Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
ausdrücklich gesagt, Ihr solltet Euch von Isabella fernhalten? Warum habt Ihr sein Vertrauen missbraucht und seid trotzdem hingegangen?»
Drakar sah Katara mit stechenden Augen an. Das Mädchen wich seinem Blick aus und fixierte einen Fleck auf dem Boden. Miro, Ephrion und Aliyah standen neben Katara und fühlten sich elend.
Ephrion schwieg. Sein Herz hämmerte wie wild. Er konnte seine Augen nicht vom König abwenden, der jetzt mit vorgehaltener Hand ein paar Worte in Gorans Ohr raunte. Der schwarze Ritter nickte dabei mehrmals. Aliyah berührte Kataras Schulter von hinten und wisperte ihr zu:
«Du kennst die Wahrheit. Sei stark, Katara.»
Katara rührte sich nicht von der Stelle. Ihr ganzer Körper vibrierte vor Anspannung. Sie grub ihre Fingernägel in ihre Handballen und beobachtete, wie ihr Vater ihr immer wieder einen flüchtigen Blick zuwarf, während Drakar murmelnd auf ihn einredete. Schließlich blieb Goran in aufrechter Haltung neben dem Kamin stehen, die Hand griffbereit an sein Schwert gelegt, und schwieg.
Drakar ließ seine Finger knacken und musterte die Teenager in ihren Eolithenkutten eingehend. Gemächlich schritt er vor ihnen auf und ab. Er ließ sich Zeit. Er genoss es, seine Gefangenen in dieser zermürbenden Ungewissheit zu lassen, was mit ihnen geschehen würde. Wie eine Würgeschlange sich um ihre Beute wickelt und ihr langsam die Luft abschnürt, so erstickte Drakar die Seelen der vier Jugendlichen allein mit seinen kleinen Augen. Die Luft war so dick, man hätte sie schneiden können.
«Meine liebe Katara», hob Drakar an, und sein linker Mundwinkel zog sich dabei zu einem seltsamen Lächeln hoch. «Die Hexe hat Euch eine Falle gestellt. Und Ihr seid blindlings hineingetappt. Die Tochter meines ersten schwarzen Ritters ist einer Hexe auf den Leim gegangen. So schnell hat sie Euch den Kopf verdreht. Innerhalb nur eines Tages habt Ihr alles vergessen, was Euch auf meiner Burg beigebracht wurde. Ist Euch eigentlich klar, was Euer Auftauchen in meiner geheimen Kammer bedeutet? Es bedeutet, Ihr habt Euch mit ihnen verbündet! Mit den Hexen ! Unseren ärgsten Feinden!»
Seine Stimme klang hart und wehmütig zugleich. Miro, Ephrion und Aliyah hörten der Unterhaltung schweigend zu und wagten kaum zu atmen.
«Sie sagte … sie wäre eine Prophetin», gab Katara leise von sich.
«Prophetin?!» Drakars Augen verengten sich zu zwei schmalen Schlitzen. «Eine Hexe ist sie! Eine Hexe, die auf den Scheiterhaufen gehört! Mein Vater hat sein Leben geopfert, um Dark City gegen diese Hexenbrut zu verteidigen!» Der König deutete auf das über dem Kamin hängende Bildnis seines Vaters. «Und auch ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um diese erbärmlichen Kreaturen ein für alle Mal auszurotten. Ich werde sie jagen und öffentlich hinrichten lassen, bis keiner von diesen Verrätern mehr übrig ist!» Er redete sich in Fahrt, und seine Schritte wurden schneller. Er unterstrich seine Aussagen mit leidenschaftlichen Gebärden und Handbewegungen.
« Sie haben Dark City ins Unglück gestürzt. Sie sind der Grund, warum der Nebel gekommen ist. Sie sind schuld an der Dunkelheit, an der Verzweiflung der Menschen! Hätte mein Vater nicht Veolicht erfunden, wir wären nicht mehr hier. Aber mein Vater sah das Leiden der Menschen und hat ihnen gegeben, was sie zum Leben brauchen: Licht.» Er wirbelte herum und blieb unmittelbar vor Katara stehen. Er berührte sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen.
«Habt Ihr wirklich vergessen, was mein Vater für Dark City getan hat? Habt Ihr wirklich vergessen, Katara, dass jeder Bürger von Dark City meinem Vater sein Leben verdankt?»
«Natürlich nicht, Eure Hoheit», murmelte Katara.
Der König ließ ihr Kinn los und begab sich zum Schreibtisch. Er machte es sich in dem Drehsessel bequem und faltete die Hände über der Brust zusammen. Goran stand stramm wie ein Soldat neben dem Kamin, und Kataras Herz wurde je länger je schwerer. Sie hielt die Spannung kaum noch aus. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Drakar wandte sich ihr jetzt erneut zu und lächelte sie sanft an.
«Ich war sechs Jahre alt, als Ihr zur Welt kamt», sagte er mit unerwartet warmer Stimme. «Ich war dabei, als Ihr Eure ersten tollpatschigen Schritte gemacht habt. Ich war dabei, als Ihr zum ersten Mal auf dem Rücken eines Pferdes gesessen habt. Ihr seid in meiner Burg aufgewachsen, Katara. Ihr gehört zur Familie. Ihr habt an meiner Tafel
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