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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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hingehen?
    Natürlich war er da. Er lag in seinem Bett, das Kinn vom Speichel ganz nass. Das Kissen und die Decke waren verschmiert, er hatte sich erbrochen. Ich fluchte leise und rüttelte ihn an der Schulter. Er öffnete die Augen und sah mich mit milchigem Blick an. Nahm er mich überhaupt wahr?
    »Robin?«, versuchte ich es leise. »Vater? Ich bin es, Joy. Hörst du mich?«
    Er stöhnte und stammelte ein paar Namen, die ich allesamt nicht kannte.
    Immer wieder wiederholte ich: »Nein, ich bin Joy!«, aber er war entschieden anderer Meinung. Irgendwann gab ich auf, ihn überzeugen zu wollen, und machte mich daran, sein Gesicht und sein Nachthemd zu säubern. Dafür war keine Zeit, so viel war klar. Aber ich blendete solche Faktoren wie die Zeit kurzerhand aus. Ich wollte ohnehin hier auf Neel warten, also konnte ich mich derweil nützlich machen und mich so von der quälenden Frage ablenken, warum er so lange brauchte.
    Mein Vater hatte einen seiner schlechten Tage und ich wurde mir langsam der Ausweglosigkeit meines Plans bewusst.
    Wie sollte ich einen großen, schweren Mann, der nicht einmal in der Lage war, seinen Kopf zu heben, sodass ich sein Kissen auswechseln konnte, von hier wegschaffen? Wohin wollte ich ihn bringen? In die Wildnis, damit er dort starb? Ich erinnerte mich an meinen Streit mit Neel. Er war der Meinung, mein Vater wollte nicht draußen in Freiheit sterben, sondern hier in seiner Kate.
    Unter Robins faltigem Hintern lag ein mit Stroh gefülltes Kissen, um all das aufzusaugen, was er nicht mehr halten konnte. Der Waschwassereimer war voll, aber ich hatte keine Seife bei mir, was die Arbeit mühevoll machte. Wie hätte ich ahnen sollen, das ich im Krieg Seife brauchen würde? Doch es gab Dinge, die machten sich nichts daraus, dass Krieg war. Die blieben einfach wie immer.
    Bei jedem lauten Geräusch zuckte Robin zusammen und ich hielt inne, um ihm zu sagen, dass alles gut werden würde. Und daran erkannte ich es nun sehr genau: Die Schüsse und die Rufe wurden mehr. Sie kamen näher. Ich sagte immer häufiger: »Es wird schon alles gut werden.«
    Während es außerhalb der Hütte immer chaotischer zuzugehen schien, verdichtete sich in mir eine stille Ruhe. Es war, als beträfe mich all das, was da draußen vor sich ging, nicht länger. Ich hatte eine Aufgabe zu erledigen: Ich musste mich von Robin verabschieden, denn eine weitere Möglichkeit würde ich nicht bekommen. Mein Verstand verwischte alles, was hinter den Fenstern geschah, zu einem Szenario, das erschreckend war, mich aber nicht betraf.
    Ich riss die Tücher von den Fenstern und warf sie in den Kamin. Im Norden war der Himmel schwarz, als hätten sie so viel Kohlenstaub in Dark Canopy gefüllt, dass die Wolkenschicht auf uns niederkrachen und uns alle zerquetschen würde. Als käme die Nacht, dabei war nicht einmal Mittag. Aber es war weder Dark Canopy noch die Nacht. Es waren die Rebellen und ich nahm diese Tatsache mit einer Sachlichkeit wahr, die mich hätte erschrecken müssen.
    Ich sah aus dem anderen Fenster. In der Richtung lag die Stadt. Dünne Rauchsäulen kräuselten sich gen Himmel.
    Alex ... niemand würde Alex helfen. Neel war sicher noch mit Edison beschäftigt, und dass Graves die Möglichkeit hatte, unserer blinden Freundin zu Hilfe zu eilen, war unwahrscheinlich. Man würde die Männer an die Waffen zwingen, um die Rebellen zurückzuschlagen.
    Ich war fertig mit allem, was getan werden musste, und dachte nun immer intensiver an Alex und ihre Angst vor dem Feuer, aber ich konnte doch unmöglich einfach verschwinden und Robin alleinlassen. Ich tigerte von seinem Bett zu den Fenstern, sah hinaus, lauschte in die diffuse Stille. Es war, als zöge ein Sturm auf. Alles brachte sich in Sicherheit, verkroch sich oder lauerte in dunklen Verstecken, und die Welt wurde ganz ruhig und leise, und nichts schien sich zu bewegen. Nichts, außer den Wolken am Himmel.
    Jederzeit konnten die Percents zurückschlagen. Vielleicht formierten sie sich gerade, um die Stadt zu verteidigen. Dann gäbe es keinen Krieg, dann bliebe alles wie immer.
    Ich versuchte mir einzureden, dass ich auf Neel wartete, aber das glaubte ich mir selbst nicht. Robin hatte mich als Kind alleingelassen. Und das nahm ich ihm so übel, dass ich es ihm nie nachtun würde. Ich blieb. Und wenn ich nur blieb, um ihm zu beweisen, dass ich es besser machte.
    »Laurencio hat uns davon erzählt«, sagte ich zu meinem Vater, kniete mich neben das Bett auf den fleckigen

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