Dark Future: Herz aus Eis
Bildschirms stand ein schmaler Tisch. Raina blieb stehen. Überrascht ließ sie ihren Blick zu der Ecke des Tisches wandern, wo eine große Pflanze mit üppigen grünen Blättern und zarten Blüten an dünnen Stengeln unter einem aufgehängten Lumi-Licht stand. Der feine Duft der Blüten wehte durch die Luft und reizte ihre Sinne.
»Setzt euch.« Halb Einladung, halb Befehl. Juan deutete mit einer Hand auf die Stühle.
Wizard ging zu einem Stuhl in der Nähe der Tür und drehte ihn so weit, dass er mit dem Rücken zur Wand saß. Raina, die bei sich dachte, dass sie sich für denselben Stuhl entschieden hätte, wenn sie zuerst dort gewesen wäre, nahm auf dem Stuhl zu seiner Linken Platz. Sie nahm eine Energie, eine unterschwellige Anspannung an ihm wahr, die sie beunruhigte. Er schien auf irgendetwas zu warten.
Raina versuchte, bewusst locker zu wirken, während sie die anderen Leute beobachtete, die schweigend zu ihren Plätzen gingen. Der Anführer, Juan, setzte sich ihnen gegenüber an den Tisch. Zwei Männer stießen zu ihm und setzten sich zu seiner Linken und zu seiner Rechten hin. Beide waren groß und schlank. Einer hatte lange weiße Haare, die er mit einem Lederband zurückgebunden hatte, so dass sie ihm als dicker Zopf bis fast zur Taille hingen. Seine Augen waren braun und wachsam, und sein Gesicht war durchzogen von Falten, die von seinem Alter und seiner Weisheit zeugten. Der zweite Mann war eine jüngere, breitschultrigere Version des ersten. Hübsch und abweisend. Sein Gesicht war gezeichnet von einer zackigen Narbe, die sich über seine Wange zog.
Ihr Blick ging zu drei Frauen, die ebenfalls ihre Plätze am Tisch einnahmen. Raina war überrascht. Das Neue Kommando ließ keine Frauen in Machtpositionen zu. Anscheinend hatten die Rebellen andere Vorstellungen.
»Commander Yuriko«, sagte Juan laut. Seine dröhnende Stimme hallte von den Wänden des Raumes wider, als er seinen Kopf in Richtung der Frau zu Rainas Linken verneigte. Sie war groß und athletisch. Wie ihre Mitstreiter trug sie Stofffetzen. Ihre struppigen dunklen Haare waren zu einem Bob geschnitten und reichten ihr bis zu den Schultern. Aber trotz ihres zerzausten Äußeren strahlte sie etwas Majestätisches aus. Die anderen betrachteten sie mit unverhohlenem Respekt.
Tja, verflucht, dachte Raina. Was Juans Position anging, hatte sie sich offenbar geirrt. Diese Rebellen billigten Frauen in Machtpositionen nicht einfach nur. Eine Frau war ihre
Anführerin.
Die Kommandeurin ließ ihren kühlen, abschätzenden Blick über die Anwesenden am Tisch gleiten. Ihre grauen Augen blieben einen Moment an Raina hängen, ehe sie zu Wizard weitergingen. Sie beugte sich vor, trommelte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte – eine Geste, die im Widerspruch zu der ruhigen Sicherheit stand, die sie verkörperte. Raina hatte das Gefühl, ein Déjà-vu zu haben, als sie diese kleine Geste beobachtete, doch sie wusste nicht, wo sie dieses ungeduldige Klopfen schon einmal gesehen hatte.
»Hast du uns ein weiteres hungriges Mäulchen mitgebracht, das es zu stopfen gilt? Einen zusätzlichen Körper, der beschützt werden muss? Ich kann nur hoffen, dass die Informationen, die du bieten kannst, uns für diese Unannehmlichkeiten entschädigen.« Die Kommandeurin sprach zu Wizard, das Kinn stolz nach vorn gereckt, der Tonfall frostig. Und dennoch nahm Raina einen schwachen Unterton wahr, als wäre Commander Yuriko insgeheim froh über einige Wendungen der Ereignisse.
Raina machte den Mund auf und wollte klarstellen, dass diese Gruppe von zerlumpten Rebellen sie nicht füttern oder beschützen oder ihr Unterschlupf gewähren musste, auch wenn die Anführerin das zu glauben schien. Sie war eigenständig, und was auch immer diese Menschen für armselige Vorräte hatten, sie konnte sich dank ihres gut ausgestatteten Trucks mindestens mit ihnen messen.
Wizard legte seine Hand leicht auf ihren Oberschenkel, ehe er sie wieder zurückzog. Eine Warnung. Oder vielleicht eine Bitte, dass sie den Mund halten möge. Die Berührung überraschte sie genauso wie die Tatsache, dass er ihren Wunsch gespürt hatte, der Frau zu widersprechen. Mit finsterem Blick richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf seine Antwort und entschloss sich, für den Moment zu schweigen und ab jetzt vorsichtig vorzugehen. Schließlich hatte es keinen Sinn, die Leute zu verärgern, mit denen sie bald über ihre Ladung verhandeln würde.
»Es findet ein Rennen zur Station in Gladow statt. Der Erste,
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