Dark Heart: Zweiter Band
sie.
»Nicht ganz«, sagte ich. »Sie hat erwähnt, dass es im Urlaub zwischen dir und Kyle Stress gab, aber das war’s auch schon.«
Megan musste meine Lüge durchschaut haben, denn sie verzog traurig den Mund. »Es waren die schlimmsten sechs Wochen meines Lebens, das kannst du mir glauben! Ich habe dich und Mark vermisst.«
Überrascht hob ich die Augenbrauen.
Megan lachte traurig. »Wir hatten uns schon auf der Hinfahrt gestritten. Als wir ankamen, wurde es richtig schlimm.«
»Und was war der Grund?«, fragte ich.
Megan schwieg, als suchte sie nach den richtigen Worten. »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, ohne dass es ungerecht klingt. Kyle ist immer besitzergreifender geworden. Wenn du verstehst, was ich meine.«
»Er wird leicht eifersüchtig.« Die Erkenntnis war nicht neu.
»Oh ja«, sagte Megan. »Das kannst du laut sagen! Er wollte mir ständig vorschreiben, was ich zu tun oder zu lassen hatte. Ich konnte nichts allein machen. Immer klebte er an mir, weil er dachte, ich hätte was mit anderen Jungs. Am liebsten hätte er mich eingesperrt. Natürlich ist er nie ausgerastet, wenn Matthew und Rachel dabei waren, so gescheit war er.« Ihre Stimme wurde bitter. »Für die anderen sah es immer so aus, als müsste er unter meinen Launen leiden. Dabei war es genau umgekehrt. Er hat mir das Leben zur Hölle gemacht.«
Ich wollte etwas erwidern, als die Tür aufging und unser Lehrer M r Donovan den Raum betrat. Wie immer war er gut gekleidet, trug einen dunkelgrauen Anzug und eine schwarze schmale Krawatte zu einem weißen Hemd. Sein leicht gewelltes, schulterlanges Haar war zurückgekämmt; mit seinem Kinnbart sah er wie ein Nachfahre der drei Musketiere aus. Sofort erstarb jede Unterhaltung. Alle Blicke richteten sich auf ihn.
»Guten Morgen«, sagte er und legte eine dünne, abgegriffene Aktenmappe auf den Tisch. »Ich hoffe, Sie hatten schöne Ferien. Da ich nicht weiß, wie viel Lernstoff sie inzwischen erfolgreich vergessen haben, erlaube ich mir, heute einen Test durchzuführen. Dann wissen Sie, woran Sie noch verschärft arbeiten müssen. Das letzte Schuljahr hat begonnen und ich gehe davon aus, dass Sie alle einen hervorragenden Abschluss schaffen wollen, nicht wahr? Aber keine Sorge: Das Testergebnis hat keinen Einfluss auf ihre Endnote.«
Ein Stöhnen ging durch den Raum. Auch Megan neben mir verdrehte die Augen.
»Na super«, seufzte sie. »Die erste Stunde am ersten Tag des neuen Schuljahres und dann so was. Ehrlich, manchmal frage ich mich, warum ich überhaupt aufstehe.«
M r Donovans Test hatte es wirklich in sich. Auf einige Fragen wusste ich überhaupt keine Antwort. Als ich das Blatt schließlich halb ausgefüllt abgab, fragte ich mich, ob ich in den Ferien tatsächlich alles verlernt hatte. Den ratlosen Gesichtern im Klassenzimmer nach zu urteilen, ging es den anderen genauso.
In der Pause trafen wir uns wie verabredet mit Rachel und Matthew in der Cafeteria. Kyle und Megan waren auch dabei. Sie redeten zwar nicht miteinander, aber die Blicke, die sie einander zuwarfen, sprachen Bände. Wahrscheinlich wurden wir gleich Zeugen einer großen Versöhnung.
Kyle gab sich als Erster einen Ruck. »Es tut mir leid«, brummte er. »Ehrlich.«
Megan blieb stehen. Langsam drehte sie sich zu ihm um. Sie sah aus, als würde sie gerne einiges sage n – aber nicht vor Publikum. Sie packte ihn am Handgelenk und zog ihn in eine Ecke.
»Na, wenigstens sprechen die beiden wieder miteinander«, sagte Matthew erleichtert. Herzhaft biss er in ein Sandwich und schüttelte den Kopf, als wäre er der einzige erwachsene Mensch inmitten eines durchgeknallten Kindergartens.
Im Hintergrund redeten Kyle und Megan gestikulierend aufeinander ein. Ich befürchtete schon, dass die große Aussöhnung auf der Kippe stand, doch dann gab Kyle seiner Freundin einen Kuss. Erst schien sie überrascht, doch dann erwiderte sie ihn umso heftiger.
»Ach, schaut sie euch an«, sagte Rachel. »Versöhnung kann so schön sein!«
»Jaja«, sagte Matthew mit vollem Mund. »Wurde aber auch Zeit. Das konnte ja kein Mensch mehr mit ansehn.«
Rachel stieß ihren Freund in die Seite. »Du bist doch ein grober Klotz, Matthew Carlisle!«
Matthew grinste bloß, schluckte den Bissen hinunter und pfiff durch die Finger, um die beiden wieder herzuholen. »Macht mal voran!«
»Matthew! Sag mal, bist du noch bei Trost?«, fuhr ihn Rachel an. Mark rieb sich die Schläfen, als plagten ihn auf einmal heftige Kopfschmerzen. Und
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