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Dark Inside (German Edition)

Dark Inside (German Edition)

Titel: Dark Inside (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeyn Roberts
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einen klaren Kopf behalten, wenn sie uns in ihrem Zorn auslöschen.
    Sie flanieren am Fluss entlang mit ihrer schicken Kleidung und ihren Diamantringen. Sie schlurfen durch die Straßen mit ihren Einkaufswagen und wild zusammengewürfelten Schuhen. Sie sind mitten unter uns und deshalb sind sie auch so schwer zu finden. Es kann ein Familienangehöriger sein, ein Liebhaber, ein Kind. So überleben sie, während wir aussterben. Sie sind viel schlauer als wir.
    Und sie sind schon sehr lange hier.
    Wie Tiere, die ein Erdbeben spüren, haben sie es kommen sehen. Sie konnten den Horror auf ihren Lippen spüren. Und die Angst hat einen Funken in ihnen entzündet. Chaos. Perfekte, liebenswerte, mit Zuckerguss überzogene Anarchie, die sich so leicht schlucken lässt. Zeit, auszubrechen – vorwärtszupreschen. Das Massaker zu arrangieren. Die Boten auszusenden. Sie konnten es in aller Ruhe vorbereiten. Sie riefen alle zusammen und organisierten den Angriff. Sie mussten gar nicht lange bitten.
    Der Plan war perfekt. Sie sind die Waffen, vor denen uns unsere Regierungen immer gewarnt haben. Sie sind die Ungeheuer, die unter unserem Bett lauern und unsere Ängste schüren. Sie lauern in dunklen Gassen und hell erleuchteten Wohnzimmern. Sie sitzen uns im Restaurant gegenüber und drängeln sich beim Einsteigen in den Bus an uns vorbei.
    Sie sind die dunklen Gedanken in uns, die wir nicht hören wollen. Wir haben sie ignoriert, aber sie sind einfach nicht weggegangen. Sie wurden stärker. Lauter. Und dann fingen sie an, einen Sinn zu ergeben.
    Ich kann sie in mir spüren. Die Stimmen züngeln mir Geheimnisse ins Ohr, die meine Wirbelsäule hinunterkriechen. Tausend zuckende Insekten kauen auf meiner Magenschleimhaut herum. Mäuse krabbeln in meinem Gedärm. Kakerlaken knabbern an den Adern in meinen Augen. Die Stimmen in meinem Kopf schreien, doch es ist nie mehr als ein Flüstern. Ich kann nicht atmen. Ich kann nicht denken.
    Ich werde bei lebendigem Leib gefressen.
    Ich freue mich auf den Tod. Im Vergleich zu dem hier wird er friedlich sein.

MASON
    Irgendwann nach zwei Uhr morgens tat Masons Mutter ihren letzten Atemzug. Niemand bemerkte es, niemand kam. Vermutlich hätten sie sowieso nicht gewusst, was sie tun sollten; das Leichenschauhaus war bereits zum Bersten gefüllt. Er hatte seit über sechs Stunden keinen Arzt gesehen. Nicht einmal einen Pfleger. Im Krankenhaus herrschte Chaos.
    Mason hielt ihre Hand, als sie ging. Er hatte die ganze Nacht an ihrem Bett gesessen und nichts tun können, außer dem Auf und Ab ihres Brustkorbs zuzusehen, dem Maschinen beim Atmen halfen.
    In den letzten vierundzwanzig Stunden waren Tausende von Menschen gestorben. Vielleicht waren es auch noch mehr – Mason hatte gehört, wie die Krankenschwestern sich im Korridor über das Erdbeben unterhalten hatten. Aber er kannte niemanden an der Westküste. Außerdem hatte er den Kopf voll mit wichtigeren Dingen. Vom Tod fremder Menschen zu erfahren, erfüllte ihn nicht mit großer Trauer.
    Doch der Tod seiner Mutter riss ihm den Boden unter den Füßen weg.
    Am frühen Abend hatte er den Fernseher eingeschaltet, weil er wissen wollte, was los war. Die Medien berichteten, dass hundertdreiundzwanzig Schulen in die Luft gesprengt worden waren. Von »Terrorismus«, »Massenselbstmord« und »organisiertem Verbrechen« war die Rede, doch bis jetzt deutete nichts darauf hin, dass die Überfälle untereinander zusammenhingen.
    Und dann waren da noch die Erdbeben, sechs an der Zahl, weltweit. Jedes hatte eine Stärke von mindestens 9,5 auf der Richterskala. Die Westküste war völlig zerstört. Die Erdbeben hatten Tsunamis ausgelöst. Hawaii war angeblich fast vollständig im Meer versunken und in Asien hatte es Millionen Tote gegeben.
    Die Fernsehsender zeigten kein normales Programm mehr. Unzählige Kanäle rund um die Welt sendeten nur noch Nachrichten.
    Mason, der die erkaltende Hand seiner Mutter umklammert hielt, war das alles egal.
    Seine Freunde waren tot. Nur eine Handvoll hatte es lebend aus der Schule geschafft. Seine Lehrer waren tot, sogar Mr Yan mit seinem zerbeulten Honda Civic.
    Etwas Unfassbares geschah, doch Mason war wie erstarrt und unfähig, sich Sorgen darüber zu machen.
    Am Nachmittag hatte ihn das Taxi vor dem Seven-Eleven abgesetzt und er war zur Schule hinübergegangen. Die Situation war surreal und er fragte sich, ob er nicht irgendwie im Traum eines anderen gelandet war. Dichte dunkle Wolken hingen am Himmel. Über seiner

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