dark destiny
Gilde der Wölfe.«
»Friedenskämpfer«, ergänzte Jesko.
Joy wirkte irritiert. »Dann kämpft ihr? Oder gibt es Frieden?« Neel streichelte beruhigend mit seinem Daumen ihre Hand.
»Die Kämpfe sind vorbei«, erläuterte Jesko. »Schon lange, Gott sei es gedankt. Wenn ich euch bitten darf, dann folgt mir in mein Haus. Ich habe genug Platz, um euch vorläufig unterzubringen. Wir werden Zeit haben, euch alles zu erklären.«
»Es kamen schon vor uns Flüchtlinge, habe ich recht?«, meldete Graves sich zum ersten Mal zu Wort.
»Es kamen viele«, antwortete Jesko, »doch nicht alle in friedlicher Absicht. Ihr habt hoffentlich Verständnis, dass nicht alle Menschen hier Flüchtlingen gegenüber so offen sind wie Yonn.«
Neel erkundigte sich, was das bedeutete, doch entweder verstanden Jesko und Mellenie ihn nicht richtig oder sie wollten ihn nicht verstehen. Sie wimmelten seine Frage ab und vertrösteten ihn auf später.
»Viele Percents oder Menschen kamen«, erzählte Mellenie. »Aber nie gemeinsam. Und einige begannen sofort, unsere Häuser anzugreifen und die Küstenbewohner zu bestehlen.«
»Dass ihr in friedlicher Absicht kommt, Menschen und Percents in einem Boot«, rief Jesko beinahe euphorisch, »ist einfach großartig! Es ist ein Zeichen. Ein gutes Zeichen für unsere Bewegung.«
Neel stand auf. Erst jetzt hatte er die Karte entdeckt, die zwischen etlichen Bildern und Uhren, die ihre Zeiger in trägen Schritten über das Ziffernblatt trieben, an der Wand hing. »Wo sind wir?«
Jesko trat so dicht neben ihn, dass sich in der Enge des Raumes ihre Schultern berührten. Er tippte auf einen Punkt, der nicht an der Küste lag, sondern mitten im Land. »Die Karte ist alt. Damals war Europa noch größer und bestand aus vielen Nationen, aber das Meer wuchs an und holte sich einen breiten Streifen Land und nukleare Verseuchung machte große Bereiche vollkommen unbewohnbar. Als der Krieg hier sein Ende fand, verbanden sich die übrig gebliebenen Länder zu dem, was wir heute Vereinigtes Freies Europa nennen.«
»Dann spricht man hier also ...?«
»Europäisch«, sagte Jesko und Yonn nickte, offenbar war es eines der Worte, das auch er verstand.
»Welches Jahr schreiben wir?«
Jesko runzelte die Stirn. »Richtig, die Schatteninseln begannen mit einer neuen Zeitzählung, als sie von den Percents eingenommen wurden. Wir haben April 2059.«
»Willkommen in der Zukunft«, meinte Neel und widmete sich wieder der Karte. Der Abstand zwischen Europa und seiner Heimat schien winzig. »Eure Leute waren schon dort, nicht wahr?«
»Viele«, antwortete Jesko und seine Miene wurde dunkel. »Viele von uns lernen zu diesem Zweck eure Sprache. Aber euer Land will sich dem Frieden nicht unterwerfen. Wir haben immer wieder Boten geschickt. Aber sie kamen nicht zurück.«
Das konnten sie auch kaum, dachte Neel. Die Triade hat sie ermorden lassen.
»Und das habt ihr einfach hingenommen?« Schwang da Skepsis in Joys Stimme mit?
Mellenie trat einen Schritt auf sie zu. »Wir wollen Frieden, um jeden Preis. Wir zwingen niemanden dazu, das widerspricht dem Gedanken der freien Entscheidung.«
»Es ist die Triade«, sagte Graves, seine Stimme klang erbost und entschuldigend zugleich. »Das Volk will Frieden, bestimmt. Aber die Präsidenten, die wollen ihn nicht. Vermutlich kostet Frieden den Preis der Macht. Ist es nicht so?«
Der kurze Blick, den Mellenie und Jesko sich zuwarfen, gefiel Neel nicht.
»Es ist schon spät«, meinte Jesko. »Als Küstenspäher muss Yonn morgen früh aufstehen. Ihr könnt uns gerne all eure Fragen stellen, wenn ihr uns begleiten und für ein paar Tage unsere Gäste sein wollt. Wir lehren euch auch die Regeln, nach denen wir leben.«
»Regeln?«, fragte Josh. »Was sind das für Regeln?«
Mellenie lächelte. »Nur ein paar Kleinigkeiten, um den Frieden sicherzustellen. Dich werden sie kaum einschränken.«
Jesko erklärte: »Ihr dürft auf den Straßen keine Waffen tragen, das ist registrierten und ausgewiesenen Patrouillen vorbehalten. Weiterhin müssen bloß die Percents unter euch ein paar Rücksichtsmaßnahmen akzeptieren.«
Graves und Neel sahen sich fragend an.
»Nichts Dramatisches«, beschwichtigte Mellenie. »Es geht darum, Rücksicht zu nehmen auf die Menschen, die den Krieg als Zivilisten miterleben mussten. Da Percents die Sonne ohnehin nicht ertragen, gibt es ein Abkommen: Sie bleiben zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in ihren Häusern. So haben die traumatisierten
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