wir diese – was auch immer sie ist?», erkundigte sich Aliyah.
«Am Rand der Ewigen Sümpfe wird ein Mann auf euch warten. Er hat ein Boot und wird euch für eine Goldmünze in den Sumpf hineinrudern. Und wenn ihr auf Eldora trefft», der Alte sah mit ernster Miene von einem zum andern, «seht ihr nicht in die Augen. Unter keinen Umständen.»
«Wieso nicht?», wollte Joash wissen.
«Ihre Augen werden euch ködern», antwortete der Mann leise. «Sie könnten euren Tod bedeuten, wenn ihr euch nicht vorseht.» Er legte jedem Einzelnen von ihnen die Hand auf die Schulter und durchbohrte sie mit einem Blick, der keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Warnung offenließ.
«Brecht jetzt auf», sagte er dann und wandte sich plötzlich zum Gehen. «Möge der Friede mit euch sein!»
«Wartet!», rief Aliyah. «Wie finden wir zu den Ewigen Sümpfen? Ich habe gehört, kein Mensch wüsste den Weg dorthin.»
Der Bärtige schaute zu Nayati hinunter und tätschelte ihm den Kopf. «Nayati kennt ihn. Folgt seiner Stimme, sie wird euch nicht in die Irre führen.»
Mit diesen Worten drehte sich die Prophetin auf dem Absatz um und entfernte sich eilig. Mit tausend neuen Fragen im Kopf blieben die Jugendlichen zurück. Miro sah skeptisch zu Nayati hinunter, während Joash und Ephrion Mutter hinterherschauten. Kaum hatte sie den Marktplatz erreicht, löste sich der bärtige Mann plötzlich in Luft auf, und genau dort, wo er zuletzt gestanden hatte, befand sich ein kleines Mädchen mit einem Spielrad. Es mochte um die sieben Jahre alt sein, hatte goldene Locken und trug ein niedliches rotes Kleidchen mit einer großen Schlaufe auf dem Rücken. Wie zufällig sah es in die Richtung der Jugendlichen, schenkte ihnen ein verspieltes Lächeln, und dann hüpfte es mit seinem Spielrad an den Brotverteilern vorbei und verschwand in der Menge.
10
«Ey, krass, Mann, voll abgefahren», stellte Joash beeindruckt fest und starrte noch immer Richtung Marktplatz.
Ephrion nickte nur stumm, da es ihm vor Verblüffung die Sprache verschlagen hatte – und das kam nur sehr selten vor.
Aliyah kniete neben ihrem Wolf nieder und hielt seinen Kopf zwischen ihren Händen fest.
«Du kennst wirklich den Weg zu den Ewigen Sümpfen, Nayati?»
Der Wolf nickte. Miro blickte abfällig zu ihm hinunter. «Das kann gar nicht sein. Nicht einmal ich weiß den Weg dorthin.»
Ein streunender Hund trottete an ihnen vorbei, und Nayati wandte sich ab und schnüffelte interessiert an dessen Hinterteil.
«Na bitte», sagte Miro und
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