Dark Future: Herz aus Eis
Eine ganze Weile verhakten sich ihre Blicke ineinander, und ihr wurde trotz der eisigen Kälte warm ums Herz.
Zu ihrer grenzenlosen Überraschung rüstete Wizard ihren Truck wie versprochen um, und sie rasten schon kurze Zeit später in Richtung I-Pole, angetrieben von Wasserstoff, der aus Wasser gewonnen wurde. Raina warf Wizard einen Blick zu und war noch immer erstaunt, dass er es tatsächlich geschafft hatte.
Die langen Beine ausgestreckt, saß er ruhig und entspannt auf dem Beifahrersitz und schlief. Vermutlich. Sie hatte das Gefühl, dass sie bei Wizard besser nicht dem ersten Eindruck vertrauen sollte.
Während sie über das Zusammentreffen mit Ben und seiner Bande nachdachte, versuchte Raina, Wizard zu verstehen. Er hatte einen Haufen Geld verloren und keine Miene verzogen. Dann war er scheinbar ungerührt geblieben, als sein Truck in die Luft geflogen war – sein umwerfender, teurer, perfekt gepflegter Sattelzug. Sie fragte sich, was es mit ihm auf sich hatte.
Warum scheint es dir nichts auszumachen, dass du einen unglaublich wertvollen Truck verloren hast, ganz zu schweigen von den dreitausend Interdollar, die du an die Waisenkinder abgeben musstest?
Sie bezweifelte, dass er ihr eine Antwort auf diese Frage geben würde, also stellte sie eine andere. »Wie sehen deine Pläne aus, Wizard? Hast du jemanden, den du bitten kannst, deinen jämmerlichen Hintern hier abzuholen? Ich habe nämlich keine Lust, dich ewig in der Gegend herumzufahren.« Sie wagte es auch nicht, ihn länger durch die Gegend zu fahren. Er hatte etwas unerklärlich Verführerisches an sich, und sie wollte ihn nicht länger in ihrer Nähe haben als unbedingt nötig. Er tat ihrem Seelenfrieden nicht gut.
Seine Augen waren noch immer geschlossen, sein Atem ging gleichmäßig. Offenbar schlief er. Doch sie wusste, dass es nicht so war. Eine fast unmerkliche Spannung umspielte seine Mundwinkel, eine nervöse Aufmerksamkeit, die ihn erfüllte. Er war definitiv wach, aber er hatte sich entschlossen, sie das Gegenteil glauben zu machen.
»Du bist wach«, sagte sie rundheraus. Beinahe hätte sie die Hand ausgestreckt, um seinen Unterarm anzustoßen, doch der Gedanke, ihn zu berühren, verunsicherte sie. In erster Linie, weil sie ihn berühren
wollte,
weil sie seine festen Muskeln und die heiße Haut unter ihren Fingerspitzen fühlen wollte. Sie umklammerte das Lenkrad noch ein bisschen fester.
Wizard schlug die Augen auf, warf ihr einen scharfen, unergründlichen Blick zu und schloss sie wieder. Seine Armmuskeln beugten sich, als er sich das dichte, lange Haar aus dem Gesicht schob. Die Markasitperlen waren noch immer da. Das Licht fing sich in ihnen und zog ihren Blick auf sich, den sie über die lange Strähne gleiten ließ, die seine Wange küsste, seinen kräftigen Hals. Als ihr ihre Blicke bewusst wurden, jagten ihr spitze kleine Stiche bis ins Innerste.
Raina sah weg.
Großartig.
Sie war seit Jahren auf dem ICW unterwegs. Die winzige Kabine im hinteren Teil des Trucks war ihr einziges Zuhause gewesen, und noch nie hatte sie sich eingeengt oder bedrängt gefühlt. Aber in diesem Moment, in dem Wizard auf dem Sitz neben ihr saß, war der Truck mit einem Mal auf die Größe eines Stecknadelkopfes zusammengeschrumpft.
Nicht, weil Wizard ein weit über eins achtzig großer, breitschultriger, muskulöser Mann war, der sich ganz einfach nehmen konnte, was er wollte. Sie konnte jedes amouröse Angebot jederzeit ablehnen. Gestern Nacht hatte er das deutlich gemacht. Im Übrigen vertraute sie ihren Selbstverteidigungsfähigkeiten. Ein strategisch plaziertes Knie konnte Wunder wirken, wenn man die leidenschaftlichen Absichten eines Mannes bremsen wollte.
Nein. Was ihren Truck mit einem Mal so winzig erscheinen ließ, war die Tatsache, dass er an diesem Morgen, als die
Janson
-Trucks aufgetaucht waren, hinter ihr gestanden hatte, dass er seinen kraftvollen, halbnackten Körper an sie gepresst und dass sie ihn nicht aus Protest niedergeschlagen hatte. Weil sie es nicht gewollt hatte. Was zum Teufel war nur los mit ihr, dass sie zuließ, dass dieser nutzlose Gun Trucker ihr so unter die Haut ging?
Raina atmete aus und sagte knapp: »Eine Antwort wäre nett. Was hast du jetzt vor?«
»Ich habe im Ödland Geschäfte zu erledigen.« Seine Stimme klang besonnen. »Allerdings würde ich lieber niemandem Bescheid geben. Ich will meine Anwesenheit hier nicht unbedingt so laut verkünden.«
Sie konnte das prustende Lachen nicht unterdrücken, das
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