Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
auch großartig? Ich meine, jeder sollte einen Schmetterlingsheiler mit dabeihaben. Für alle Fälle. Man weiß ja nie, was einem unterwegs so alles zustoßen kann.»
Aliyah legte ihre Hand auf Ephrions Arm. «Das Mütterchen wusste haargenau, wie wertvoll du für diese Mission bist, sonst hätte sie dich nicht holen lassen», sagte sie mit ihrem sanften Stimmchen.
Ephrion zog seufzend den Mund schief. «Du brauchst mich nicht zu verteidigen, Aliyah. Miro hat ja Recht.»
«Vielleicht geht es gar nicht darum, wie großartig deine Gabe ist», ergänzte Aliyah, «vielleicht ist es nur wichtig, dass du weißt, dass du eine Gabe hast.»
Ephrion schwieg betreten. Ich weiß nicht einmal, ob man das als Gabe bezeichnen kann, dachte er. Vielleicht ist alles nur ganz zufällig geschehen und hat überhaupt nichts mit mir zu tun .
Er erinnerte sich noch gut an den Tag zurück, als es zum ersten Mal geschah. Er war etwa sieben Jahre alt gewesen und hatte mit ein paar Freunden Verstecken gespielt. Auf der Suche nach einem Unterschlupf kauerte sich Ephrion hinter eine große Mülltonne. Und da sah er auf dem Boden einen Schmetterling, der verzweifelt versuchte davonzufliegen. Es war selten, dass ein Schmetterling sich nach Dark City verirrte. Denn in der Stadt gab es keine Blumen, jedenfalls hatte Ephrion noch nie welche gesehen. Und wo es keine Blumen gab, gab es auch keine Schmetterlinge.
Aber hier saß nun dieser wunderschöne farbige Schmetterling und konnte nicht mehr fliegen. Sein linker Flügel war gebrochen, und das arme Tierchen drehte sich nur flatternd im Kreis und kam nicht von der Stelle. Ephrion hob den Schmetterling vorsichtig vom Boden auf und legte ihn in seine rechte Hand. Dann schloss er die linke darum und kroch aus seinem Versteck hervor. Er wollte einen sicheren Ort finden, wo er das zarte Geschöpf absetzen konnte. Also lief er ein Stück die Straße hinauf und hielt Ausschau nach einem Plätzchen, das ihm geeignet schien für das verletzte Tier.
Und dann geschah etwas Eigenartiges. Ephrion spürte plötzlich, wie die hauchdünnen Flügelchen ganz wild gegen seine Finger schlugen. Vorsichtig öffnete er die Hand, und bevor er wusste, wie das möglich war, flatterte der Schmetterling in die Höhe. Sein linker Flügel war geheilt, und das schillernde Wunder tanzte leicht wie eine Feder durch die Luft und entschwand schließlich Ephrions Blickfeld.
Der Junge hatte keine Ahnung, was passiert war, doch der Schmetterling war geheilt. Und es blieb nicht bei dem einen Schmetterling. Ein paar Monate später fand Ephrion erneut einen verletzten Schmetterling. Diesmal lag er auf seinem Fenstersims, und er war schon so schwach, dass er nicht einmal mehr die Kraft hatte, seine Flügel zu gebrauchen. Wieder nahm Ephrion das Tierchen in seine warmen Hände, und wenige Sekunden später flatterte der Schmetterling voller Lebensfreude gen Himmel.
«Wir sollten weitergehen. Die Zeit läuft uns davon. Und bis zur Höhle sind es bestimmt nochmals zwei Stunden.» Es war Katara, die das sagte und Ephrion ziemlich abrupt aus seiner Gedankenwelt holte.
Sie brachen auf. Der Wolf jaulte freudig und trabte über die weite Ebene davon. Die Jugendlichen folgten ihm im Laufschritt.
35
Sie überquerten die Ebene schneller, als sie gedacht hatten. Aber dann sank ihnen der Mut. Die Felswand unterhalb der Grolchenhöhle, die aus der Ferne wie eine Hakennase ausgesehen hatte, glich aus der Nähe eher einem riesenartigen überhängenden Pilz. Die Jugendlichen betrachteten das bizarre Felsmassiv beunruhigt von unten.
«Da kommen wir nie hoch», murmelte Miro. «Für so was braucht man Kletterschuhe, Seil und Haken. Wir haben nicht mal etwas, aus dem man ein Seil improvisieren könnte.»
«Es muss einen Weg geben», sagte Katara. «Wartet hier. Ich bin gleich zurück.»
«Aber … Katara!»
Bevor jemand etwas einwenden konnte, sprang das Mädchen davon. Wenige Minuten später erschien sie wieder und berichtete den anderen von ihrem Plan.
«Wir können es schaffen. Es gibt eine Spalte, die sich keilförmig durch den gesamten Felsen zieht. Darin hängen kleinere Steinbrocken fest, die eine Art überdimensionale Treppe bilden. Ich glaube, es müsste uns gelingen, von einem Brocken zum nächsten zu kommen und schließlich auf das Felsplateau vor der Höhle. Es ist wenigstens einen Versuch wert.»
«Klingt vernünftig», beurteilte Miro ihre Erläuterung. «Und eine andere Wahl haben wir nicht, wenn ich das richtig sehe.»
«Nein,
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