Dark Heart: Zweiter Band
das Messer in seiner Hand. Trotz der Dunkelheit konnte ich die Blutflecken auf der Klinge erkennen.
Jack, bitte. Gib mir eine Antwort. Was war das?
Nicht was , antwortete er stumm. Sondern wer. Sein Name war Robert Carter. Bis gestern hat der Mann noch an der Tankstelle von Telegraph Creek gearbeitet. Dann ist ein Nachtgeschöpf über ihn hergefallen, hat sein Blut getrunken und ihn verwandelt. Jack wischte das Messer im Gras ab und steckte es zurück in den Gürtel. Dein Erscheinen war ein wenig unvermittelt. Er klang distanziert. Wo bist du gerade?
In meinem Zimmer.
Obwohl uns Hunderte von Kilometern trennten, waren wir uns in diesem Moment so nah, wie sich sonst keine zwei Menschen sein konnten. Ich holte tief Luft, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Und was tun wir jetzt?
Ich muss herausfinden, was in Telegraph Creek vor sich geht, bevor noch mehr Menschen verwandelt werden.
Das habe ich nicht gemeint. Mit einem Schlag war das Gefühl der Vertrautheit verflogen. Ein dumpfer Schmerz pochte in meinem Kopf und mir war leicht übel.
Ich weiß. Aber vielleicht sollten wir uns mit der Antwort auf diese Frage noch etwas Zeit lassen. Jack schien ungehalten, fast abweisend. Und das verletzte mich zutiefst.
Ich musste wieder an Mark denken und an das Versprechen, das ich ihm gegeben hatte: Ich bleibe bei dir. Ich werde dich nicht verlassen.
Nein, meine Liebe zu Jack hatte keine Zukunft. Aber konnte ich ihn deswegen vergessen, ihn aus meinem Leben streichen? War die Vernunft wirklich stärker als das Gefühl?
Nur eines noch: Wenn Charles Solomon tatsächlich noch lebt oder gar auf irgendeine Art von den Toten auferstanden ist, dann solltest du dir sehr genau überlegen, wem du traust.
Ohne meine Antwort abzuwarten, brach Jack die Verbindung zu mir ab.
Wie betäubt tauchte ich aus dem Schlaf auf, noch einige Atemzüge lang blieb ich mit geöffneten Augen liegen. Jacks plötzliche Geheimnistuerei machte mir Angst. Warum war er in den Norden gereist? Warum schwieg er über seinen wahren Auftrag?
Ich stand auf und schloss das Fenster. Offenbar hatte es in der Nacht geregnet, denn auf dem Parkett hatte sich eine Pfütze gebildet, die den Rand des Teppichs dunkel färbte. Mom und Dad hatten schon am frühen Morgen das Haus verlassen und das war gut so. Ich hatte keine Lust auf Gesellschaft, denn ich hatte wahnsinnige Kopfschmerzen.
Ich tappte ins Bad, um im Apothekenschrank nach einer Aspirintablette zu suchen, die Packung war jedoch leer. Stattdessen nahm ich ein Handtuch aus dem Regal, wischte den Boden in meinem Zimmer auf und warf es dann in den Korb mit der schmutzigen Wäsche. Vor der Schlafzimmertür meiner Eltern blieb ich stehen. Dad vertraute ebenso wenig wie ich irgendwelchen Zwiebelsäckchen und Senfsaataufgüssen, wenn sich eine Erkältung ankündigte. Vielleicht fand ich ja in seinem Nachttischschrank eine Kopfschmerztablette.
Ein wenig unbehaglich fühlte ich mich schon, als ich die oberste Schublade öffnete, immerhin wühlte ich in Dads persönlichen Dingen herum. In der untersten Schublade stieß ich zwar nicht auf Kopfschmerztabletten, dafür aber auf verschiedene braune Plastikdöschen, die laut Etikett alle aus dem General Hospital stammten und mit dem Namen meines Vaters beschriftet waren. Ich nahm die Döschen einzeln heraus und las die Namen der Arzneien: Simvastatin. Talinolol. Glyceroltrinitrat. All diese Begriffe sagten mir gar nichts. Ich stellte sie wieder zurück und nahm mir vor, sie am Nachmittag zu googeln. Jetzt hatte ich keine Zeit. Ich musste mich beeilen, sonst würde die Schule heute ohne mich beginnen.
Kaum ein Lehrer…
K aum ein Lehrer war mit so wenig Herz bei der Sache wie M r Donovan. Ich hatte das Gefühl, dass er seinen Beruf hasste und wir ihm eigentlich nur lästig waren. Die zwei Stunden, die wir dreimal in der Woche bei ihm absitzen mussten, waren nicht nur in meinen Augen vertane Zeit.
Doch an diesem Morgen hatten wir ganz andere Sorgen: Kyle war nach den Handgreiflichkeiten im Cellar nicht nach Hause gekommen. Erst am Morgen hatten seine Eltern gemerkt, dass sein Bett unberührt war. Nach einem kurzen Anruf bei Matthew, der ehrlich genug war, ihnen vom Besuch in dem verbotenen Club zu berichten, hatten sie eine Vermisstenanzeige bei der Polizei aufgegeben.
Daraufhin erschienen einige Beamte in der Schule und befragten uns. Glücklicherweise übernahm Matthew das Reden. So konnten Mark und ich uns im Hintergrund halten. Natürlich stand Megan im Zentrum
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