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Dark Heart: Zweiter Band

Dark Heart: Zweiter Band

Titel: Dark Heart: Zweiter Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Knightley
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dunstigen Nichts die gebeugte Gestalt einer alten Frau aufgetaucht. Ihre Kleidung war ärmlich und verblichen. Die grüne, fleckige Strickjacke passte nicht zu der rosa Bluse und dem braunen Kleid, das ihre krummen Beine zur Hälfte bedeckte. Ihre Füße steckten in schlammverkrusteten Hausschuhen, die irgendwann einmal hellblau gewesen sein mussten. In der Hand hielt sie einen Blindenstock. Diese Frau kam mir bekannt vor, aber ich wusste nicht mehr, woher. Nun wandte sie den Kopf in meine Richtung und verzog den zahnlosen Mund zu einem Lächeln.
    Ein lautes Klicken ließ Hank und mich zusammenfahren. Er wusste sofort, was los war, und hob vorsichtig die Hände.
    Eine Polizistin in dicker Winteruniform hatte ihr Gewehr auf uns gerichtet. »Los, junge Dame! Umdrehen!«, fuhr sie mich an. »Und hoch mit den Händen, damit ich sie sehen kann!«
    Ich gehorchte auf der Stelle und warf schnell einen Blick über die Schulter. Die alte Frau war verschwunden.
    Die Polizistin war in Begleitung zweier Männer. Ihre Kleider waren schmutzig und sie sahen übernächtigt aus. Routiniert durchsuchten sie uns nach Waffen. Bei Hank hatten sie natürlich Erfolg.
    »Jerome und Darleen Sykes«, verkündete der eine, nachdem er die Ausweise in meiner Tasche gefunden hatte. »Aus Vancouver.«
    Der andere nahm mir die Autoschlüssel ab und warf sie der Polizistin zu. Sie war eine Mittvierzigerin mit kurzen blonden Haaren, müden Augen und einer Stimme, die keine Zweifel aufkommen ließ, wer hier das Sagen hatte.
    »Also, Jerome und Darleen. Sie kommen jetzt mit uns auf die Polizeistation. Da werden wir uns ein wenig unterhalten.« Sie deutete mit dem Gewehrlauf ins neblige Nichts, wo man die Umrisse eines flachen Gebäudes erahnen konnte, und als wir uns nicht sofort in Bewegung setzten, gaben die Männer uns einen unsanften Stoß.
    Das Innere der Polizeistation sah aus wie eine improvisierte Notunterkunft. Auf dem schmutzigen Boden waren Isomatten und Schlafsäcke ausgebreitet, die Fenster hatte man mit Decken verhängt. Die beiden Schreibtische waren übersät mit Müll, dazwischen lagen auseinandergeschraubte Elektrogeräte und Batterien. Neben amtlichen Bekanntmachungen hing auch eine bunte Kinderzeichnung am Schwarzen Brett. Sie zeigte einen Polizisten mit Pistole und einen unrasierten Verbrecher mit schwarzer Augenmaske und schwarz gestreiftem Pullover, der alles andere als glücklich aussah. »Für Daddy« stand in krakeliger Kinderschrift über einem flachen Haus, das wohl die Station darstellen sollte. Die Polizistin öffnete eine Schreibtischschublade und holte einen dicken Schlüsselbund hervor.
    »Nach hinten«, sagte sie nur.
    Der Gefangenentrakt bestand aus vier Zellen, jede etwa zwei mal zwei Meter groß und mit einer Doppelstockpritsche ausgestattet, auf denen jeweils eine stockfleckige Matratze und eine zusammengerollte Decke lagen. Durch die vergitterten Fenster fiel nur spärlich Tageslicht. Nirgendwo war eine Lampe an. Der Mann, der Hank die Pistole abgenommen hatte, hielt uns mit der Waffe in Schach, als die Polizistin eine der Zellen für uns aufschloss. Widerstandslos gingen Hank und ich hinein. Die Tür fiel mit einem Schlag ins Schloss. Erst jetzt schien sich die Frau zu entspannen.
    »Wie sind Sie hierhergekommen, M r Sykes?«
    »Sie haben doch unseren Wagen gesehen«, antwortete Hank seelenruhig.
    »He, das war keine Antwort auf die Frage!«, rief einer unserer Wärter dazwischen und hob drohend seine Waffe.
    Die Polizistin legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ist schon gut, Brett. Auf meinem Schreibtisch müsste noch eine Thermoskanne mit Kaffee stehen, kannst du die holen?«
    Brett zögerte.
    »Bitte. Und bring vier Tassen mit. Unsere Gäste wollen bestimmt auch was trinken.«
    Er nickte mürrisch, funkelte uns böse an, gehorchte aber. Die Polizistin holte tief Luft.
    »Vielleicht sollte ich mich erst mal vorstellen. Mein Name ist Samantha Packard, aber alle nennen mich Sam.«
    »Hallo, Sam«, sagte ich.
    Sam holte unsere gefälschten Ausweise aus ihrer Tasche, prüfte sie und steckte sie wieder zurück. »Noch einmal: Wie sind Sie hierhergekommen?«, fragte sie.
    »Wir haben die Straße bei Tahltan verlassen und den Erdrutsch umfahren«, sagte ich.
    »Mit ihrem Humvee?«, fragte Sam ungläubig.
    Ich nickte.
    Brett kam mit einem Tablett und vier Bechern zurück. »Milch und Zucker sind leider aus«, sagte er entschuldigend zu Sam.
    »Kein Problem.« Sie reichte jedem von uns einen Becher durch die Gitterstäbe.

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