Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Heart: Zweiter Band

Dark Heart: Zweiter Band

Titel: Dark Heart: Zweiter Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Knightley
Vom Netzwerk:
ihn ein und überflog die Liste der Bücher, die in erster Linie aus Kriminalromanen, Sachbüchern und wissenschaftlichen Abhandlungen aus den Bereichen Biologie, Medizin und Botanik bestand.
    Ich ging wieder zurück in die Bibliothek, wo sich ein zweiter Rechner befand, der jedoch ausgeschaltet war. Jack schaltete ihn ein, wurde aber noch beim Hochfahren dazu aufgefordert, ein Passwort einzugeben. So konnten wir also nicht herausfinden, ob es sich bei diesem Haus tatsächlich um das meines Vaters handelte.
    »Und jetzt?«, fragte Jack.
    »Wir warten«, sagte ich. »Die Tür war nur angelehnt. Wer immer hier lebt, er wird zurückkommen.«
    »Bist du dir da sicher? Niemand verlässt bei einem solchen Wetter freiwillig das Haus.«
    »Wir warten«, wiederholte ich. »Wir haben keine andere Alternative.«
    »Dann rufe ich in Aklavik an«, sagte Jack.
    Wir gingen wieder hinunter und suchten nach einem Telefon, fanden aber keins. »Das kann nicht sein«, sagte ich.
    »Doch«, sagte Jack und setzte sich an das Notebook, über dessen Bildschirm noch immer der Newsfeed lief. In einem USB-Port steckte ein Headset. »Hier scheint jemand ganz auf der Höhe der Zeit zu sein«, sagte er und setzte es sich auf. Dann minimalisierte er alle Fenster, bewegte den Mauszeiger auf das Skype-Icon und klickte zweimal.
    Jack stöhnte auf und lehnte sich im Stuhl zurück. »Schon wieder ein Passwort.«
    Ich sah hinaus aus dem Fenster und erstarrte. Bei unserem Schneemobil stand ein kleines Mädchen. Trotz der Eiseskälte trug es nur ein dünnes Kleid mit rosafarbenem Blumenmuste r – keine Jacke, keine Stiefel, keine Mütze.
    Jack trat zu mir. »Was ist?«, fragte er.
    Ich starrte angestrengt hinaus. Das Mädchen war fort. »Ich hab gedacht, ich hätte was gesehen.«
    »Wo?«
    »Vor dem Haus.«
    Jack runzelte die Stirn, öffnete die Tür, schaltete die Lampe über der Haustür an und ging dann durch den kniehohen Schnee zum Schneemobil.
    »Du hast dich nicht getäuscht!«, rief er herüber. »Jemand hat hier gestanden und uns beobachtet.« Er blickte auf. Und zuckte zusammen.
    Da war es wieder, wie durch einen Zauber materialisiert. Ich lief zu Jack hinüber und hoffte, dass die geheimnisvolle Fremde nicht sofort wieder verschwinden würde. Ihre Haut leuchtete bronzefarben, ihre Gesichtszüge waren asiatisch. Ein Duft nach Jasmin wehte zu uns herüber, als hätte sich der Frühling hier hoch in den eisigen Norden verirrt. In diesem Moment wusste ich, wer sie war.
    »Nachtrabe!«, wisperte ich.
    Das Mädchen wandte langsam den Kopf in meine Richtung. Erstaunen trat in seine Augen.
    »Wer bist du?«, fragte es mit der Stimme eines Kindes, aber dem Tonfall eines Erwachsenen.
    »Ich heiße Lydia Garner«, keuchte ich.
    »Diesen Namen kenne ich nicht.«
    »Aber vielleicht hast du schon einmal von Roseann Kinequon gehört!«, rief ich gegen den schneidenden Wind an.
    Vorsichtig kam Nachtrabe durch den Schnee, in den sie bis zu den Waden einsank, auf mich zu. Sie war barfuß. Ihr Sommerkleid flatterte dünn im eisigen Wind. Als sie direkt vor mir stand, blickte sie mir sehr lange und forschend in die Augen.
    Obwohl ich fror und der Schnee in mein Gesicht peitschte, setzte ich meine Kapuze ab und kniete mich zu ihr hinunter. »Roseann Kinequon ist meine Großmutter«, sagte ich und versuchte ihrem messerscharfen Blick standzuhalten. Sie streckte ihre kleine Hand aus und drehte vorsichtig mein Gesicht erst nach links, dann nach rechts, um es von allen Seiten betrachten zu können.
    »Wo ist James Milton?«, fragte Jack, der sich von seinem ersten Schreck erholt hatte.
    »Milton ist an einem Ort, an den ich ihm nicht folgen kann«, sagte Nachtrabe, ohne den Blick von mir abzuwenden. »Du bist seine Tochter, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete ich.
    »Wie lange weißt du es schon?«
    »Meine Mutter hat es mir erst vor wenigen Tagen gesagt. Er hat sie vor meiner Geburt verlassen.«
    Der Wind heulte und trieb uns nadelspitze Eiskristalle ins Gesicht. Nachtrabe strich das schwarze Haar aus ihrem Gesicht und lächelte.
    »Weiß er, dass es mich gibt?«, fragte ich.
    Nachtrabe schüttelte den Kopf. »Nein.« Die Antwort klang ehrlich. »Wenn du jemanden für dein Unglück verantwortlich machen willst, dann mich und nicht ihn. Dein Vater hat nur meinem Befehl gehorcht. Er hatte eine wichtige Mission zu erfüllen.«
    »Eine alte Frau, gefangen im Körper eines kleinen Kindes«, sagte Jack, der langsam zu verstehen schien. »Mächtig, aber einsam.«
    »Ja.

Weitere Kostenlose Bücher