Dark Inside (German Edition)
davonfuhr und schwarze Gummispuren auf der Straße zurückließ.
In den nächsten fünf Minuten rasten sie mit Höchstgeschwindigkeit über den Highway, doch es sah nicht so aus, als würden sie von den beiden Polizisten verfolgt werden. Schließlich bremste Evans den Wagen auf die zulässige Geschwindigkeit herunter.
Michael zog sein Mobiltelefon aus der Tasche, zögerte aber, als ihm bewusst wurde, dass er keine Ahnung hatte, wen er anrufen sollte. Wenn er 911 wählte, würde ihm dort jemand glauben? Er hatte das Ganze miterlebt, verstand aber immer noch nicht, was eigentlich passiert war. Trotzdem gab er die Nummer ein, erhielt aber nur ein Besetztzeichen. Er versuchte es noch ein zweites Mal, dann ein drittes Mal. Dieses Mal hörte er eine Aufnahme: Im Moment rufen zu viele Leute an, die Leitungen sind überlastet – bitte versuchen Sie es später noch einmal. Was zum Teufel war da los? Er hatte noch nie gehört, dass der Notruf besetzt war. Wen könnte er noch anrufen? Sein Vater war geschäftlich in Denver unterwegs, außerdem gab es eigentlich keinen Grund, ausgerechnet ihn anzurufen, bis auf die Tatsache, dass Michael panische Angst hatte. Schließlich wählte er die Nummer seines Vaters, doch der Anruf ging nicht durch. Er bekam nicht einmal eine Ansage, dass die Nummer nicht erreichbar war.
»Das Telefonnetz ist zusammengebrochen«, sagte er.
»Das Radio funktioniert auch nicht«, stellte Evans fest. »Ich bekomme keinen einzigen Sender. Es rauscht nicht einmal. Ganz komisch. Kann es an den Bäumen liegen?«
»Wir haben hier immer Empfang«, meinte Joe. »Nicht weit von hier steht ein Sendemast.«
»Dann liegt es an etwas anderem«, erwiderte Evans.
Sie fuhren weiter und eine Weile schwiegen alle. Joe lenkte sich damit ab, die Glassplitter auf dem Rücksitz zu sammeln und aus dem Fenster zu werfen. Schließlich hob er den Kopf und blickte verstört um sich: »Ich muss nach Hause«, stammelte er. »Mom bekommt einen Anfall, wenn sie herausfindet, dass ich den Pick-up zurückgelassen habe.«
»Wir fahren auf keinen Fall zurück, um ihn zu holen«, erwiderte Michael.
»Der Pick-up ist auch noch unser einziges Auto«, jammerte Joe. »Der Jeep ist gerade in der Werkstatt. Dad hat ihn heute Morgen hingebracht, mit den Bremsen stimmt was nicht. Ich sollte ihn heute Abend hinfahren, damit er ihn abholen kann.«
»Sie werden es schon verstehen.«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Dad war heute Morgen schon extrem schlecht gelaunt. Er hat sich ziemlich merkwürdig benommen.«
»Ich glaube, wir sollten uns erst mal Gedanken darüber machen, wie wir wieder heil nach Hause kommen.«
»Ich kann euch fahren«, sagte Evans. »Wo wohnt ihr?«
»Whitefish«, antwortete Michael.
»Ich weiß, wo das ist. Ich übernachte in dem Hotel dort.«
»Danke.«
Es dauerte nicht lange, bis sie wieder in der Stadt waren. Michael zeigte Evans den Weg, dann setzten sie Joe als Ersten zu Hause ab. Ohne ein Wort stieg er aus und ging die Treppe zur Veranda hoch. Er stand unter Schock. Michael konnte es ihm nicht verdenken, schließlich hatten sie gerade einen Mord und eine Hinrichtung miterlebt.
Als Evans in die Einfahrt vor Michaels Wohnung abbog, war alles ruhig. Was hatte er erwartet? Einen Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht? Würden Clive und Burke ihn suchen? Michael wollte nicht darüber nachdenken. Er glaubte nicht, dass sie wussten, wo er wohnte, aber das hatte nicht viel zu bedeuten. Schließlich waren sie Polizisten. Wenn sie wollten, würden sie ihn finden.
Evans musste seine Gedanken gelesen haben. »Falls die Polizisten nach dir suchen – ich übernachte im Super Eight. Zimmer 614. Komm vorbei, wenn du Hilfe brauchst.«
Michael nickte und stieg aus. Während er zusah, wie der Mann mit der Stirnglatze wegfuhr, ging seine Hand zu der Visitenkarte in seiner Gesäßtasche.
ARIES
Im Gegensatz zu ihr hatte der fremde Junge keine Skrupel, sich zwischen den Toten zu bewegen. Während er durch den Bus ging, blieb er alle paar Schritte stehen und drehte Leichen herum, damit er ihre Gesichter sehen konnte. Aries, die hinter ihm war, versuchte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Es gab nicht viele freie Stellen, auf die sie ihre Füße setzen konnte, und sie wollte nicht aus Versehen jemandem auf den Arm oder die Finger oder vielleicht sogar ins Gesicht treten. Der Gedanke daran, dass sie bei der geringsten falschen Bewegung auf dem Leichenberg landen würde, jagte ihr panische Angst ein. Daher hielt sie
Weitere Kostenlose Bücher