Dark Love
jetzt gehst.« Die Stimme klang jetzt sehr nahe.
Mr. Ayles schluckte. »Ich … ich werde mich in Kürze wieder an die Menschen von New London wenden, doch … jetzt möchte mein Vater zu Ihnen sprechen.«
»Gut so. Und jetzt steh auf.«
»Vater?« Sogar jetzt konnte Dad es nicht lassen, politische Sendungen zu analysieren. »Lord Ayles? Er hat sich doch seit Jahren nicht mehr öffentlich geäußert.«
Der Premierminister erhob sich unsicher von seinem Stuhl und trat zur Seite. Lord Ayles nahm seinen Platz nicht sofort ein, sondern begann erst zu sprechen. »Ladys und Gentlemen, mein Sohn hat eine Vorliebe für große, hochtrabende Reden, aber jetzt ist nicht der richtige Moment dafür. Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich mich persönlich an Sie gewandt habe, und die Gründe dafür dürften offensichtlich werden, sobald ich meinen Platz vor der Kamera einnehme. Geraten Sie nicht in Panik, dazu besteht kein Grund, auch wenn ich zugegebenermaßen verdammt hässlich bin. Hören Sie sich an, was ich Ihnen zu sagen habe, denn die Zeit ist knapp.«
»Was passiert da?«, fragte Issy. Ich hatte keine Ahnung.
Eine weitere endlose Sekunde verstrich, dann trat Lord Ayles ins Bild und setzte sich. Ich kippte beinahe nach hinten um. Mum schrie auf.
Er war krank.
Wirklich sehr krank.
Der Mann vor der Kamera hatte weder eine Nase noch Lippen oder Haare. Sein ganzer Kopf war entsetzlich konturlos. Ledrigbraune Haut spannte sich straff über seinem Schädel und die eingesunkenen Augen waren nur noch zwei glitzernde Punkte tief in ihren Höhlen. Der gesamte Brustkorb war ausgehöhlt und irgendeine Maschine war hineinmontiert und am Rückgrat befestigt worden. Man konnte durch ihn hindurch den Rückenteil seiner Kleidung sehen. Er trug nur eine Hose und ein offenes Seidenhemd mit weiten Ärmeln und ich konnte jede seiner Rippen und sämtliche Knochen zählen, die sich nur noch unter einer moosigen, dünnen und geschwärzten Hautschicht verbargen.
Er sah aus wie ein Monster aus einem Märchen.
»Hübsch, nicht?«, sagte er und deutete mit einer Handbewegung an sich herab. »Etwa zehn Jahre lang bin ich jetzt schon so. Seit Dr. Victor Dearly mir das Leben gerettet und mich dabei leider mit seinem Blut infiziert hat. Die Seuche, mit der wir es gerade zu tun haben, beschäftigt uns schon seit einer ganzen Weile, liebe Mitbürger. Sie ist keine Kriegswaffe. Und es war falsch von uns, sie vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Aber wir haben aufrichtig daran geglaubt, dass wir sie bekämpfen und in den Griff kriegen könnten, ohne Sie mit dem Wissen zu belasten, dass die Toten wieder zum Leben erwachen. Ja, ich bin tot. Ich habe keinen Herzschlag, ich verwese. Tot, tot, tot. Jeder der Infizierten, den Sie zu Gesicht bekommen, ist vermutlich entweder tot oder wird es sehr bald sein.«
Ein trockenes Schluchzen krampfte meine Brust zusammen. Die Delgados – die kleine Jenny Delgado – sie waren tot ?
»Es bleibt jetzt nicht genügend Zeit, um alles zu erklären, daher werde ich Sie lediglich mit ein paar Fakten ausrüsten. Die auferstandenen Toten werden Zombies genannt. Nicht alle Zombies, mit denen Sie es zu tun bekommen, sind böse oder verrückt, wie Sie an dem Paradebeispiel, das ich hier abgebe, sehen können. Aber auch für diese Unterscheidung fehlt uns momentan die Zeit. Wenn Sie infizierte Angehörige bei sich haben, die sich den Umständen entsprechend normal benehmen, dann sorgen Sie dafür, dass sie das Haus nicht verlassen. Sollten Ihre Angehörigen Sie aber angreifen, dann töten Sie sie. Töten Sie jeden Zombie, den Sie auf den Straßen sehen. Zielen Sie auf den Kopf. Die einzige Möglichkeit, sie zu Fall zu bringen, ist die, das Gehirn zu zerstören. Wenn Sie nicht fähig sind zu kämpfen, dann verstecken Sie sich. Wir rufen weitere Truppen zurück, um die Toten zu bekämpfen, aber es wird noch eine Weile dauern.
Und sollten Sie bewaffnete Zombies mit roten Signallichtern in den Straßen sehen, dann greifen Sie nicht an. Die sind unsere Jungs und Mädchen. Sie sind … aber das werde ich Ihnen ein anderes Mal erklären.« Er nickte in die Kamera. »Viel Glück.«
Wieder erschien für einen Moment das Siegel der Territorien, bevor die Nachrichtenübertragung weiterging. Meine Familie und ich standen nur da, während die Lichtreflexe des Fernsehers über unsere Gesichter flackerten.
»Unser früherer Premierminister ist also ein … Zombie«, sagte ich.
»Sieht so aus«, antwortete mein
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