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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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springen. Versuch einfach, dich abzurollen, wenn es ein tiefer Sprung ist.« Glücklicherweise war das Gebäude neben uns nur wenig niedriger als die Kirche, ein leichter Anfang. Der tiefste Fall würde der letzte werden, mit dem wir auf dem Mink Emporium landen würden. »Genau wie in diesen alten Holospielen, stimmt’s? Die mit diesem Männchen, das immer von einer Plattform zur nächsten springen muss.«
    »Vermutlich«, sagte er mit etwas zittriger Stimme.
    »Einverstanden?«, fragte ich Michael.
    Er zurrte die Tasche auf seinem Rücken fester und nickte.
    Ich drehte Isambard zu mir herum und zwang ihn, mich anzusehen. »Ich habe auch Angst, okay? Aber wir müssen es tun. Wir würden auch wollen, dass jemand es für uns tut.«
    Er brauchte einen Moment, aber dann nickte mein Bruder. Einmal.
    »Okay. Los geht’s.« Und mit diesen Worten sprang ich. Ich landete auf dem nächsten Gebäude und fiel auf die Seite, aber es war nicht weiter tragisch. Eine Sekunde später landete Michael katzengleich neben mir auf den Füßen. Er half mir, Isambard aufzufangen, der sprang, als wäre der Abgrund zwischen den Häusern mindestens fünf Meter breit.
    Das erste hatten wir, zehn blieben noch.
    Als wir endlich auf dem Haus neben dem Emporium landeten, fühlte ich mich wie ein einziger adrenalingefüllter Bluterguss, aber wir hatten es geschafft. Der nächste Sprung war der schwerste, die Höhe entsprach etwa dem Sprung von einem Schuppendach. Ich landete genau auf dem Hintern und wusste sofort, dass das Sitzen in den nächsten Wochen kein Vergnügen werden würde. Aber wenigstens war ich nicht mit dem Rücken aufgeschlagen.
    Es waren keine Zombies auf dem Dach, noch nicht. Michael und Issy halfen mir hoch und wir rannten zur Dachluke hinüber. Sie führte in eine Zwischendecke, mit einer aufgewickelten Strickleiter, die wir vor uns herschoben, bis sie endlich über eine Kante glitt und klackernd in das Zimmer darunter fiel.
    Ich hörte einen Schrei von unten und wusste, dass wir Vespertine erschreckt haben mussten. »Wir sind es!«, rief ich.
    »Oh, Gott sei Dank«, erwiderte sie und erschien am Fuß der Strickleiter, als wir hinabkletterten.
    Das oberste Stockwerk des Emporiums bestand aus einer Werkstatt mit mehreren langen Tischen, auf denen halbfertige Holzformen standen, die eines Tages zu Instrumenten werden sollten. Werkzeug war an den Wänden aufgereiht und eine dünne Schicht Sägemehl bedeckte den Boden. »Wie zum Teufel sind Sie hierhergekommen?«, fragte ich Vespertine, während Michael die Strickleiter wieder aufrollte. »Wo ist Ihre Familie geblieben?«
    Ihr Blick heftete sich auf meine untere Körperhälfte. »Ich habe keine Ahnung. Aber genauso gut könnte ich Sie fragen, wo Ihr Verstand geblieben ist. Ich habe jetzt offiziell mehr von Ihnen gesehen, als ich jemals zu sehen gewünscht habe, Miss Roe.«
    Wieder stieg mir die Schamesröte in die Wangen. »Sie weichen meiner Frage aus, Miss Mink.«
    Vespertine trat einen Schritt zurück und strich ihr Kleid glatt. Es war fein gearbeitet. Alles an ihr war fein gearbeitet. Ihr Kleid war aus dicker, kobaltblauer Seide, mit dezenten Goldbändern abgesetzt, und um ihre Kehle lag ein Halsreif mit einer enormen Perle, die wie eine Pfauenfeder schillerte. Weiße Perlenhaarkämme hielten ihr blondes Haar zurück und sie trug mehrere goldene Ringe. Außerdem hatte sie sich den Pony nachschneiden lassen, seit ich sie bei der Rede des Premierministers das letzte Mal gesehen hatte. »Meine Mutter und Miss Perez sind vor ein paar Tagen aufs Land geflohen«, erklärte sie schlicht. »Ich habe beschlossen zu bleiben.«
    Ich starrte sie an. Das, was sie da trug, kostete mindestens dreimal so viel, wie mein Vater in einem ganzen Jahr verdiente, doch ihr Kopf war leider völlig leer. »Warum?«
    Sie zog die Brauen über ihren grauen Augen zusammen. »Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht.«
    »Oh, das glaube ich schon«, entgegnete ich und hörte die Überheblichkeit in meiner Stimme. »Wenn man bedenkt, dass wir gerade versuchen, Ihnen das Leben zu retten, wo wir doch sicher und bequem auf dem Kathedralendach sitzen könnten. Nora kommt und holt uns hier raus.«
    Das traf sie unvorbereitet. »Miss Dearly lebt? Haben Sie mit ihr gesprochen?«
    »Ja, sie lebt.«
    Vespertine sah erst Michael, dann Isambard an und presste die Lippen aufeinander. »In Ordnung, ich kaufe Ihnen die Geschichte ab. Und jetzt erklären Sie mir, was hier los ist. Weil dieses Ding da draußen, das an

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