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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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sein?«
    Sie griff nach dem Band, das ihren Hut hielt. »Ich habe Angst, dass sie meinen Vater gefunden haben und dass er tot ist. Oder vielleicht wollen sie auch die Suche nach ihm aufgeben.«
    Sie lag völlig falsch und ich war erleichtert darüber. Gleichzeitig nagten Schuldgefühle an einem tiefer gelegenen Teil meines Verstandes. Und ebendiese Schuldgefühle – ich schwöre, es lag nur an ihnen – brachten mich dazu, ihre Hand zu nehmen, als sie den Arm wieder sinken ließ.
    Zuerst versteifte sie sich und ihre braunen Augen fixierten mich scharf. Doch dann entspannte sie sich wieder und ließ ihre Hand in der meinen. Sie war so warm . Ich konnte nicht fassen, wie warm sie war. Es kam mir unglaublich vor, dass auch ich einmal so gewesen war.
    »Nora, wenn sie wirklich aufhören zu suchen, dann fange ich damit an.«
    Sie dankte mir mit einem Lächeln.
    »Seid ihr mit dem Knutschen fertig?«, rief Coalhouse. Nora drückte meine Finger reflexartig etwas fester und ihr Lächeln verschwand. Dann ließ sie meine Hand los und kämpfte sich weiter vorwärts, indem sie energisch das Gras zur Seite fegte. »Kann ich mir deine Machete leihen, Bram?«, fragte sie mich so nonchalant, als würde sie um die Butter bitten.
    Tatsächlich hätte ich mich ihrer Forderung aber wohl nur verweigern können, indem ich mir selbst eine Kugel verpasste.
    Ich folgte ihr dichtauf und klopfte mir mit dem Griff der Machete auf die Handfläche. »Und erinnern Sie sich denn auch noch daran, was ich Ihnen während unseres Unterrichts gestern erklärt habe, Miss Dearly?«, fragte ich und imitierte dabei Doc Sams sachkundigen Tonfall.
    »Ja, Professor«, flötete sie und schaffte es, ihre Mädchenstimme noch mädchenhafter klingen zu lassen. »Immer auf das Schädeldach zielen, das Hirn freilegen und schließlich zerstören, denn einfach nur den Kopf abzutrennen wird nicht reichen.«
    »Ausgezeichnet, junge Dame. Dafür gibt’s ein Plus im Klassenbuch.«
    »Oh, ein Plus. Was bin ich doch für ein Glückspilz!«
    »Ach, haltet doch die Klappe«, brüllte Coalhouse zurück.
    »Dann bekommt man in Punkschulen also auch Plus- und Minuspunkte?«, fragte sie kichernd. Sie trat aus dem hohen Gras auf eine gemähte Fläche und drehte sich um.
    »Nein. Genau genommen bin ich nie zur Schule gegangen. Meine Mutter hat mich zu Hause unterrichtet. Aber ich lese viel.«
    »Ich hab’s gesehen. Was hat es mit all diesen Abenteuerromanen auf sich?«
    Ich lachte. »Ich will irgendwann einmal die Gletscher sehen. Weißt du, dass es immer noch Menschen gibt, die da draußen leben? Überlebenskünstler. Ich glaube, der Versuch dürfte interessant werden.« Ich hielt ihr meine Hand entgegen, doch sie nahm sie nicht wieder. »Außerdem, wenn du mich bereits jetzt für kalt hältst, was glaubst du, wird erst passieren, wenn ich lebe wie Nanuk, der Eskimo?«
    »Im Ernst, ich kotze gleich. Und ich glaube nicht mal, dass ich das noch kann.« Coalhouse hatte die Arme verschränkt und trommelte mit den Fingern darauf herum. »Ich werde gegen alle geltenden Regeln der Biologie und der Physik verstoßen und euch vor die Füße reihern, wenn ihr nicht endlich damit aufhört.«
    Nora verdrehte die Augen so energisch, dass es wehtun musste, und wandte sich zu ihm um. » Womit aufhören? Wir unterhalten uns. Wie ganz normale, gesittete Menschen. Solltest du auch mal ausprobieren.«
    »Er ist doch nur neidisch«, warf Chas mit einem hinterhältigen kleinen Lächeln ein.
    Coalhouse ließ die Sache fallen, aber an dem Blick, den er mir zuwarf, erkannte ich, dass Chas recht hatte.
    Auch wenn es da wirklich nichts gibt, worauf er neidisch sein müsste, ganz bestimmt nicht.
    »Wenn ihr mich entschuldigen würdet«, sagte Renfield und machte sich wieder auf den Weg in Richtung Tank. »Da sich hier sonst niemand mehr für unsere Aufgabe zu interessieren scheint, muss ich das wohl übernehmen.«
    »Aber überanstreng dich nur nicht«, rief Tom ihm nach.
    Ohne sich umzudrehen, machte Renfield eine ärgerliche Geste Richtung Himmel und betrat das Gebäude durch eine Seitentür.
    Nora stieß hörbar den Atem aus, was wohl so etwas wie »Gut!« bedeuten sollte. Sie setzte sich hin, zog die Knie an und legte die Arme darum, ihre übliche Position. Chas ließ sich auf den Rücken plumpsen, als wollte sie einen Grasengel machen. Noras Blick war nachdrücklich auf Coalhouse gerichtet. »Und wie lautet deine Geschichte?«
    Auch Coalhouse setzte sich und befingerte sein nutzloses Auge, um

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