Dark Future: Herz aus Eis
sie
war
seine Beute, das beste Mittel, um das gewünschte Ziel zu erreichen.
Es hätte nie so weit kommen dürfen, dass Raina eine solche Anziehungskraft auf ihn ausübte. Ein Kuss und er war bereit gewesen, sich auf sie zu legen und sie gleich im Schnee zu nehmen. Mehr als bereit. Doch das Schlimmste war, dass er gespürt hatte, dass auch sie von einer Welle der Lust überrollt und von dem Strom des Verlangens mitgerissen worden war, der sie beide umspülte.
Er hätte es ausnutzen können, wenn es nötig gewesen wäre, hätte die Begierde ausnutzen können, die er in ihren Augen gelesen hatte, um sein Ziel zu erreichen. Aber es war nicht nötig gewesen. Am Ende war Raina ihrem Instinkt gefolgt und war nun genau dort, wo er sie haben wollte – hier im Ödland, umgeben von Yurikos Rebellen.
Raina war der Köder. Wizard war die Falle.
Der Plan hatte sich perfekt angehört, ehe er sie kennengelernt hatte, ehe er auf ihrem Boden geschlafen und ihrem Atmen gelauscht hatte, ihren Duft eingesogen hatte. Bevor er sie geküsst hatte, und bevor sie ihn geküsst hatte.
Verlangen. Sich etwas sehr stark zu wünschen. So, wie er Raina wollte. Der starke Wunsch, mit jemandem zu schlafen. Er wollte mehr, als nur mit ihr zu schlafen. Ein beunruhigender Gedanke, doch eine notwendige Wahrheit. Er konnte nicht gegen etwas ankämpfen, das er sich nicht eingestand.
Verlangen. Er konnte ein halbes Dutzend Definitionen des Begriffs nennen, aber keine war ausreichend. Diese Definitionen waren zu schwach, um das zu beschreiben, was er für Raina empfand.
Doch wenn es kein Verlangen war, was war es dann?
Wizard schüttelte den Kopf und lenkte den Scooter in südliche Richtung. In der Ferne konnte er die Umrisse von
Bob’s Truck Stop
ausmachen. Nur noch ein paar Minuten, dann würde er etwas so Untypisches tun, dass er es sich selbst nicht erklären konnte. Diese zerlumpten Kids waren ihm noch sehr lange im Gedächtnis geblieben, nachdem er sie mit einer Handvoll Interdollar in ihren Fäusten hier zurückgelassen hatte.
Er war fest entschlossen gewesen, zu ihnen zurückzukehren und dafür zu sorgen, dass sie an einen sicheren Ort gebracht wurden.
Denn genau dasselbe hätte
sie
bei nächster Gelegenheit getan. Sie wäre zurückgekehrt, um sie zu retten.
Raina Bowen. Sie hatte seinen Verstand durcheinandergewirbelt.
Weniger als vierundzwanzig Stunden zuvor war er in Blut gebadet gewesen und hatte Eispiraten getötet, ehe sie die Flüchtlinge umbringen konnten, die er und Trey zufällig getroffen hatten. Zu töten war etwas, das er kannte, das er verstand.
Er war ein Auftragsmörder. Er
nahm
Leben.
Er rettete es nicht.
Also, wieso rettete er einen Haufen hungriger Waisenkinder?
»Was zur Hölle mache ich hier?«, flüsterte er. Und dann etwas lauter: »Was,
verflucht noch mal,
mache ich hier?«
Ein kleiner untersetzter Mann mit schütterem braunem Haar stand nahe der Tür von Duncan Banes Büro in Port Uranium. Er hielt gebührenden Abstand. Sein Blick huschte nervös durch den Raum, blieb für Sekunden an einem Regal und dann am Schreibtisch hängen, bis er ihn schließlich starr auf den Boden richtete.
»Die erste Lieferung ist angekommen, Mr. Bane. Taggart Rales. Ein
Janson
-Fahrer«, sagte er.
Duncan Bane nahm einen Schluck von seinem schwarzen Tee. Er genoss den Geschmack, als er sich ihn über die Zunge rollen ließ. Es war der perfekte Abschluss seines Frühstücks. Eine Frau, üppig und ziemlich hübsch, eilte herbei, um seinen benutzten Teller wegzuräumen. Er hatte ihren Namen vergessen, oder vielleicht hatte er sich auch nie die Mühe gemacht, sie danach zu fragen. Ihre rechte Wange war rot und geschwollen, ein Beweis dafür, dass sie am Morgen zuvor ihren Pflichten zu langsam nachgekommen war.
Schweigende, massige Wachposten standen an der Doppeltür, die in sein Allerheiligstes führte. Sie waren zur Seite getreten, um seinen Untergebenen hereinzulassen, und nun standen sie wie zwei Eisstatuen da, bereit, sofort ihr Leben für Bane zu geben. Erstaunlich, wie viel Macht man hatte, wenn man die Frauen und Kinder in den endlosen Tunneln, die sich durch die Eingeweide der Erde schlängelten, als Geiseln hielt.
Er stellte seine Teetasse behutsam zurück auf den zarten Unterteller und sah den Mann an, der vor ihm stand. Sein Hemd spannte über seinem Bauch, und jeder Atemzug stellte die Knöpfe auf eine neue Bewährungsprobe. Duncan machte sich nicht die Mühe, seine Abneigung zu verbergen.
»Der Erste, der die
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