dark destiny
verstand.
»Wenn man etwas wirklich will, muss man dafür oft einen hohen Preis zahlen. Kleider und Waffen bezahlt man mit Münzen. Mit demjenigen zusammen zu sein, den man liebt, bezahlt man mit begrabenen Träumen.«
»Bist du dir sicher?«
»Für den Moment, ja. Doch begrabene Träume sind ja nicht das Gleiche wie gestorbene Träume. Sie begleiten einen, still und leise, und sie bleiben für immer. Edison ist jung, hast du gesagt. Aber das ist er nicht ewig.«
30
es ist wichtig zu kämpfen,
aber der gegner muss der richtige sein.
Dass ich mich vorerst gegen das Schiff und das Meer entschieden hatte, weckte einen hitzigen Aktionismus in Neel. Es machte ihn glücklich, dass ich blieb, aber in erster Linie hektisch. Nun musste sich einiges ändern, damit wir auch weiterhin in Ruhe leben konnten. Wir durften uns nicht darauf verlassen, dass es weiterhin so leicht blieb wie bisher. Nun, da der Winter vorbei war und alle weniger existenziellen Ängste ausstanden, fiel die Anomalie, die wir darstellten, stärker ins Auge.
In seinen Arbeitspausen lief Neel die Randbezirke der Stadt ab und suchte dort nach einer neuen Wohnung für uns. Es war nicht so, dass wir mehr Platz brauchten. Ich mochte sein kleines Zimmer allein wegen des Umstands, dass es fließendes Wasser gab - das war praktisch. Und seine schmale Pritsche war ein guter Grund, mich jede Nacht so eng an ihn zu schmiegen, dass man am Morgen das Muster seiner Narben auf meiner Haut erkennen konnte. Ich schlief besser, wenn ich spürte, wie er atmete. So wusste ich auch im tiefsten Traum noch, dass er da war.
Platz fand sich mehr als ausreichend. Was wir dagegen dringend brauchten, war ein sicherer Platz. Darum suchte Neel ein Haus am Stadtrand, wo es nicht so viele Nachbarn gab, die uns gefährlich werden konnten. Wie begründet seine Sorgen waren, stellte ich beinahe täglich fest. Bissige Kommentare und böse Blicke verfolgten mich. Das Schlimme war, dass ich es ihnen nicht einmal übel nehmen konnte. Wie sollte eine Mutter meine Art zu leben verstehen, wenn ihre Töchter von den Percents versklavt wurden?
Zu ernsthaften Übergriffen kam es nur ein einziges Mal. Es waren zwei junge Frauen, etwa in meinem Alter, die vermutlich meine Freundinnen hätten werden können, wenn ich ihnen eine Lüge über Neel erzählt hätte. Doch sie hatten beobachtet, wie wir uns küssten, und als sie mich fragten, ob er mich dazu zwang, stritt ich das entschieden ab. Es war mir wichtig, ihnen zu zeigen, dass es auch anders ging. Ohne Hass, Zwang und Gewalt. Dafür schlugen sie mich - sie holten einfach aus und klatschten mir ihre Handflächen ins Gesicht. »Percent-Hure!«, riefen sie dazu.
Das Resultat war ein gebrochener Arm und eine blutende Nase bei meinen Angreiferinnen. Ich hatte das nicht gewollt, aber sie besaßen keinerlei Kampferfahrung und stellten sich beim Fallen schrecklich ungeschickt an. Fortan ließen sie mich in Ruhe, aber ich fürchtete, dass sie hinter meinem Rücken die Stimmung gegen mich aufheizten und beim nächsten Mal nicht mehr nur zu zweit auftauchen würden.
Noch problematischer waren die Percents, die meinen Namen und die Geschichten über mich kannten. Es gingen die wildesten Gerüchte um, wie hinterhältig ich im Chivvy junge Percents getötet hatte. In ihren Augen war ich im höchsten Maße vernichtens-wert.
Die Gerüchte, über die Neel und ich spekulierten, waren die, die man über die Rebellen hörte. Man munkelte, sie würden sich zusammenrotten und um die Stadt herumschleichen. Von offizieller Stelle, der Triade, kam nichts, weder Bestätigung noch Entwarnung. Ich war mir unschlüssig, was das zu bedeuten hatte.
Ich ging einige Male zu meinem Vater, kochte Essen, räumte auf, schnitt ihm die Haare, putzte oder wusch die Wäsche in einem Bottich hinter dem Haus. Wann immer ich das Geld ausgab, für das Neel geschuftet hatte, fühlte ich mich schrecklich. Ich reagierte gereizt, wenn Neel wiederholt betonte, dass es okay sei. Für mich war es das nicht, ich hasste es, abhängig zu sein, und das ein oder andere Mal stritten wir, bloß weil mein Frust, keine Arbeit zu finden, mich zu patzigen Antworten verleitete.
• • •
An einem Tag kam ich schon in den Morgenstunden zu Vaters Haus. Die Sonne schien und ein frischer Wind blies salzige Meeresluft über das Land, wie um mir einen spöttischen Gruß zu schicken. Ich wollte das Wetter nutzen, um Bettwäsche zu waschen.
Ich schrubbte das Laken, leise vor mich hin schimpfend (dass
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