Dark Inside (German Edition)
Schule türmte sich ein düsterer Berg aus Asche und Rauch, der alles beherrschte. Als er einatmete, brannte die Luft in seiner Kehle. Ihm wurde schwindlig und er stolperte zweimal über den Bordstein, bis sich seine Lungen und sein Gehirn an den Sauerstoffmangel gewöhnt hatten.
Vor sich sah er das, was von seiner Highschool noch übrig war – ein brennendes Trümmerfeld. Niemand bemerkte ihn, als er über die Absperrgitter stieg, die die Schaulustigen zurückhalten sollten, und auf die Sporthalle zuging. Die Feuerwehrleute hatten alle Hände voll zu tun und die Polizisten versuchten, eine stetig wachsende Menschenmenge aus hysterischen Eltern und neugierigen Zuschauern unter Kontrolle zu halten. Krankenwagen und Rettungssanitäter waren vor Ort, doch es schien nicht viele Überlebende zu geben, die man in das überfüllte Krankenhaus hätte bringen können.
Chaos.
Es gab bereits eine kleine Gedenkstätte für die Opfer und Mason ging an brennenden Kerzen, Blumen und Bildern von verstorbenen Mitschülern und Freunden vorbei. Er sah, wie Toms Vater mit einem der anderen Väter redete, während seine Mutter hemmungslos schluchzte. Schnell ging er weiter, bevor ihn jemand bemerkte. Er wollte nicht erklären müssen, warum er noch am Leben war.
Die Sporthalle befand sich auf der Rückseite des Gebäudes. Mason ließ die Hektik und den Lärm hinter sich und ignorierte die Hitzewellen, die aus den Trümmern aufstiegen. Wonach suchte er eigentlich? Er wusste es nicht. Vielleicht hatte er ja insgeheim die Hoffnung, dass einige seiner Freunde dem Inferno wie durch ein Wunder entkommen waren. Aber erwartete er tatsächlich, dass er jetzt sehen würde, wie man sie unverletzt aus den Trümmern zog?
»Ich muss es mir ansehen«, sagte er laut.
Auf dem Parkplatz hinter der Schule war niemand zu sehen. Hunderte Autos, und irgendwo in dem Meer aus Metall und Beton auch sein eigenes. Wenn ihn jemand anhielt und fragte, würde er sagen, dass er seinen Wagen holen wolle. Mason zog vorsorglich seine Autoschlüssel aus der Tasche und behielt sie in der Hand, während er so nah wie möglich an die Schule heranging und nach einem Lebenszeichen suchte.
Er konnte kein Blut auf den Gehsteigen sehen. Keine Leichenberge, die darauf warteten, weggebracht zu werden. Keine halb verbrannten Bücher oder persönlichen Gegenstände, die während der Explosion durch die Luft geschleudert worden waren. Was hatte er eigentlich erwartet?
Nichts deutete darauf hin, dass unter den Trümmern Hunderte von Leichen warteten. Es gab keinen Beweis dafür, dass aus seiner Schule eine Gruft geworden war.
Er sah sich in der Nähe des Eingangs um, weil er dachte, es gäbe vielleicht eine Möglichkeit, in die Sporthalle zu kommen und sich umzusehen. Doch die gesamte hintere Wand war eingestürzt und die einzige Möglichkeit, hineinzukommen, waren ein paar Spalten, durch die höchstens ein kleines Tier kriechen konnte. Hitze schlug ihm ins Gesicht und nach kurzer Zeit war sein Nacken feucht vor Schweiß. Mason ließ sich auf die Knie fallen und stocherte in den Überresten der Sporthalle herum, weil er hoffte, etwas zu finden, das vielleicht einem seiner Freunde gehört hatte. Schließlich fand er ein Federmäppchen, hellblau mit rosa Blümchen, das ihm irgendwie bekannt vorkam. In dem Mäppchen waren ein paar Stifte, ein Radiergummi und ein zusammengefaltetes Stück Papier. Mason öffnete es:
»Wir treffen uns um fünf Uhr im Einkaufszentrum.«
Ja, klar.
Um fünf Uhr würde sich niemand mehr treffen.
Er hielt den Zettel in der Hand und las ihn noch ein paarmal durch. Ich muss unter Schock stehen , dachte er. Ich spüre gar nichts mehr. Wahrscheinlich meint man das damit, wenn man sagt, dass man innerlich taub wird. Alle sind tot und ich empfinde nichts. Mom stirbt und ich habe nichts Besseres zu tun, als zu meiner Schule zu fahren und ein Federmäppchen aufzuheben? Was zum Teufel ist mit mir los? Es ist so, als hätte es die anderen nie gegeben.
Und da war es wieder, das Gefühl, im Traum eines anderen festzustecken.
»Hey, du da.« Eine Stimme riss ihn aus seiner Starre. Mit schnellen Schritten kam ein Feuerwehrmann auf ihn zu. »Das hier ist Sperrgebiet. Verschwinde, aber dalli!«
Mason drehte sich um und rannte in Richtung Parkplatz. Sein Auto stand an der Stelle, an der er es am Morgen geparkt hatte, direkt neben dem blauen Pick-up mit dem kaputten Fenster. Es war noch kein ganzer Tag vergangen, doch ihm kam es vor, als wären es Wochen. Am
Weitere Kostenlose Bücher