Dark Inside (German Edition)
sah zu, wie Billy die Schränke durchsuchte. Eines der anderen Gruppenmitglieder riss die Tür des Edelstahlkühlschranks auf und der Geruch nach saurer Milch und verschimmeltem Gemüse stieg in die Luft. Michael hielt sich die Nase zu. Der Gestank genügte, um das Knurren in seinem Magen abzustellen.
Evans führte die Mutter, die immer noch ihren Sohn an sich drückte, zu dem Tisch auf der anderen Seite der Küche. Michael ging zum Kühlschrank, unterdrückte den Würgereiz und durchsuchte die Fächer, bis er eine kleine Dose Fruchtcocktail fand. Er holte einen Löffel aus einer Schublade und brachte alles der Mutter.
»Hier«, sagte er, während er den Deckel der Dose aufriss und Zuckersirup über seine Finger lief. »Probier mal, ob er das isst.«
»Danke«, flüsterte sie.
»Volltreffer!«, brüllte Billy von der anderen Seite des Raums. Er war viel zu laut. Was dachte er sich nur dabei? So dumm konnte er doch nicht sein.
Doch Billy hatte die Speisekammer gefunden. Er konnte an nichts anderes mehr denken als an die Lebensmittelvorräte, die er vor sich auf den Regalen sah. Es war eine Goldgrube. Dutzende Konservendosen: Suppen, Mais, Erbsen, Peperoni, Thunfisch, Lachs, Birnen und anderes Obst. Es gab sogar ein paar kleine Dosen mit Schinken, genau das, wovon Billy geträumt hatte. Tüten mit Kartoffelchips und Salzstangen, Kartons mit Cornflakes, Müsliriegeln und allem Möglichen, das nicht verderben konnte – sie hatten so viele Lebensmittel gefunden, dass sie einige Wochen damit auskommen würden.
Billy riss eine Packung Müsliriegel auf und warf Michael einen davon zu. Michael reagierte zu langsam, ließ den Riegel fallen und musste ihn unter einem Stuhl hervorholen.
»Ich werde mich ein wenig umsehen«, sagte er zu niemand Bestimmtem. »Macht es euch nicht zu gemütlich. Wir wissen immer noch nicht, ob wir allein sind.«
Die Mutter sah etwas beunruhigt aus, als er das sagte. Sie zuckte zusammen und einige der Obststückchen landeten auf dem Hemd ihres Kindes.
»Ich komme mit«, sagte Evans. Wenigstens zwei von ihnen wussten, worauf es hier ankam. Michael hatte Verständnis dafür, dass die anderen Hunger hatten und das viele Essen ihr Urteilsvermögen beeinträchtigte, doch mit genau so etwas rechneten die Hetzer. Die Mitglieder der Gruppe hatten sich in der Küche verteilt und viele saßen auf dem Boden und stopften alles in sich hinein, was sie in die Finger bekamen. Wenn Michael jetzt anfing, über Sicherheit zu reden, würde er wie ein weinerliches Kind wirken. Das war einer der Nachteile, wenn man jung war.
Michael und Evans gingen ins Wohnzimmer. Eine Ledercouch, die von einer dünnen Staubschicht überzogen war, dominierte den Raum. An der Wand hing ein 50-Zoll-Flachbildschirm, daneben stand ein Bücherregal mit Hunderten von Filmen, von denen die meisten Disney-Animationen waren. Auf dem Boden vor dem Fernseher lag eine halb ausgezogene Puppe.
Neben der Haustür standen mehrere Koffer. Michael hob einen davon hoch. Er war schwer. »Sieht ganz so aus, als wäre hier jemand ganz schnell abgehauen«, sagte er.
»Hoffentlich«, erwiderte Evans. Sie waren immer noch nicht im Obergeschoss gewesen.
In der Küche stieß Billy plötzlich lautes Freudengeheul aus.
»Der Idiot wird uns noch alle umbringen«, murmelte Evans.
Sie gingen die Treppe hinauf nach oben und durchsuchten alle Räume. Es gab fünf Schlafzimmer und zwei Bäder, die zu Michaels Erleichterung alle leer waren.
»Das Wasser läuft noch«, stellte Evans fest, als er aus einem der Bäder kam. »Draußen steht ein Grill mit einer Propangasflasche. Mit dem Gas kann ich das Wasser heiß machen. Solange wir uns ruhig verhalten, können wir heute Abend duschen.«
»Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie es sich anfühlt, wenn man sauber ist«, sagte Michael. Wann hatte er zum letzten Mal geduscht? Er hob die Hand und kratzte sich am Kopf. Seine langen Haare waren fettig und die Enden verfilzten langsam.
»Ich freue mich darauf. Nachdem ich jetzt drei Wochen mit dir zusammen bin, kann ich dir ganz ehrlich sagen: Du hast eine Dusche dringend nötig.«
»Und das von einem Typ, der furzt und schnarcht.«
»Du solltest auf dieses Haargel verzichten. Es fängt an, dir das Hirn kaputt zu machen.«
Sie grinsten sich an.
Als sie wieder in der Küche waren, sahen die anderen leicht aufgedunsen aus, weil sie so viel gegessen hatten. Nur die Mutter schien keinen Bissen zu sich genommen zu haben, was wohl daran lag, dass ihr Sohn
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